Owlboy Otus hat es wirklich nicht leicht. Zum einen heißt er wie ein amerikanischer Hinterwäldler, dessen Eltern wahrscheinlich Cousins sind. Zum anderen entscheidet er sich einfach immer falsch. Soll er einen Krug transportieren, um das Dorf mit Wasser zu versorgen, wirft er ihn garantiert auf den Boden. Wenn er während seines Wachdienstes einen Störenfried entdeckt, folgt er ihm - und übersieht dabei die Flotte Luftpiraten, die daraufhin ein ganzes Dorf zerstören.
Wenn ihm doch nur jemand zum Trost sagen könnte, dass das Spiel mit ihm in der Hauptrolle einer der Steam-Hits der Herbstsaison ist.
Sogar die Kollegen Dimi Halley und Michi Obermeier hatten in ihrem Ersteindrucksvideo nur Gutes zu berichten. Mich mussten sie ja nicht überzeugen. Mein Herz hatte Otus ja schon im Trailer gewonnen. Trotzdem war ich neugierig: Hat Owlboy mehr zu bieten als einen herzerweichend niedlichen Protagonisten? Zeit, die Eule bei den Flügeln zu packen.
Immerhin passiert es oft genug, dass ein Spiel zwar retro aussieht, die Optik aber nur über furchtbar lahme Spielmechaniken hinwegtäuschen soll. Allerdings hebt sich Owlboy in zahlreichen Aspekten vom Retro-Indie-Einheitsbrei ab. Und das nicht nur wegen der Flügel von Hauptfigur Otus.
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Ein Herz für Pixel
Dazu reicht eigentlich schon ein Blick in die Wolkenwelt. In den 80ern war Pixelgrafik die einzige Möglichkeit, heute ist sie ein Stilmittel. Owlboy kombiniert den Stil von damals mit den aktuellen technischen Möglichkeiten und erschafft so eine wunderschöne, detailverliebte Welt. Das liegt zum einen am Charakterdesign.
Die Figuren in Owlboy sind allesamt ein bisschen kauzig. Manche, weil sie wirklich Käuzchen sind. Andere, weil sie einen durchaus sympathischen Schlag weg haben. Ich habe mich sogar über die Feinde gefreut. Auch wenn sie mich töten wollen, kann ich nicht anders als stehen zu bleiben, und sie mir erst einmal genau anzuschauen.
Die Eule mit den tausend Gesichtern
Und dann wäre da ja noch Otus selbst. Wenn Sie glauben, mit Pixelgrafik könne man keine Gefühle darstellen, sollten Sie sich Otus' Gesicht einmal genauer ansehen. Riesige Augenbrauen, lebhafte Mimik und starke Gestik sorgen bei dem Flatterkeks für einen ganzen Reigen an Gefühlsausbrüchen. Wut, Besorgnis, Glück, Stolz, Angst oder der universelle Ausdruck für »Ich hab absolut keine Ahnung« finden alle Platz in dem kleinen Gesichtchen.
Wenn wir ihn nicht bewegen, packt er unter den Flügeln sogar ein paar Hände aus und dreht Däumchen. Otus ist ausdrucksstärker als der Großteil seiner Jump&Run-Kollegen. Und das, obwohl er nicht mal eine Stimme hat. Da von den englischen Dialogen allerdings sowieso keiner vertont ist, fällt Otus' Besonderheit gar nicht weiter auf.
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Neben den Figuren ist auch die Welt selbst eine Erwähnung wert. Die Gebiete in Owlboy sind nicht zufällig generiert, sondern sehr bewusst designt. Jedes Areal unterscheidet sich vom vorherigen in Lichtstimmung, Musik und Optik, dazu kommen unzählige kleine Details. Gentleman-Fische mit Zylinder und Monokel sind beispielsweise für die Haupthandlung absolut irrelevant, verleihen der Welt aber ihren ganz eigenen Charme. Und zwar nicht die Art von Charme, die mir andauernd aufs Auge drücken muss, wie außergewöhnlich und abseits des Mainstreams das Spiel doch ist, sondern die, die mich innehalten und schmunzeln lässt.
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