Multitasking im zweiten Weltkrieg

Vorweg: Wer den direkten Vorgänger Assault Squad 1 kennt und mochte, wird sich über dieses Spiel gleichermaßen freuen und wundern. Freuen, weil...

von Belethil am: 29.05.2015

Vorweg: Wer den direkten Vorgänger Assault Squad 1 kennt und mochte, wird sich über dieses Spiel gleichermaßen freuen und wundern. Freuen, weil es dank Steamworks endlich keine Probleme mehr mit Multiplayer-Partien gibt und das ganze "drumherum" entschlackt wurde. Wundern, weil es bis auf ein paar extra-Missionen und minimal überarbeitete Grafik das gleiche Spiel ist. Beim vergleichsweise geringen Kaufpreis ist das zwar absolut entschuldbar, dennoch sollte dies für potentielle Käufer festgehalten werden. Nun zum Wesentlichen:

Welcher PC-Stratege hat nicht manchmal den Wunsch, gelegentlich selbst in die Haut seiner Soldaten zu schlüpfen, weil die sich gerade mal wieder besonders dumm anstellen, den Panzer eben mal selbst zu steuern weil er schon wieder auf die falschen Ziele feuert, etc. ?
Nun, tatsächlich mag dies nicht bei jedem der Fall sein, doch genau diese Mechanik ist eines der Kernelemente von MoW:AS 2. Beginnen wir aber von vorne:

Die Men of War - Reihe ist eine Strategiespiel-Reihe, die sich meistens auf den zweiten Weltkrieg fokussiert - so auch dieser Serienteil. Das Spiel verspricht komplexe und realistische Strategiegefechte, die im Gegensatz stehen zur cineastischen Inszenierung anderer Titel, wie z.B. Company of Heroes. Dazu nutzt es verschiedene "Stilmittel":

- Kein Basisbau: Für manche Strategen ein Muss, für andere nutzloser Schnickschnack, ich persönlich bevorzuge Spiele mit einer anfänglichen Sammel-und Bauphase, kann aber im Zweifelsfall auch ohne leben. MoW: AS 2 schickt uns jedenfalls direkt ins Gefecht, für Credits können wir einfach direkt per Menübefehl neue Einheiten auf das Feld ordern. Den Creditfluss erhöhen und neue Einheiten freischalten können wir durch das Einnehmen strategischer Punkte - spielt sich unkompliziert und übersichtlich, und wir können unsere Strategie meist schnell an den Gegner anpassen.

- Realistisches Waffenverhalten und Schadensmodell: Dass eine Einheit ohne Deckung nahezu verlustfrei durch das Schussfeld eines feindlichen MGs sprintet, oder ein Panzer einen direkten Treffer mit der PaK in den Motor übersteht, kommt in diesem Spiel nicht vor. Auch die Reichweiten der Waffen sind realistisch hoch, ein Panzer oder ein Geschütz semmelt unsere Truppen auch gerne mal über die halbe Karte hinweg um. Wir müssen immer auf unsere Einheiten aufpassen, Schusswinkel überprüfen und sämtliche Deckung nutzen. Dabei macht uns die Wegfindung manchmal einen Strich durch die Rechnung, dazu aber später.

- Inventar: Jede, und das bedeutet wirklich *jede* unserer Einheiten hat ein eigenes Inventar, in welchem wir Waffen, Munition, Verbandszeug und ähnliches verstauen können. Das bedeutet natürlich auch, dass unseren Truppen gelegentlich mitten im Gefecht die Munition ausgeht, was durchaus frustrieren kann - allerdings ausgeglichen wird durch die Befriedigung, einem lahmgelegten Panzer mal eben das schwere Maschinengewehr samt Munition zu klauen und damit die eigene Infanterie auszustatten. Einige Inventaritems wie Verbandszeug oder Pionierausrüstung gestatten uns Spezialfähigkeiten (Heilung bzw. Sandsackwälle als Deckung bauen).

- Direkte Steuerung: Die eingangs erwähnte Mechanik erlaubt es uns, unsere Truppen direkt zu steuern - in diesem Fall bewegen wir die jeweilige Einheit mit WASD und feuern per Maustaste, fast wie in einem TPS - nur die Kamera müssen wir dabei leider komplett selbst steuern, was das ganze oft etwas hakelig und für den Dauergebrauch ungeeignet macht. Gerade für Scharfschützenaktionen oder mit schweren Geschützen/ Panzern macht die Option aber Sinn, und auch sehr viel Spaß.

Die Grundidee, ein realistisches Gefecht nachzustellen, gelingt MoW: AS 2 durch diese Mechaniken gut - eigentlich schon zu gut, denn die Gefechte werden auch sehr schnell unübersichtlich, nicht selten wird uns in einem unachtsamen Moment auf riesige Entfernung ein Fahrzeug über den Haufen geschossen oder ein Infanterietrupp von feindlichen MGs zersägt. Da wir alle unsere Truppen ständig im Auge behalten müssen, verlieren wir auch größeren Maps schnell den Überblick. Dagegen hilft jedoch der...

Koop-Modus/ Mehrspieler: Jede Mission im Spiel (es gibt derer übrigens pro Kriegsfraktion - also Amerika, Deutschland, Japan, Sowjets, ... - mehrere zur Auswahl) - lässt sich mit bis zu 8 Spielern im Koop bestreiten, wobei sich die Spieler die Truppen teilen und austauschen können wie es gerade passt. Das macht die Gefechte wesentlich übersichtlicher und macht ausgeklügelte Strategien möglich - das Planen und Taktieren wird dabei der eigentliche Spaß. Auch im kompetitiven Multiplayer macht das Spiel mit guten Freunden beim tüfteln an der besten Strategie viel Freude.

Umfang: Neben den verschiedenen Missionen der Fraktionen gibt es noch einige Spezialaufträge (wie die Weihnachtsbaum-Verteidigung... ^^) die wir absolvieren können, trotzdem bleibt der Umfang im Singleplayer dank komplett fehlender Story-Kampagne o.ä. eher klein. Im Multiplayer bieten sich natürlich mehr Möglichkeiten, und der Koop-Modus bringt für die Missionen einiges an Wiederspielwert, dennoch wäre hier mehr drin gewesen.

Technik: Bei Strategiespielen stand die Technik nie besonders im Vordergrund, so ist auch MoW: AS 2 zwar nicht hässlich, aber auch kein Paradebeispiel moderner Grafik-Kunst. Die Texturen sind oft eher matschig, Partikel- und Lichteffekte eher hübsches Beiwerk, und auch die Sounds sind zwar in Ordnung, aber nicht überragend - bei den großen Waffen fehlt oft der richtige Wumms. Insgesamt erschafft das Spiel jedoch eine stimmige Atmosphäre in der die Bestandteile harmonieren, sodass man dafür mal ein Auge zudrücken kann.

Probleme: Es gibt im wesentlichen zwei Dinge, an denen MoW: AS 2 wirklich krankt: Zum einen ist dies die oft hakelige Bedienung, die dabei anfängt dass gruppierte Einheiten sich bei einem falschen Klick auflösen, sich über die nervige Kamerasteuerung bei der direkten Kontrolle der Einheiten fortsetzt und schließlich beim Inventarwirrwarr und der teilweise höchst fragwürdigen Wegfindung endet, die unsere Fahrzeuge schon mal gerne in den nächstbesten Gartenzaun parkt statt sie zum Zielort zu schicken. Zum anderen die bereits erwähnte Unübersichtlichkeit, die gerade in Verbindung mit der hohen Sterblichkeit und der realistischen Waffenreichweiten dazu führt, dass das Spiel im Alleingang stellenweise auch im leichtesten Schwierigkeitsgrad extrem fordernd ist. Abhilfe schafft hierbei nur der Koop-Modus, bei dem sich die Spieler auf unterschiedliche Bereiche und Aufgaben auf dem Feld konzentrieren können.

Fazit: Men of War: Assault Squad 2 ist nichts für Softcore-Strategen. Das Spiel liefert knackig-realistische Action auf dem Feld, bei dem wir stets alles im Blick haben müssen: Stehen unsere Truppen alle in Deckung? Reicht die Munition noch? Ist dort ein Fahrzeug auf dem Weg, liegt in der nähe noch eine Panzerfaust rum die wir dagegen nutzen können? Nicht selten müssen wir wegen kleinerer Fehler eine Mission noch einmal neu starten. Wenn wir jedoch erst einmal die richtige Strategie gefunden haben, und am besten mit Partnern im Koop loslegen, dann entfaltet das Spiel eine unglaubliche Tiefe, die uns auch ein drei- bis vierstündiges Gefecht ohne einen Moment der Langeweile genießen lässt. Kleinere technische Mängel und eine unhandliche Bedienung, sowie der geringe Umfang (und auch die mangelnde Abwechslung in den - prinzipiell immer gleichen - Missionen) trüben das ansonsten gute Bild. Für echte Strategiefans auf jeden Fall einen Blick wert. Für alle anderen nur dann, wenn sie gut mit Frust umgehen können.


Wertung
Pro und Kontra
  • - Direkte Einheitenkontrolle
  • - Realistisches Spielgefühl
  • - Großartiger Koop-Modus
  • - Einfacher Multiplayer dank Steamworks
  • - Gefechte sind auch bei langer Spieldauer noch spannend
  • - Teilweise unfair unübersichtlich, hoher Schwierigkeitsgrad
  • - Grafik und Sound eher mittelmäßig
  • - Keine Story-Kampagne, allgemein etwas geringer Umfang
  • - deutliche Schwächen bei der Bedienung

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



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