Spannende, mystische Detektivgeschichte

Story Der Spieler schlüpft in die Haut von Paul Prospero, einem ziemlich zähen Hund von Detektiv, der sich im Red Creek Valley auf die Suche nach dem...

von Effkay am: 28.09.2014

Story

Der Spieler schlüpft in die Haut von Paul Prospero, einem ziemlich zähen Hund von Detektiv, der sich im Red Creek Valley auf die Suche nach dem verschwundenen Jungen Ethan Carter begibt. Die Geschichte beginnt in besagtem Valley, in dessen wilder Natur Paul Prospero nun umherstreift und die kargen Anzeichen von Zivilisation nach Hinweisen zum Verbleib des Kindes absucht. Schnell wird klar, dass sich etwas Grausames abgespielt haben muss, schon nach den ersten paar Minuten stolpert man bereits über die blutigen Anzeichen der Verbrechen, die hier geschehen sind. Im Laufe der Geschichte deckt man mehr und mehr Einzelheiten auf, die mit dem Verschwinden von Ethan zusammenhängen. Dabei ist die Story mit einer guten Prise Horror, einem umfangreichen Anteil an Mystik und natürlich mit ordentlich krimihafter Spannung gewürzt. Genaueres wird hier natürlich nicht verraten. Es bleibt zu sagen, dass The Vanishing of Ethan Carter eine sehr kurze Krimigeschichte ist. In zwei bis drei abendlichen Game-Sessions kann man das Spiel ohne Hast bewältigen. Das bietet kein Potential für endlose Stunden Spielspaß, aber es ist ein bündiges und fesselndes Spiel.

Gameplay

Einen besonderen Reiz bei dieser Spurensuche besteht in seinem zurückgenommenen Gameplay. Als abgebrühter Detektiv hat man schlicht und einfach keinerlei Hilfsmittel, außer seinem messerscharfen Verstand. Es gibt weder Inventar noch (Mini-)Map, die bei der Aufklärung dienlich sein könnten. Hilfe bei der Spurensuche gibt es aber dennoch. Wenn Paul Prospero ein Detail in der Umgebung findet, das ihm bemerkenswert oder verdächtig erscheint, sieht man seinen Brainstorm stichwortartig um das jeweilige Objekt herum aufflattern und erhält dadurch einen Clue. Als Beispiel sei hier vielleicht die Szene relativ zu Beginn genannt, die auch die Gamedesigner von The Astronauts in einem Gameplay-Trailer gezeigt haben; Paul Prospero findet eine verlassene Kleinlokomotive, auf der Spuren von Blut zu sehen sind. Schnell fällt dem Detektiv auf, dass die Kurbel (engl. Crank) zum Anwerfen des Motors fehlt. Es kreist das Wort „Crank?“ wild in der Luft herum und durch intuitives Herumfahren mit der Kamera merkt der Spieler schnell, dass ihm hier ein Fingerzeig gegeben wird, wo das Objekt sich befindet. Je näher man nämlich mit der Kameraperspektive in die richtige Richtung guckt, desto mehr fokussiert sich das Wort. Es ist ein wenig wie Topfschlagen – kälter, warm, heiiiiiß – BINGO! Als hätte Paul Prospero einen sechsten Sinn, öffnet sich dann auch noch eine Tür in eine zweite Realität und man sieht das gesuchte Objekt in der Umgebung liegen.

Dieser Einsatz von Paul Prosperos übernatürlichen Spürnasenfährigkeiten, die einem etwa das Rekonstruieren von Tathergängen oder das Aufspüren von gesuchten Gegenständen ermöglichen, bleiben gameplaymäßig allerdings die einzigen Höhepunkte. Ansonsten ist der Spieler eher ein interessierter Zuhörer und Beobachter von Pauls Detektivarbeit. Zwar bleibt es dem Spieler in der offenen (wenn auch nicht sehr großen) Welt sich selbst überlassen, wo er als erstes auf Spurensuche gehen möchte, aber wer große Handlungs- oder Entscheidungsfreiheit oder gar spannende Kämpfe erwartet, wird hier nicht auf seine Kosten kommen. Geradezu nervig allerdings sind die (glücklicherweise sehr selten!) eingestreuten Situationen, in denen der Spieler kleinere Puzzle-Rätsel à la „suche und finde“ oder „setze zusammen“ bewältigen muss. Zuviel kann hierzu allerdings nicht verraten werden, um die Story nicht heraus zu posaunen. Das ist aber auch absolut nicht das, was das Spiel ausmacht, denn es lebt von der spannenden Geschichte, einer großartigen Atmosphäre und einer wunderschönen und gelungenen Optik.

Grafik

Ein absoluter Hingucker des Spiels ist die Landschaft des Red Creek Valleys. Die mit Hilfe von Fotometrie erstellten Modelle konstruieren eine authentische Szenerie und die Entwickler holen aus der Unreal Engine 3 das möglichste an atmosphärischer Beleuchtung heraus. Das gelingt vor allem glänzend unter freiem Himmel, wo es lebendiges Licht und wunderschöne Weitsichten zu bestaunen gibt. Hier wird auch die Modellierung der Landschaft besonders detailliert.  Hier gibt es wenige Ausnahmen – manche Winkel sind wohl eher auf die Fernsicht ausgelegt und nicht dafür, dass der Spieler in sie hineinspaziert, tut er es aber doch, steht er manchmal vor flach wirkenden, kulissenhaften Papptexturen. Das ist aber die Seltenheit. Leider schwächelt die Gestaltung in den Szenen unter Tage etwas – zum einen ist die Landschaft hier nicht mehr so liebevoll und detailliert gestaltet, und logischerweise können hier auch kein natürliches Licht oder weite Blickrichtungen entstehen. Schön und stimmungsvoll ist das Spiel aber dennoch durchgängig, nur eben draußen noch mehr als drinnen.

Atmosphäre

Da Paul der Erzähler der Geschichte ist und das Geschehen retrospektiv kommentiert, bekommt der Spieler von Anfang an das Gefühl, eher ein lebendiger Zuhörer einer spannenden Detektivgeschichte zu sein, als tatsächlich der eigentliche Hauptakteur. Das ist aber okay, denn die Geschichte, die Paul Prospero hier erzählt, ist von Anfang an spannend und animiert dazu, das Gamepad (oder aber Maus und Tastatur) gar nicht mehr weg zu legen. Das Red Creek Valley, das sich um einen großen See herum erstreckt, charakterisiert sich durch seine gleichermaßen zauberhaft schöne wie auch beängstigende Erhabenheit der Natur. Zugegeben, die eingestreuten Grusel-Elemente wie uralte Friedhöfe, lange, düstere Minenschächte oder menschenverlassene Häuser sind vielleicht ein Hauch zu viel des Klischees, aber sie wirken im Erzählfluss dennoch fein nuanciert eingesetzt. Geschmacksache sind die mystischen Elemente, die vor allem das letzte Drittel der Handlung dominieren und sie manchmal wirklich ins Absurde steigern, wenn man beispielsweise auf die Suche nach modrigen Leichen geht, damit ihre Seelen einem beim Öffnen eines verschlossenen Portals helfen. Aber wieder gilt; es soll nicht zu viel verraten werden. Da man aber trotzdem an den messerscharfen Verstand des Erzählers glaubt, spornen einen diese mystischen Elemente eher dazu an, jetzt aber noch genauer hinzusehen und herauszufinden, was hier eigentlich passiert ist.

Die Erzählung durch Paul Prospero ist stimmlich gut inszeniert (gespielt in der englischen Fassung) und hat erfrischender Weise auch NUR die Funktion, die Geschichte zu kommentieren. Niemals verfällt der Erzähler in einen zaunpfahlschwenkenden Souffleur. Die Rekonstruktion der Geschehnisse erfolgt durch das Zusammensetzen von Indizien und das genaue Untersuchen der Schauplätze. Dabei soll gesagt sein, dass die dort aufgedeckten Geschehnisse für zart besaitete Spieler wohl nicht zu empfehlen sind; The Vanishing of Ethan Carter ist kreativ wenn es darum geht, sich verschiedenste Möglichkeiten einfallen zu lassen, wie sich Menschen gegenseitig den Garaus machen können.  Manchmal droht die Atmosphäre an der eigenen Orientierungslosigkeit zu zerbrechen – es entstehen Längen, wenn man einfach nicht weiß, was man eigentlich als nächstes machen soll und was man vielleicht übersehen hat. Es bleibt aber die Seltenheit.

 

Zusammenfassung

The Vanishing of Ethan Carter ist eine Detektivgeschichte mit Horror- und Mystikelementen zum Nachspielen und bietet dem Spieler ein paar Stunden spannender Unterhaltung in einer gelungen gestalteten, atmosphärischen Welt. Es ist eine phantasievolle und düstere Geschichte, die hier erzählt wird und es ist eindeutig empfehlenswert, sich darauf einzulassen. Es mag nicht jedem die verworrene, obskure Handlung gefallen, aber hier entschädigt ein überraschendes Ende. In der Kürze liegt die Würze! Viel Spaß beim Spielen von The Vanishing of Ethan Carter. 


Wertung
Pro und Kontra
  • +Grafisch schön und stimmungsvoll
  • +Gelungene Atmosphäre
  • +Interessante Erzählweise
  • -Kurzes Spiel ohne Wiederspielwert
  • -Platte Rätsel, die nicht recht in die Atmosphäre passen wollen

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 5, weniger als 10 Stunden



Kommentare(6)
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