The Chaos Engine im Test - Maschinenschaden

Ein Remake, wie es schlechter nicht sein könnte. Was bei The Chaos Engine alles schief läuft, lesen Sie im Test.

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Kennen Sie das? Eine Idee, die in der Theorie ziemlich clever klingt, verkommt in der Praxis zum Totalausfall. Ich habe mir zum Beispiel als Kind bei einer spontanen Klettereinlage auf dem Spielplatz das Steißbein gebrochen. Netter Einfall, katastrophale Umsetzung. Das gilt auch für The Chaos Engine. Die Neuveröffentlichung der ursprünglich 1993 auf dem Amiga erschienenen Top-Down-Ballerei mit Modernisierungen wie verbesserter Grafik und Online-Funktionen klingt vielsprechend, macht in der Praxis aber ungefähr so viel Spaß wie Herpes. Und das fängt schon bei der Story an.

Wo kaufen?
The Chaos Engine wird ausschließlich über Valves Online-Plattform Steam vertrieben, eine Packungsversion gibt es nicht. Einmal aktiviert, ist das Spiel dauerhaft mit Ihrem Konto verknüpft, kann also nicht mehr weiterverkauft werden.

The Chaos Engine - Screenshots aus dem PC-Remake ansehen

Auf Wiedersehen, Story

Lassen Sie sich nicht zu sehr auf die Story ein, im eigentlichen Spiel ist davon nämlich kaum mehr etwas zu sehen. Lassen Sie sich nicht zu sehr auf die Story ein, im eigentlichen Spiel ist davon nämlich kaum mehr etwas zu sehen.

Im Intro wird mir mitgeteilt, dass in der viktorianischen Ära ein Computer namens Chaos Engine gebaut wurde. Der dreht nach einem fehlgeschlagenen Experiment am Zahnrad und stürzt die Welt ins Chaos. So geht´s ja nicht! Als einer von sechs Söldnern (in Begleitung eines weiteren) soll ich dem Rechenmonster zeigen, wer der Herr über die Maschinen ist. Das klingt ja alles schön und gut, und das Cyberpunk-Setting macht Lust auf mehr, allerdings sagt die Story schon nach dem Intro leise Servus und spielt bis zum Abspann keine nennenswerte Rolle. Die muss sich wohl ein besseres Spiel gesucht haben.

Sei´s drum, ich suche mir erst mal einen schicken Söldner aus, jeder der Mietsoldaten verfügt über eine eigene Waffe und Spezialfähigkeit. Navvie und Thug bieten viel Lebensenergie und ordentliche Feuerkraft, dafür sind sie die langsamsten der Truppe. Gentleman und Preacher verlassen sich hingegen auf ihre Schnelligkeit. Brigand und Mercenary sind relativ ausbalanciert und siedeln sich daher im Mittelmaß an. Meine Wahl fällt auf Navvie, der mit einer Bazooka in die Schlacht zieht und Dynamit werfen kann. Die KI darf Preacher steuern. Der hat stets sein Lasergewehr zu Hand und trägt einen Arztkoffer mit sich rum. Ein Arztkoffer wäre auch im echten Leben praktisch: Als ich die erste Mission starte, trifft mich beinahe der Schlag.

Angriff des Jägerschnitzels

Meine Herren, das sieht ja exakt so aus wie seinerzeit auf dem Amiga - und das ist kein Kompliment. Von verbesserter Grafik und schicken Effekten ist absolut nichts zu sehen. Ziemlich dreist für eine Neuveröffentlichung, die immerhin acht Euro kostet. Oha, mein Fehler: Im Menü, das ich aus mir unerfindlichen Gründen nur im Fenster-Modus (also mittels Alt + Enter) aufrufen darf, entdecke ich die Optionen »Bloom« und »Smoothing«. Jetzt wird mir alles klar, dann kann die optische Aufwertung ja kommen. Kurzzeitig verliere ich mich in Tagträumen von detaillierten Umgebungen, züngelnden Mündungsfeuern, und imposanten Explosionen. Dann aktiviere ich die Zusätze und spüre das zuvor verspeiste Jägerschnitzel in mir aufsteigen. Genug der Worte, ich lasse Bilder sprechen:

Die grafischen »Verbesserungen« The Chaos Engine wie ich es noch vom Amiga kenne. Nicht unbedingt in Würde gealtert, schon gar nicht im Vollbild.

Bloom Hach, wie es glüht. Viel schicker sieht die Ballerei damit aber auch nicht aus.

Smoothing Diese Funktion muss von einem tollwütigen Eichhörnchen in nur viereinhalb Minuten programmiert worden sein. Anders lässt sich diese Mischung aus Bildschirmfehlern und höchst abstrakter Kunst nicht erklären. Soll heißen: Mit Smoothing sieht The Chaos Engine noch schlechter aus.

Mensch, bist du alt geworden!

Diese dicken Pfosten sind sogenannte Datenknoten. Nur wenn ich die Dinger zerballere, öffnet sich der Levelausgang. Diese dicken Pfosten sind sogenannte Datenknoten. Nur wenn ich die Dinger zerballere, öffnet sich der Levelausgang.

Okay, Grafik ist wahrlich nicht alles. Also flugs die Verbesserungs-Verbrechen wieder deaktiviert und weiter geht´s. Schneller als ich »bescheidene Umsetzung« sagen kann, wird mir aber klar, dass auch das Gameplay von The Chaos Engine nicht sonderlich gut gealtert ist. Grundsätzlich muss ich in jedem der 16 Levels (aufgeteilt in vier Welten) sogenannte Datenknoten aktivieren. Habe ich genügend davon gefunden, öffnet sich irgendwo ein Ausgang. Selbstverständlich stellen sich mir Massen von (hirnlosen) Gegnern in den Weg, die ich aus den Latschen pusten soll.

Könnte Spaß machen, tut es aber »dank« der katastrophalen Tastatursteuerung überhaupt nicht. Mit Gamepad steuert es sich zwar etwas weniger schwerfällig, trotzdem ist The Chaos Engine von guter Spielbarkeit ungefähr so weit entfernt wie David Hasselhoff von Alkoholabstinenz. Dass mein Charakter nicht einmal gleichzeitig gehen und ballern kann, macht das Trauerspiel nicht besser. Da hilft es dann auch nicht mehr viel, dass ich Waffen und Fähigkeiten meiner Charaktere nach jedem zweiten Level aufbessern kann.

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