Atmosphärisch besser als Gothic?

Weshalb hat The Witcher nur 73 Punkte erhalten? Und weshalb kann ich diese Wertung nachvollziehen, zeitgleich aber behaupten, das mir die Zeit mit Geralt mehr...

von - Gast - am: 04.04.2008

Weshalb hat The Witcher nur 73 Punkte erhalten? Und weshalb kann ich diese Wertung nachvollziehen, zeitgleich aber behaupten, das mir die Zeit mit Geralt mehr Vergnügen bereitet hat, als beispielsweise The Elder Scrolls 4: Oblivion mit seiner 90er Wertung?


Weshalb eine solch niedrige Bewertung?

Diese Frage muss man sich nicht lange stellen, schon recht schnell bemerkt man viele der von Gamestar angeprangerten Makel: Veraltete Grafik, störende Kameraführung, hakelige Steuerung, unsinnige Levelbegrenzungen, Zerstückelung der Gebiete durch Ladepausen beim Betreten von Gebäuden und Höhlen, geklonte Bevölkerung, ...

Es ist auch nicht so, als ob diese Fehler einfach im Spielfluss aufgehen würden und einem nicht länger auffallen - unzählige Male habe ich die Kameraführung umgestellt und bin von einer Perspektive zur Anderen gesprungen, um auch nur annährenden Überblick über den Kampf und meine Umgebung behalten zu können, ein Optimum konnte ich trotzdem nie erreichen.

Auch warum Geralt einerseits nicht mal an einem kleinen Busch vorbei-, einen sanften Hügel hinauf- oder einen winzigen Schritt von einem Steg hinunterkommt, aber in anderen Leveln brusthohe Kanalwände mit einem lässigen Satz überwindet, kann ich mir logisch nicht erschließen.

Besonders schlimm werden solche Makel, wenn sie auf den Spielspass drücken oder gar den Spielverlauf beeinflussen, indem sie den Spieler in seiner Erkundungsfreude einschränken, wie dies durch die unzähligen Ladepausen der Fall ist. Denn wer hat schon Lust, eine Stadt mit all ihren Gebäuden, Eigenheiten und Bewohnern zu erkunden, wenn er für jedes noch so kleine Gebäude, ja für jedes Stockwerk, nicht unerhebliche Ladepausen in Kauf nehmen muss. Hier artet das Spiel, welches mir doch eigentlich Vergnügen bereiten sollte in reine Fleißarbeit aus.

Genug gelästert!

Bevor ich alle Spieler abgeschreckt habe, natürlich nur, um The Witcher ganz für mich allein zu haben, will ich mich den Stärken des Spiels zuwenden:

Geralt bewegt sich durch eine grandios stimmige Welt, sie ist dreckig, vulgär, unheimlich, brutal und würde stinken, wenn Rechner bereits Gerüche übermitteln könnten. Doch nicht etwa zum Selbstzweck, sondern, weil sie so zur Geschichte passt. Geralt von Riva kann sich nicht in einer heiteren Welt voll eitlem Sonnenschein bewegen und auch wenn beispielsweise das Gebiet am See anfangs so wirken mag, so zeigen sich doch schnell die Risse in der Farbe und welche Wirklichkeit dahinter steckt.

Eine weitere große Stärke des Spiels liegt darin, das es den Spieler Entscheidungen treffen lässt und ihm im weiteren Verlauf die Folgen vor Augen führt, nicht etwa wie bei Star Wars: Knights of the Old Republic oder Fable, indem die Entscheidungen und Handlungen sofort nach gut oder böse bewertet werden und als Punkte auf einem Konto landen, nein, das Spiel verzichtet auf eine Wertung, dies ist auch nötig, den die Entscheidungen Geralts sind nicht schwarz oder weiß, sie sind grau: helfe ich den aufständischen Anderlingen (Elfen, Zwergen, etc.), deren Situation mich schon bitter an Antisemitismus denken lässt, oder stehe ich auf der Seite von Recht und Gesetzt, welches die Unterdrückung der Anderlinge erst zulässt? Oder versuche ich lieber, den Dingen seinen Lauf zu lassen, egal wer dabei zu Schaden kommt?

Unterstütze ich beispielsweise die Anderlinge, so merke ich erst im weiteren Spielverlauf, wie diese beginnen, Menschen zu ermorden und noch später als Streitmacht in die Hauptstadt einfallen.

Diese Art der Reaktion der gesamten Spielwelt macht einen Großteil der Atmosphäre aus. Viel machen aber auch die NPC´s (Non-Player-Character – Nicht vom menschlichen Spieler gesteuerte Charaktere) aus, selbst jene, welche keine eigene Rolle, keinen eigenen Namen haben. Hört man zum Beispiel aus einer Gruppe von Raufbolden aus einer Ecke des Gasthauses, wie einer zum anderen sagt: „Deine Mutter lutscht Zwergenschwänze“, so ist das sicher mit einer der Gründe, warum The Witcher keine Jugendfreigabe erhalten hat, man nimmt daran jedoch keinen Anstoß, den es passt einfach in die Situation.

Fazit

Geralt hat vor allem im technischen Bereich mit vielen Unzulänglichkeiten zu kämpfen, er ist nicht bequem zu spielen und streckenweise muss der Spieler einigen Fleiß mitbringen. Wer eine Grafikpracht wie Gothic III oder The Elder Scrolls 4: Oblivion haben möchte, der sollte die Finger von diesem Spiel lassen.

Wer aber schon mal Gothic, welchen Teil auch immer, gespielt und sich von diversen Bugs nicht um seinen Spielspass hat bringen lassen, der sollte mehr als nur einen Blick auf The Witcher riskieren, den zumindest bei mir hat die unglaublich stimmige Atmosphäre zu einem neuen Lieblingsrollenspiel geführt und somit kann ich zumindest für mich schreiben: dieses Spiel schlägt selbst Gothic I und damit auch alle anderen Gothic-Teile atmosphärisch um Längen.

Warum ich trotzdem nur eine 80er Wertung vergebe? Ich vergebe mehr Punkte als Gamestar, den ich denke, dass das Gamestar-Wertungssystem zu technik-lastig ist, aber ganz außer acht lassen kann ich die vielen kleinen Mängel dieses Spiels nicht, den wie genial hätte das Spiel werden können, gäbe es sie nicht?


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: schmutziger Lock passt perfekt
  • Sound: -
  • Balance: ausgewogener Schwierigkeitsgrad
  • Atmosphäre: perfekt zur Handlung passende Atmosphäre
  • Bedienung: -
  • Umfang: nichts ausergewöhnliches
  • Quests/Handlung: selten so stimmige Welt/Geschichte erlebt
  • Chraktersystem: ganz nett, nicht weltbewegendes
  • Kampfsystem: ganz nett, nicht weltbewegendes
  • Items: -
  • Grafik: altbackene Grafik
  • Sound: nicht weltbewegendes
  • Balance: -
  • Atmosphäre: -
  • Bedienung: unübersichtliche, unbequem
  • Umfang: -
  • Quests/Handlung: bücher sind noch nicht auf dt. erschienen
  • Chraktersystem: -
  • Kampfsystem: -
  • Items: zuwenig sinnvolle waffenvariationen

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 40, weniger als 100 Stunden



Kommentare(1)
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