Wenn jemand laut »Morrowind« sagt, seufzt garantiert ein anderer in der Nähe »Hach, das Wasser!«. Eines der optischen Herausstellungsmerkmale des dritten Teils der Elder-Scrolls-Reihe ist nämlich die (für damalige Verhältnisse) frappierend realistische Darstellung von feuchtem Nass. Bethesdas Programmierkünste, DirectX 8 und entsprechende Grafikkarten machen es 2002 möglich.
Aus heutiger Sicht wirkt das Morrowind-Wasser vielleicht eher wie riesige Quecksilberflecken, doch der Titel gilt unter Rollenspielern nicht wegen der hübschen Pfützen und Seen als sagenhaft, sondern wegen seiner ungeheuren Freiheit, seiner Landschaften, seiner Abwechslung und seiner Musik. Die berühmten Klänge von Jeremy Soule werden wir nicht hören, alles andere und noch mehr soll's aber wieder geben - wenn Skywind irgendwann mal fertig wird. Nur in schöner.
Denn bei Skywind handelt es sich um eine Mod der besonderen Art: Ein Team aus passionierten Hobbyentwicklern und einigen Profis hat es sich zur Aufgabe gemacht, das legendäre Morrowind mit der Technik des nicht minder legendären Skyrim neu aufzulegen. Daher auch der Name: Morrowind plus Skyrim gleich Skywind.
Wie es begann
The Elder Scrolls Renewal Project, so nennt sich das Mod-Team, das sich aus Mitgliedern aus allen Herren Ländern zusammensetzt. Um einen harten Kern von circa 20 bis 30 leidenschaftlichen Moddern scharen sich weitere, sodass die aktuelle Mannschaftsstärke etwa bei 100 liegt - mit einer Alterspanne von 16 bis 40 Jahren. Ein ehemaliges Teammitglied brachte es auch schon auf über stolze 70 Lenze. Diese 100 Freiwilligen teilen sich in Gruppen, in denen es beispielsweise um Animationen, Modelling, Musik oder die Vertonung geht. Denn während wir im Original nur hin und wieder Sprachausgabe hören, uns das meiste aber erlesen müssen, soll Skywind komplett in Englisch vertont werden.
Es fängt jedoch alles in einem weitaus überschaubareren Rahmen an, Skywind soll zu Beginn niemals die aktuellen Dimensionen annehmen, verrät uns Simon Madsen, der bei TES Renewal Project so ein bisschen für die PR verantwortlich ist. Zuerst ist da nämlich Morroblivion. Das ist - Sie haben es schon bemerkt - Morrowind auf Basis von Oblivion. Ermöglicht wird Morroblivion (das sich nach wie vor in Arbeit befindet, allerdings mit geringeren Ambitionen als Skywind) durch ein um 2008 herum entwickeltes Tool, das Daten, Modelle und Texturen von Morrowind in die Grafik von Oblivion übertragen kann.
The Elder Scrolls 5: Skyrim - Screenshots aus der Skywind-Mod ansehen
Als 2011 schließlich das deutlich hübschere Skyrim erscheint, wird der Ehrgeiz der Modder erst so richtig entfesselt. Man macht sich daran, Morrowind in die brandneue Himmelsrand-Optik zu konvertieren. Was indes nicht mehr ganz so einfach ist wie der Schritt zwischen Oblivion und Morrowind; denn wo Morrowind und Oblivion noch auf die Gamebryo Engine setzen, nutzt Skyrim mit der Creation Engine eine weiterentwickelte und komplexere Version. Deswegen fällt Simon Madsens Antwort auf unsere Frage nach der bisher größten Leistung des Mod-Teams auch relativ eindeutig aus: die Grafik.
Was brauchen wir für Skywind?
Um Skywind spielen zu können, brauchen wir in der Theorie nur Skyrim, in der Praxis allerdings wird's wohl so aussehen, dass wir obendrein auch noch Morrowind samt der Erweiterungen Tribunal und Bloodmoon benötigen. Einfach, damit die Mod rechtlich soweit abgesichert ist, dass Bethesda sie nicht am Ende stilllegt.
Kein eins zu eins
Wo wir in Morrowind also noch auf kahlem Boden stehen, flanieren wir in Skywind durch Gras. Wo wir in Morrowind zwischen glatten grauen Knubbeln laufen, bewegen wir uns in Skywind durch aufwändige Felsformationen. Wo im Bethesda-Original schon ein paar klobige Häuser eine Siedlung bilden, sehen wir in der Mod deutlich mehr Details: Wäsche hängt auf Leinen, Bänke laden zum Verweilen ein, auf Holzgestellen trocknen Fische. Sogar neue Gebäude wurden hinzugefügt. Und wo wir in Morrowind nur gefühlte fünf Meter weit schauen können, blicken wir in Skywind bis zum Horizont.
Wer sich die Bilder dieses Artikels anschaut, stellt fest, dass die Modder nicht einfach Landschaften aus Morrowind eins zu eins in die Skyrim-Optik übertragen, sondern sich die Mühe machen, die Areale, Gebäude, Objekte und Charaktere neu zu entwerfen und zu verfeinern - ohne dabei allerdings die Originale komplett über den Haufen zu werfen. Kenner des Originals sollen sich trotz all der Änderungen auch ohne Blick auf die Karte orientieren können.
Zum einen ist es der Ehrgeiz, der die Modder dabei antreibt, zum anderen will man sich so weit wie möglich rechtlich gegenüber Bethesda absichern. Würde man einfach Dinge eins zu eins übernehmen, wäre die Chance groß, dass der Morrowind-Eigentümer »Diebstahl!« schreit und Skywind stilllegt. Aktuell sieht es aber so aus, als würde Bethesda Skywind seinen Segen geben. Das Team darf inzwischen im Forum des Entwicklers Werbung für das Projekt machen beziehungsweise dort nach Mitarbeitern suchen.
Der Weg hinter der Erstellung von neuen Modellen ist der gleiche, den Berufsentwickler bei neuen Spielen nehmen: Zuerst werden in einer Konzeptphase Skizzen erstellt, dann erst wird die Szenerie in Spielegrafik umgesetzt, mit neuen Meshes (Polygonnetz zum Modellieren von Objekten) und Texturen, welche die Bethesda-Optik von Skyrim deutlich toppen.
Das lässt sich insbesondere an den in 4K-Auflösung aufgenommenen Screenshots gut erkennen. Damit die Teammitglieder, die sich mit Konzeptzeichnungen und finalen Grafiken auseinandersetzen, an einem Strang ziehen, arbeitet man mit Stylesheets, die etwa die Farbgebung bestimmter Regionen oder die Texturen von Objekten grob vorgeben.
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