Kolumne zu bezahlten Mods - Enderal-Entwickler: Wir bleiben kostenlos

Fürs Modden von Skyrim bezahlt werden? Der jüngst angekündigte Paid-Mod-Deal von Valve und Bethesda klingt nach dem Traum aller Modder. Ist er aber leider (noch) nicht, findet Nicolas Lietzau, Creative Director der Skyrim-Mod Enderal.

Es ist Donnerstag, der 23. April, 21:00 Uhr. Ich sitze beim Abendessen mit einem Freund, als mein Handy gleich mehrfach vibriert: aufgeregte Nachrichten vom ganzen Enderal-Team. Denn was Valve und Bethesda an diesem Abend ankündigen, sieht wie eine Revolution für die Modding-Communities dieser Welt aus. Erstellern von Skyrim-Mods soll es nun möglich sein, ihre Kreationen zu verkaufen!

Seit mehr als zehn Jahren veröffentlicht unser Modding-Team SureAI international erfolgreiche Projekte wie die Oblivion-Mod Nehrim. Gegenwärtig arbeiten wir an dessen Nachfolger Enderal, einer Total-Conversion für Skyrim, die das komplette Spiel umkrempelt, gänzlich neue Naturlandschaften wie Wüsten, Dschungel und Laubwälder integriert und insgesamt eine rund 100-stündige Kampagne bieten wird. Ich selbst werkel seit Beginn des Projekts 2011 tagtäglich mindestens acht Stunden an Enderal, insgesamt kommen wir auf über 20.000 Arbeitsstunden. Unentgeltlich.

In dem Kontext wird klar, warum das neue Paid-Modell von Valve so eine revolutionäre Neuigkeit für uns ist. Modden und davon leben? Großartig! So eine Möglichkeit haben wir nie in Betracht gezogen, bisher war für uns die einzige Möglichkeit, an Geld zu kommen, eine Ausgründung als richtiges Studio. Mit allen finanziellen Risiken. Gibt es jetzt also einen leichteren Weg, der Modder, Bethesda und die Spieler gleichermaßen belohnt?

Das denke ich mir und stürze mich gleich ins Gespräch mit unserem Team. Wir wälzen die Ankündigungen, studieren das Kleingedruckte, rechnen die finanziellen Änderungen hoch und kommen recht schnell und einstimmig zum Schluss: Enderal bleibt kostenlos. Und das hat drei gute Gründe.

Der Autor
Nicolas Lietzau arbeitet seit 2011 an der Skyrim-Mod Enderal. Jeden Tag investiert er mindestens acht Stunden Arbeit in die Total Conversion. Auch am Wochenende. Sein großes Steckenpferd ist das Writing - für Enderal hat er über 15.000 Dialogzeilen verfasst, dazu Begleitmaterial, Hintergrundinfos und eine mehr als 100-seitige Geschichte, in der Spielwelt angesiedelt ist.

Grund 1: Geld bedeutet nicht Gewinn

Der erste Grund ist simpel: Selbst, wenn wir Enderal verkaufen würden ist es unwahrscheinlich, dass wir damit ernsthaft Geld verdienen könnten - im Gegenteil. Angenommen, wir verkaufen Enderal für 30 Euro, dann bekommt Bethesda gemäß des neuen Deals 75 Prozent der Verkäufe. Also bringt uns jedes verkaufte Exemplar gerade mal 7,50 Euro. Besser als gar nichts, mag manch einer nun denken. Aber leider bringt auch nur ein einziger verdienter Cent im Fall eines kostenlosen Projekts wie Enderal eine Lawine ins Rollen. Denn es wäre kein non-kommerzielles Spiel mehr.

Enderal soll noch 2015 erscheinen und bietet eine komplett neue Spielwelt. Enderal soll noch 2015 erscheinen und bietet eine komplett neue Spielwelt.

Und das hat immense rechtliche Auswirkungen für uns. Zuerst das offensichtliche: Wir müssten Dienstleister auszahlen (Sprecher, Tonstudios, externe Artists) und Lizenzen kaufen. Mit unserer derzeitigen Dialogmenge bedeutet eine englische und deutsche Vollvertonung Kosten im sechsstelligen Bereich. Software-Lizenzkosten für Programme, die wir vorher mit non-kommerzieller Lizenzvereinbarung genutzt haben, kosten uns fünfstellig. Um also allein unsere Ausgaben zu decken, müssten wir eine unabsehbar hohe Stückzahl verkaufen, und die Frage, wie viele Menschen überhaupt bereit wären, für eine Mod die angesetzten 30 Euro zu zahlen, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Dann die versteckten Kosten: Enderal greift auf einige wenige Modder-Ressourcen zurück, also »Assets« (Rüstungen, Texturen, Waffen), die von anderen Moddern kostenlos zur Weiterverwendung zur Verfügung gestellt werden. Auch hier müssten wir jeden Bereitsteller der von uns verwendeten Ressourcen - und sei es nur eine Blume oder ein Schild - beteiligen. Klar, das ist alles Verhandlungssache, aber gerade als kleiner Mod-Entwickler will man mit keinen Kollegen finanziell im Regen stehen lassen, wenn er eine Entlohnung eigentlich genauso sehr verdient hätte wie wir. Und dann gibt's da natürlich die Aufteilung der Gewinne in unserem eigenen Team, das mittlerweile aus 15 Leuten besteht.

Grund 2: Das nicht vorhandene Kleingedruckte

Sind wir mal ehrlich: Wer liest eigentlich die Lizenzvereinbarungen? Die meisten Leute - auch ich - klicken am Ende doch einfach auf den »Klar, habe ich gelesen«-Button, weil sie sich nicht vor jeder banalen Entscheidung durch eine Textwüste ackern wollen. Im Fall des Mod-Deals mit Valve sind die aber enorm wichtig, denn darin werden die »Spielregeln« zwischen Kunde und Verkäufer festgelegt.

Gerade große Mod-Projekte mit eigenen Modellen, Texturen und Effekten kosten enorm viel Zeit und Ressourcen. Gerade große Mod-Projekte mit eigenen Modellen, Texturen und Effekten kosten enorm viel Zeit und Ressourcen.

Und hier lässt der Deal derzeit noch einige wichtige Fragen offen: Verpflichtet das Anbieten eines Paid-Mods den Ersteller automatisch zum Support? Sind sich Mod-Ersteller - die häufig keinen professionellen Spieleentwickler-Hintergrund haben -- überhaupt bewusst, in was für Schwierigkeiten sie mit so einem Zwang geraten können? Oder können Mod-Ersteller für Systemausfälle durch Bugs und Fehler verklagt werden?

Bethesda hält sich hier bewusst bedeckt: »Mod at your own risk.« Ihr tragt die Konsequenzen. Während diese Einstellung in Anbetracht der ungeheuren Anzahl an Mods, die Bethesda sonst überwachen müsste, nachvollziehbar ist, entstehen hier Grauzonen und potenzielle Minenfelder - und nicht jeder Amateur-Modder hat eine Kohorte von Anwälten griffbereit, auf die er im Falle eines Rechtstreits zurückgreifen kann.

Grund 3: Unsere Community

Lässt man all diese finanziellen und rechtlichen Argumente mal beiseite, dann ist der Hauptgrund, warum eine Bezahlversion von Enderal für uns nicht zur Debatte steht, folgender: Wir haben es anders versprochen. Jeder Besitzer von Skyrim soll Enderal kostenlos spielen können. So haben wir es nach außen getragen und daran müssen und wollen wir uns halten. So schön die Vorstellung auch ist, für die eigenen Arbeitsstunden bezahlt zu werden, so wichtig ist es uns auch, Linientreue mit unseren Ankündigungen zu halten. Schließlich ist gerade bei großen Projekten die Unterstützung der Fans der Kit, der das Team zusammenhält und unsere Motivation über Jahre hinweg nicht schwinden lässt.

Valves Paid-Mod-Deal lässt mein Team und mich mit gemischten Gefühlen zurück. Einerseits glauben wir sehr wohl, dass die Kommerzialisierung mancher Mods prinzipiell funktionieren kann. Modding - vor allem im Fall eines komplexeren Projekts - ist viel Arbeit. Für mich sogar ein Vollzeitjob, der mir im Prinzip keine Freizeit mehr lässt. Und warum sollte es nicht auch möglich sein, mit dieser Arbeit sein Brot zu verdienen?

Selbst große Teams können nicht immer alles selbst programmieren: Die Enderal-Entwickler machen Laubwälder in Skyrim möglich, greifen aber dafür auf die Interface-Mod SkyUI zurück. Selbst große Teams können nicht immer alles selbst programmieren: Die Enderal-Entwickler machen Laubwälder in Skyrim möglich, greifen aber dafür auf die Interface-Mod SkyUI zurück.

Aber viele Aspekte des Deals hinterlassen im Moment noch einen bitteren Nachgeschmack: Der freie Tausch von Modding-Ressourcen untereinander hat die Szene immer beflügelt, und es ist nicht absehbar, welche Konsequenzen Paid-Mods darauf haben werden. »Flame-Wars«, community-interne Zerwürfnisse und sogar Rechtstreits könnten die Folge sein. Klar, das mag ein bisschen pessimistisch klingen, aber für ein Mod-Projekt sind solche Auseinandersetzungen pures Gift.

Und zu guter Letzt natürlich die große Frage: Ist der 75/25-Split wirklich fair, wenn man alle rechtlichen und finanziellen Risiken, die dabei für den Modder entstehen? Eines steht jedenfalls fest: Für Enderal bleibt der Fahrplan derselbe, wir beobachten jedoch genau, wie sich die Debatte weiterentwickelt. Ich bin gespannt.

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