Der womöglich älteste Rechenfehler der Welt passierte vor 5.000 Jahren und hat mit Bier zu tun

Forscher fanden eine Tontafel, die zeigt: Mathe fiel den Menschen auch 3.000 v. Chr. nicht immer leicht.

Beim Bierbrauen verrechnet? Wie peinlich! - vor allem, wenn der Fehler 5.000 Jahre später berühmt wird. (Quelle: stock.adobe.com - R MACKAY) Beim Bierbrauen verrechnet? Wie peinlich! - vor allem, wenn der Fehler 5.000 Jahre später berühmt wird. (Quelle: stock.adobe.com - R MACKAY)

Wie viele Liter Bier braut man aus 40 plus 570 plus 600 plus 2.700 Getreideschalen, wenn jede Schale zu 4,8 Litern Bier wird? Wenn eure Antwort nicht 18.288 Liter lautet – keine Sorge.

Seit über 5.000 Jahren verrechnen sich die Menschen regelmäßig. Diese Rechnung steht übrigens nicht auf einer fiesen Klausur – Forscher entdeckten sie auf einer Jahrtausende alten Tontafel, gemeinsam mit dem wohl bislang ältesten Rechenfehler der Welt.

Kuriose Geschichte: Lieferungstafel zeigt ältesten Rechenfehler der Welt

Wir verlassen Europa und reisen gedanklich zur mesopotamischen Stadt Uruk. So hieß der Ort, an dem die Tafel gefunden wurde. Zur räumlichen Einordnung: Sie liegt neben der irakischen Stadt Al-Warka.

So sieht es dort heute aus:

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Bei Ausgrabungen wurde in Uruk eine beschriftete Tontafel gefunden, die eine Art Lieferbestätigung für Gerste darstellt. Gerste wurde wie heute zum Bierbrauen genutzt und schien schon damals in großen Mengen verbraucht zu werden.

Lieferbestätigung vor 5.000 Jahren: Die eintreffende Gerste wurde in Form von Symbolen festgehalten. Ein Beispiel: Das Symbol einer Schale steht für ein Volumen von 4,8 Liter und bildet die kleinste Einheit. Das größte Symbol – ein halbes Ei mit Punkt - steht für insgesamt 9.000 solcher Schalen. Das entspricht einem Volumen von 43.200 Litern!

Um nicht den Überblick zu verlieren, verewigte man deshalb die jeweiligen Mengen auf einer Liste, die am Ende zusammengerechnet werden musste. Ein Job für Kopfrechenprofis.

Wie viel Braugerste ist es denn jetzt?

Die besagte Lieferbestätigung auf der Vorderseite der Tontafel ergibt zusammengezählt … mal überlegen ... 3.895 Schalen! Nein? Richtig – beziehungsweise falsch. Auf dieses Ergebnis kam nämlich der damalige Kopfrechnende.

Das richtige Ergebnis: Die korrekte Antwort wären 3.910 Schalen. Es fehlen also 15 Schalen (72 Liter) Gerste.

Ein Verdacht: In der Kolumne des Wissensmagazins Spektrum vermutet man neben einem simplen Rechenfehler auch die Möglichkeit eines eigennützigeren Ursprungs.

Vielleicht hat der Rechnende einfach eine kleine Menge für den Eigenbedarf unterschlagen. Ob Fehler oder Betrug: Wir werden es vermutlich nie herausfinden.

Wissenswert: Das erste Bier ähnelte unserem heutigen Bier übrigens überhaupt nicht. Es war trüb, lauwarm und süß – also eher wie flüssiger Brotteig mit geringem Alkoholgehalt.

Was müssen heutige Bierbrauer berechnen können?

Die Arbeit des Bierbrauens ist heutzutage nicht weniger mit Mathe verbunden - im Gegenteil. Die Anforderungen sind eine Wissenschaft für sich geworden:

Was früher eine simple Addition von Gerste war, ist heute ein komplexer Prozess. Heutzutage braut man ja gezielt eine bestimmte Biersorte und braucht dementsprechend auch ein komplexeres Mischverhältnis aus verschiedenen Malzsorten.

Das erzählt uns Herbert Schmitz im Telefongespräch. Er arbeitet als Mathe- und Physiklehrer und unterrichtet angehende Brauer beim Ausbildungsinstitut Doemens.

Wo vor hunderten Jahren auf gut Glück Wasser und Gerste zusammengemischt wurde, wird heute jedes Korn umgedreht und jeder Schritt genau geplant und berechnet. Ein paar Beispiele, was Braumeister heute alles berechnen können müssen:

  • Wie viel Malz muss ich verwenden?
  • Wie viel Hefe muss dazugegeben werden?
  • Welche Temperaturen braucht mein Bier (bis aufs Zehntelgrad)?
  • Wie lange darf das Bier in welchem Tank unter welchen Bedingungen gären?

Es wird also nichts dem Zufall überlassen. Genug Potenzial, um auch heute noch einige Fehler zu begehen. Einen entscheidenden Vorteil haben die Brauer im Jahr 2023 aber gegenüber dem Tonscheiben-System aus Mesopotamien 3.000 v. Chr. Sie verwenden mittlerweile Exceltabellen, welche punktgenau vorhersagen können, bei welchem Bier wie viel Malz mit wie viel Wasser vermischt werden muss.

Lesenswertes über KI und Tontafeln: Wir haben übrigens schon in der Vergangenheit über solche Tontafeln berichtet. Diese sind nach tausenden Jahren gar nicht mehr so leicht zu entziffern – zum Glück gibt es dafür mittlerweile künstliche Intelligenzen.

Was denkt ihr über den – zumindest bis jetzt - ältesten Rechenfehler der Menschheit? Seid ihr Kopfrechenprofis und könnt über so etwas nur schmunzeln? Oder glaubt ihr auch, dass der Rechner sich damals vor allem selbst ein paar kostenlose Liter abzapfen wollte? Hättet ihr gewusst, was so ein angehender, heutiger Braumeister alles rechnen muss? Schreibt uns eure Gedanken gerne in die Kommentare.

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