Angeblich spielt Größe ja keine Rolle. Im Falle von SimCity allerdings musste Entwickler Maxis schon vor dem Release heftige Kritik einstecken: Die Karten seien viel zu klein, riefen Spieler der Beta. »Lässt sich leider nicht ändern«, antwortete Maxis und verwies auf den enormen Detailgrad der Simulation. Selbst moderne Rechner, so Maxis, würden bei größeren Karten unweigerlich in die Knie gezwungen.
»Das neue SimCity ist ein tieferes, gehaltreicheres Spiel als jemals zuvor, und die neue Glassbox-Engine treibt eine der authentischsten Simulationen an, die ihr je gesehen habt«, sagte Produzent Kip Katsarelis noch kurz vor der Veröffentlichung. Und Maxis-Chefin Lucy Bradshaw sprach im Vorfeld von 100.000 individuellen Sims, die von der Glassbox-Engine gleichzeitig simuliert werden könnten. Nach mehr als 200 Stunden müssen wir allerdings festhalten: Das stimmt nicht.
Keine individuellen Sims
Entgegen der Aussage von Maxis-Chefin Lucy Bradshaw gibt es in SimCity keine individuellen Sims. Stattdessen werden die Einwohner immer wieder neu generiert - morgens als Arbeiter, mittags als Shopper, abends als Feierabend-Heimkehrer. Um das zu illustrieren, betrachten wir das Trailer-Heim der Familie Gilbert.
Chaos in der Simulation - Die Familie Gilbert ansehen
18.45 Uhr: Eveline Körner, Hans Jürgen Reitz und sechs andere Sims kommen von der Arbeit und schlagen bei den Gilberts auf. Das Haus füllt sich auf vier Einwohner, der Rest geht wieder.
19.00 Uhr: Hans-Gerhard Sievers tritt aus dem Haus. Bevor wir nun Vermutungen über spontane Geschlechtsumwandlungen in Trailer-Häusern anstellen, kürzen wir das Ganze ab: Sims besitzen einfach keine Wohnsitze, zu denen sie regelmäßig zurückkehren könnten. Sie werden beim Verlassen einer Arbeitsstelle generiert und in das jeweils nächste Haus mit freien Kapazitäten »gesaugt«. Einzige Konstante: Werden Sims an einem Wohnhaus generiert, um zu arbeiten oder shoppen zu gehen, erhalten Sie den Namen des Wohnsitzes - sie kehren aber nicht dahin zurück.
Einwohner sind Ressourcen
Schauen wir uns die Wasser- oder Strom-Versorgung an, dann bewegen sich sogenannte »Agenten« - durch Punkte symbolisierte Informationen - über das Straßennetz und liefern am jeweils nächsten »Abladeort« ihrer Route die jeweilige Information bzw. Ressource ab.
Beobachten wir zum Vergleich unsere Sims, dann stellen wir fest, dass sie ganz ähnlich funktionieren. Fabriken werden also mit Arbeitern »beliefert« - und zwar der Reihe nach. Im Spiel geht das so weit, dass Sims aus Fabrik A in Fabrik B wechseln, ohne dass Fabrik A Arbeiter einbüßen würde.
Das Problem an der Sache: Unter Umständen macht die Fabrik A aus Arbeitermangel dicht, während Fabrik B gefüllt wird. Gleichzeitig sitzen einige Arbeitskräfte in Fabrik A fest bis ein bestimmter Mindestwert erreicht wird, damit der Betrieb die Arbeit wieder aufnimmt - in der Zwischenzeit sind Fabrik und Arbeiter totes Kapital.
Beispielhaft folgen wir Fanny Wichmann auf dem Weg zur Arbeit in der Müllkippe. Kurz vor Fanny erreicht ein anderer Sim die Müllhalde. Die hat plötzlich genug Arbeiter, Fanny wird also »gefeuert« und fährt an der Müllkippe vorbei und wieder zurück. Auf dem Rückweg kommt sie an der ersten Fabrik mit freien Kapazitäten vorbei und wird »eingestellt«.
Wir erhärten unseren Verdacht mit einem Bildungsexperiment. An einer Grundschule beobachten wir die Schülerzahlen. Alles normal. Dann setzen wir ein Gymnasium davor. Nach einer gewissen Zeit gewinnt das Gymnasium an Zulauf, die Zahl in der Grundschule sinkt. Wir warten eine Weile, drehen den Spieß um und tauschen die Positionen der beiden Gebäude. Siehe da: Plötzlich rennen die Gymnasiasten wieder in die Grundschule.
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