Homefront: The Revolution – Ein armes Far Cry

Seit einiger Zeit sammeln sich wahre Perlen an nicht angefangenen Spielen wie Prey, Dishonored 2 oder Deus Ex: Mankind Divided in meiner Steam Bibliothek....

von *Headhunter* am: 14.02.2018

Seit einiger Zeit sammeln sich wahre Perlen an nicht angefangenen Spielen wie Prey, Dishonored 2 oder Deus Ex: Mankind Divided in meiner Steam Bibliothek. Trotzdem war in den letzten drei Wochen der eher mittelmäßige Ego-Shooter Homefront: The Revolution das Spiel meiner Wahl. Im Angebot bei Humble Bundle für sieben Dollar sind nach 20 Stunden Spielzeit die ganze Open World leergeräumt und die Story durchgespielt. Und der Spielspaß? Der war da, dank einem Metascore von 54 Prozent.

 

Ein armes Far Cry, für Menschen mit wenig Zeit

Doch von vorne. Homefront 2 ist sprichwörtlich eine kleinere Kopie von Far Cry. Es gibt eine Open World, Philadelphia, aufgeteilt in mehreren Gebieten; Funktürme (hier Sender) zu besuchen um Gegenstände auf der Karte aufzudecken; viele mehr oder weniger befestigte Gegnerstellungen hinter deren Befreiung die nächsten Missionen liegen; Patrouillen; eine freie Wahl bei der Vorgehensweise; aufrüstbare Waffen; Gadgets; Loot; und natürlich Sammelobjekte. Geld wird gefunden und verdient, um Ausrüstung und Waffen zu verbessern. Alles soweit bekannt aus Far Cry, allerdings vermag Homfront: The Revolution nie dessen Produktionsqualität zu erreichen. Es hat eine turbulente Entwicklungsgeschichte mit mehreren Studiowechseln hinter sich, viele Grafikfehler, eine schwache KI und generell den Anstrich eines unfertigen Produktes. Die potente CryEngine lässt manchmal ihre Muskeln spielen, viel zu oft offenbart das Spiel aber die fehlende Erfahrung der Grafiker mit der Engine (was auch den wechselnden Studios geschuldet sein mag).

EIn positives Beispiel für die Grafik(Eines der Highlights der Grafikengine - Grundsätzlich gilt: Dunkelheit und Nässe verschönern eine Szene, Tageslicht und offene Szenarien wirken dagegen platt)

 

Homefront und Bruce Willis

Ein gefundenes Fressen für Gamer, welche Bugs und Glitches geradezu herauspicken wollen (Hallo AltF4Games). Dementsprechend war auch die Resonanz im Internet, und meine Erwartung mäßig als ich es startete. Und dann musste ich mich mehrere Male an einen Kinobesuch vor mehreren Jahren zurückerinnern. Surrogates – Mein Zweites Ich. Der Streifen mit Bruce Willis wurde von den Kritikern zerrissen, und trotzdem oder gerade deswegen hat er damals meine Erwartungen übertroffen und ich hatte Spaß. Dasselbe Phänomen machte sich ziemlich früh bei Homefront 2 breit. Man muss nur über einiges Hinwegsehen können, und mit ein wenig Eigeninitiative kann dank dem Setting eine wunderbare Atmosphäre im Kopf entstehen. Doch um was geht es überhaupt?

Eine der Grafik-Glitches(Eine der vielen Grafikglitches und Bugs - aber keine "Gamebreaker")

 

Amis gegen Norks

Die Geschichte mag den meisten bekannt sein, hat sie schließlich mit dem Kinofilm „Red Dawn“ auch ihren Weg auf die große Leinwand gefunden. Nordkorea schafft es, die USA wirtschaftlich zu lähmen, und besetzt daraufhin das Land militärisch. Der Spieler wehrt sich als Teil einer Untergrundbewegung gegen die erbarmungslosen Unterdrücker, den „Norks“. So Klischeebespickt die Geschichte ist, so erwartbar spielt sie diese auch aus und so unwichtig ist sie letztendlich für den Spielspaß. Das sollte keine Entschuldigung für schlechtes Schreiben sein, jedoch sollte man mit den richtigen Erwartungen an Homefront: The Revolution herantreten. Hinzu kommen die üblichen Videospielsonderheiten: ein schweigsamer Held, Animationen, welche ihren Zweck erfüllen, mehr aber auch nicht, Zwischensequenzen aus der Ego-Perspektive, und ludisch-narrative Dissonanzen, wohin das Auge reicht (man muss Waffen von den eigenen Kameraden kaufen, indem man ihnen wiederrum Wertgegenstände verkauft, die man einen Meter entfernt in der Basis eingesammelt hat). Und da wären wir beim Gameplay, welches in Kombination mit einem stimmungsvollen Setting das Spiel zu retten vermag.

Konvoys zerstören - eine der zufälligen Nebenaufgaben(Einen bewaffneten Konvoy überfallen - eine der vielen, zufälligen Nebenaufgaben)

 

Ein funktionierendes Kerngameplay

Insgesamt darf man drei Waffengattungen tragen, diese sind jedoch modular und ein Wechseln innerhalb der Waffentypen jederzeit möglich. Eine nette Idee dem Spieler zu ermöglichen, mehrere Waffen zu tragen, ohne dass die Logik darunter leidet.

Vertikalität und die Armbrust - Zwei vorzeigbare Elemente von Homefront 2(Mit der Armbrust auf den Dächern über den ahnungslosen Gegner - Vertikalität und ein befriedigendes Waffenhandling, zwei der Stärken von Homefront 2)

Diese fühlen sich wuchtig an (die Armbrust sei hier zu empfehlen), das Trefferfeedback geht in Ordnung, ein überraschender Fokus auf Vertikalität wirkt erfrischend, und die Gadgets (auch wenn überflüssig auf Normal) machen Lust auf Experimente.So stechen hierbei vor allem Hackgranaten heraus, mit denen sich gegnerische Drohnen temporär auf die eigene Seite überreden lassen. Hinzu kommen befriedigende, weil brutale Takedowns.

Takedowns - Brutal und vielseitig(Eine von zahlreichen Variationen des Takedowns - je nach Position von Gegner und dem Spieler)

 

Zwei-Zonen-Gameplay

Die generelle Vorgehensweise ist das Schleichen, hier ist aber eine Besonderheit zu beachten, welche die auftretende Redundanz erfolgreich hinauszögert. So teilt Homefront. The Revolution die Gebiete in zwei verschiedenen Varianten auf. Die erste stellt dabei eine umkämpfte Kriegszone dar, bei Feindkontakt wird geschossen. Wesentlich interessanter ist die zweite Variante, eine Besatzungszone.

Die Kriegszone - hier ist alles bereits zerstört (es gibt keine dynamische Zertörung wie in Battlefield)(Das Kriegsgebiet in Homefront: The Revolution - Hier wird bei Sichtkontakt geschoßen, allerdings vermag hier die Atmosphäre nicht mit der anderen Zonenart mithalten)

In Letzterer muss man verdeckt sabotieren, sich unter Zivilisten verstecken, und sich bei Alarm auf unendliche Gegnerwellen einstellen. Hat man letztendlich genügend Basen und Propagandageräte erobert oder zerstört, können diese Zonen zur Rebellion aufgerufen werden. Danach ist das Feindaufkommen auf ein Minimum gehalten, und menschliche Gegner kaum noch anzutreffen.

Rebellierende Zivilisten, nachdem man genügend Kriegswerkzeug sabotiert hat(Rebellierende Zivilisten - Allerdings reine Skripte ohne Interaktion und Dynamik, ausgelöst durch den Spieler, wenn er genügend Sabotageakte durchgeführt hat) 

 

Undercover selbst gemacht

Und hier vermag auch die Kombination aus Setting und Gameplay zeitweise einen einzufangen. Beim Anschleichen an einen Konvoy oder auf der Flucht danach vermag so richtige Guerilla-Atmosphäre aufkommen. In diesen Momenten gilt es, über die Logiklücken und den KI Patzern (sichtbar spawnende Gegner, an ihren Skripten festhaltende Gegnerpatrouillen, während neben ihnen ein Kollege von Zivilisten zusammengeschlagen wird) hinweg zu sehen, und gegebenenfalls dem Gameplay nachzuhelfen. Ja man könnte es ausnutzen, dass das Munitionslager einen unendlich versorgt, und die KI in immer die gleichen Engstellen gelockt werden kann. Man könnte aber auch das Setting wirken lassen, durch und über Häuser fliehen, und sich immer wieder einzelne, atmosphärische Kämpfe mit den „Norks“ in den Straßen von Philadelphia liefern, während man sich immer weiter zurückzieht.

Über den Straßen, auf einen Konvoy wartend - hier vermag Stimmung aufzukommen (Wieder ein Überfall auf den Konvoy, diesmal von oben - die Vertikalität überrascht vor allem in den Zonen, in denen kein Krieg herrscht, und man sich unter Zivilisten befindet)

Auch das austricksen der KI vermag zuweilen als befriedigende Taktik funktionieren. Schafft man es hier, das schwächelnde Gerüst zu ignorieren, und sich stattdessen nur auf das funktionierende Fundament zu konzentrieren, kann einen Homefront: The Revolution in seinen Bann ziehen.

Eine der zahlreichen begehbaren Innenräume in Homefront 2 - sowohl graphisch als auch im Gameplay vorzeigbar(Ein Innenraum in Homefront 2 - Generell ist hier die Grafik ansehnlicher als draußen bei Tage)

 

Am Ende kommt die Desillusion

In letzter Instant kann das natürlich nicht über ein mittelmäßiges Erlebnis hinwegtäuschen. Nach der vierten Zone (zwei Zonen der jeweiligen Art) setzt endgültig Redundanz ein, da keine nennenswerten Gameplay-Erweiterungen mehr eingeführt werden, und alle Missionen ähnlich ablaufen.

Eine der wenigen Hauptmissionen, welche sich von dem Open World Alltag unterscheidet - Eine Ausnahme (Hier ein Beispiel für eine der wenigen Hauptmissionen, die sich von den Open World Aktivitäten abheben - leider zu wenige, zu kurz, und ohne Überraschungen)

Es wird immer schwerer, die Fassade auch mit gutem Willen und wenig Anspruch aufrechtzuerhalten. Die fehlende Interaktion zwischen den NPCs außerhalb sich wiederholender Skripte wird hier immer offensichtlicher, und damit ein Beispiel für die fehlende Produktionsqualität nicht nur im technischen Bereich, sondern auch im Gameplay.

Ein Beispiel, wie man die KI austricksen kann - Anfangs befriedigend, am Ende ernüchternd (Der berüchtigte Flaschenhals für dumme KI-Gegner, auch in Homefront 2 ein Mittel der Wahl - generell ist ihre Treffsicherheit und Aufkommen die einzige Gefahr der Gegner)

 

Fazit

Was ist es denn jetzt? Zu empfehlen oder nicht? Für sieben Dollar war es definitiv kein Fehlkauf. Und wie so oft bei solchen Spielen, kommt es einfach darauf an, was der Spieler will. Mag man Spiele wie Far Cry, ist es sicherlich kein Fehlkauf, wenn man den technischen Ungereimtheiten verzeihen kann, und dem Setting etwas abgewinnen kann. Hat man allerdings nur wenig Zeit und will diese mit Hochglanzprodukten verbringen, sollte man es sich zwei Mal überlegen. Ich selbst zähle mich zu der letzten Sorte. Ich habe dennoch meine Zeit in Philadelphia verbracht, weil es sich als hirnlose, aber zuweilen atmosphärische Kompensation zum Klausuren-Alltag der Universität erwies. Letztenendlichst werde ich mich aber nicht mehr an Homefront: The Revolution erinnern, genauso wie es mir mit Surrogates – Mein Zweites ich erging. Dessen Titel musste ich hierfür erst einmal wieder googeln.

Eine gute Zusammenfassung für Homefront: The Revolution - Open World mit vielen Missions- und Sammelmarkern...letztere halten sich aber aufgrund der Größe in Grenzen(Ein Bild, welches Homefront 2 gut beschreibt - kleine Open World, Sammelobjekte, Missionsmarker....)


Wertung
Pro und Kontra
  • Funktionierendes Kerngameplay
  • Sattes Waffengefühl (Trefferfeedback, Sound...)
  • Abwechslungsreiche Waffen und Gadgets
  • Setting
  • Belanglose Geschichte (+Präsentation dieser)
  • Inkohärente Grafik (+Glitches)
  • Redundanz
  • KI
  • Logiklücken

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



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