Stellaris im Test - Wahrhaft Paradox

Warum uns Stellaris im Test immer wieder ärgert – und wir das 4X-Strategiespiel dennoch nächtelang spielen.

Stellaris - Das lauert im Endgame Video starten 20:06 Stellaris - Das lauert im Endgame

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Das Beste an meinem Test zu Stellaris sind die Bugs. Also nicht die Programmfehler - die es natürlich auch gibt - sondern »meine« Bugs. So heißt im Weltraum-Strategiespiel nämlich mein Käfervolk, das von seiner idyllischen Heimatwelt »Bluescreen« im »Betatest«-System zu den Sternen aufbricht, um sein »Pre-Release Empire« auf die gesamte Galaxis auszudehnen.

Wie bitte, das klingt albern? Ja, stimmt. Doch um Stellaris wirklich mögen zu können, muss man seine Kernfaszinationen verstehen: Das 4X-Strategiespiel von Paradox lebt davon, dass man sich mit dem eigenen Volk identifiziert wie mit dem Helden eines Rollenspiels. Dass man Kolonien, Schiffstypen und Sonnensystemen passende Namen gibt und sich generell so verhält, wie es der eigenen Philosophie entspricht.

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Egal, ob man eine alberne Käfertruppe spielt, eine kriegerische Katzenrasse (Hallo, Wing Commander!) oder ein Volk abstoßender Schwabbelpilze, die einfach nur Freunde suchen: Noch mehr als die anderen Paradox-Spiele (Europa Universalis 4, Crusader Kings 2) lebt Stellaris von den »Kopfgeschichten«, von der Fantasie seiner Spieler.

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Wer bei einer Bodeninvasion nur fünf kleine Icons blinken sieht und nicht versteht, was daran so toll sein soll - bitte, kann ich nachvollziehen. Aber ich sehe da statt blinkender Icons gewaltige Schlachten zwischen meinen selbst gezüchteten Xenomorph-Aliens und den stählernen Kampfrobotern meiner Erzfeinde. Kopfgeschichten eben.

Wer das nicht kann oder möchte, fällt schon mal ein Stück weit aus der Zielgruppe. Auch viele andere Aspekte von Stellaris sind, sagen wir, gewöhnungsbedürftig. Die abgesehen von den Raumschlachten eher nüchterne und textlastige Präsentation. Das zum Haareausreißen verschachtelte und unvollständige Interface. Der immer wieder einsetzende Leerlauf. Die Performance-Probleme im Endgame.

Und vor allem die Unberechenbarkeit - zugleich eine der elementaren Stärken von Stellaris, keine Partie verläuft exakt so wie die letzte. Andererseits landen Spieler, die geradliniges Erobern wie in Master of Orion bevorzugen - oder einfach nur Pech haben -, rasch in Sackgassen. Es ist schon ein besonderer Fall, dieses Stellaris. Und ich persönlich kann damit gar nicht aufhören, es zu spielen. Bis tiefer in die Nacht, als gesund für mich wäre.

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Die Peformance-Probleme
In großen Galaxien (die bis zu 1.000 Sonnensysteme enthalten können) und späten Spielphasen, wenn riesige Imperien und Flotten aufeinanderstoßen, kommt die Stellaris-Engine massiv ins Schwitzen, ständige Ruckler und teils sekundenlange Hänger sind die Folge. Und zwar selbst auf den schnellsten Rechnern. Komplett unspielbar wird Stellaris dadurch nicht, nervig ist das aber allemal. Deshalb haben wir Stellaris dafür ursprünglich zwei Wertungspunkt abgezogen.

Nur einen Tag nach unserem Test ist inzwischen allerdings der Hotfix 1.0.1 erschienen, der die Performance vor allem in frühen Spielphasen deutlich verbessert. Auch im Endgame läuft Stellaris flüssiger, verschwunden sind die Lags (zumindest in großen Galaxien) aber nicht. Deshalb werten wir Stellaris zwar wieder auf, vorerst aber nur um einen Punkt.

Stellaris - So spielt sich das Midgame Video starten 19:36 Stellaris - So spielt sich das Midgame

Gottesfürchtige Pinguine

Zum Beginn von Stellaris steht natürlich der Bau eines eigenen Volkes, und ja, das ist Ehrensache. Es gibt zwar vorgefertigte Fraktionen, aber mit denen geht der erwähnte Rollenspielaspekt flöten. Ach ja: Einmal entworfene Völker lassen sich abspeichern, um sie erneut zu spielen - oder beim nächsten Mal als Widersacher zu bekämpfen.

Im Editor legen wir Stärken und Schwächen unseres Bug-Volkes fest. Im Editor legen wir Stärken und Schwächen unseres Bug-Volkes fest.

Hierfür offeriert der Fraktionseditor zahlreiche Portraits und Flaggen sowie diverse Vor- und Nachteile wie »anpassungsfähig« (Siedler auf fremden Planeten sind glücklicher) und »abstoßend« (erschwert die Diplomatie). Außerdem wählen wir einen Heimatwelttyp à la »kontinental« oder »arktisch«, was bestimmt, welche Planeten wir anfangs besiedeln können. Und dann noch eine Antriebsmethode: komplett freie, aber lahme Warpflüge? Schnelle Hyperraumsprünge, aber nur entlang fester Routen? Oder den rasanten Wurmloch-Teleport, der sich perfekt für Überfälle eignet, für den wir aber spezielle Portalstationen bauen müssen?

Eine Sonderrolle spielen die Ethiken, die Wesenszüge unseres Volkes. Wollen wir militaristische oder pazifistische Untertanen, spirituelle oder materialistische, fremdenfeindliche oder -liebende? All das bringt Vorteile, wobei mir der Materialismus (mehr Forschungspunkte) etwas übermächtig vorkommt, der Spiritualismus bringt nur etwas mehr Zufriedenheit, die ich aber in meinen Testpartien nie wirklich gebraucht habe.

Die größten Stellaris-Galaxien haben 1.000 Sonnensysteme, die (zum Start) bis zu 39 KI-Völker bewohnen - genug Raum zum Erobern. Die größten Stellaris-Galaxien haben 1.000 Sonnensysteme, die (zum Start) bis zu 39 KI-Völker bewohnen - genug Raum zum Erobern.

Außerdem bestimmen meine Ethiken, welche Regierungsformen ich wählen kann, und vor allem das Verhalten der KI-Völker, zumindest bis zu einem gewissen Grad. Die Kombination aus militaristisch und spiritualistisch kann beispielsweise zu aggressiven Religionsfanatikern führen. Was wiederum zum Rollenspielaspekt beiträgt: Die Pinguine von Alpha Centauri wollen einen interstellaren Gottesstaat errichten? Knüppel drauf - oder Antimaterie-Raketen, was eben gerade zur Hand ist!

Einsteiger-Guide zu Stellaris: Völker-Eigenschaften, Ethiken, Regierungsformen

Unser Multiplayer-Mitspieler übernimmt einfach eines der KI-Imperien aus unserem Singleplayer-Spielstand. Unser Multiplayer-Mitspieler übernimmt einfach eines der KI-Imperien aus unserem Singleplayer-Spielstand.

Der Multiplayer-Modus
Stellaris bietet einen Multiplayer-Modus für bis zu 32 Spieler - theoretisch sogar für mehr, aber die Entwickler garantieren nur bis 32 Teilnehmer, dass alles stabil läuft. Dabei können auch einfach mitten in der Partie einsteigen und beispielsweise ein bisher von der KI geführtes Imperium übernehmen. Testen konnten wir den Multiplayer-Modus bisher nur im kleinen Rahmen, unsere Testpartie mit zwei Spielern lief immerhin stabil - abgesehen von denselben Performance-Problemen wie im Solomodus.

Übrigens konnten wir auch problemlos ein Singleplayer-Savegame laden und darin zu zweit weiterspielen - coole Sache. Blöd hingegen: Wenn unser Mitspieler dann einen Spielstand anlegt und im Solomodus neu lädt, spielt er nicht mehr »sein" KI-Volk, sondern wieder das ursprüngliche Hauptvolk der Solokampagne.

Das unberechenbare Gleiche

Okay, setzen wir die Rollenspielbrille mal einen Moment ab und betrachten die nackte Mechanik. Das eigentliche Spiel verläuft paradoxtypisch in pausierbarer Echtzeit und beginnt stets gleich: Ich schicke Forschungsschiffe aus, scanne Planeten nach Ressourcen und Anomalien (lösen nette Mini-Quests aus, die sich jedoch schnell wiederholen), errichte Kolonien auf bewohnbaren Welten und Minen sowie Forschungsstationen auf unbewohnbaren; ich erweitere mein Herrschaftsgebiet und treffe früher oder später (je nach eingestellter Galaxiegröße und Gegnerzahl) auf Nachbarn.

Bei der Forschung wählen wir aus mehreren Möglichkeiten das nächste Ziel. Welche Möglichkeiten uns das Spiel genau ausgibt, ist zufällig. Das kann zu Sackgassen führen - etwa wenn uns partout die Technologie fehlt, um bestimmte Welten zu besiedeln. Bei der Forschung wählen wir aus mehreren Möglichkeiten das nächste Ziel. Welche Möglichkeiten uns das Spiel genau ausgibt, ist zufällig. Das kann zu Sackgassen führen - etwa wenn uns partout die Technologie fehlt, um bestimmte Welten zu besiedeln.

In der Frühphase einer Partie scannen wir Planeten nach Rohstoffen und Anomalien. In der Frühphase einer Partie scannen wir Planeten nach Rohstoffen und Anomalien.

Diese Erkundungsphase ist einerseits enorm spaßig: Wie mit Kinderaugen entdecke ich die Galaxis und ihre Geheimnisse, finde uralte Ruinen und starte vielleicht sogar eine Questreihe, die mich viele Stunden lang beschäftigt. Andererseits kann es eben auch schon früh zu Sackgassen oder zumindest Hürden kommen. Auf frisch besiedelten Kolonialwelten können beispielsweise Geländefelder blockiert sein, etwa durch Gletscher, Vulkane oder Dschungel. Um die zu säubern, also ihre Rohstoffe zugänglich zu machen, muss ich erst die zugehörige Technologie erforschen. Und wenn ich Pech habe, bekomme ich die erst später. Viel später. Bis dahin bleibt es eng auf dieser Welt.

Denn das nächste Forschungsziel in jeder Kategorie (Physik, Soziales, Ingenieurwesen) wähle ich stets aus drei Alternativen, die ausgewürfelt werden. Zugegeben, sie hängen auch von den zuvor erforschten Technologien und den Fähigkeiten des zugeteilten Forschers ab. Wie Gouverneure, Admirale und Bodentruppen-Generäle sind die Weißkittel nämlich individuelle Persönlichkeiten mit speziellen Eigenschaften.

Bevor wie eine Invasion mit Bodentruppen starten, sollten wir eine Welt erst mal per Weltraum-Bombardement »aufweichen«. Bevor wie eine Invasion mit Bodentruppen starten, sollten wir eine Welt erst mal per Weltraum-Bombardement »aufweichen«.

Wer Pech hat, bekommt dennoch lange nicht, was er in der jeweiligen Spielphase dringend braucht. Das kann nerven. Es kann aber auch eine Herausforderung sein. Und es trägt definitiv dazu bei, dass die Partien sehr unterschiedlich verlaufen, selbst mit demselben Volk und trotz des an sich gleichförmigen Spielverlaufs. Und dabei haben wir noch gar nicht über die anderen Völker gesprochen.

Weltraum-Strategiespiele im Vergleich: Stellaris vs. Master of Orion

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