Ab 2024: Deutschland schickt Raketen von der Nordsee in den Weltraum

Es wäre eine Entwicklung mit viel Potential – aber birgt auch seine Gefahren.

Elon Musk landet seine Booster auf schwimmenden Plattformen - wir starten sie davon. So soll laut GOSA das schwimmende Launchpad-Schiff aussehen. (Grafik; Quelle: Pressekit GOSA) Elon Musk landet seine Booster auf schwimmenden Plattformen - wir starten sie davon. So soll laut GOSA das schwimmende Launchpad-Schiff aussehen. (Grafik; Quelle: Pressekit GOSA)

Kein Scherz: Anfang 2024 sollen Raketen vor der Küste Deutschlands starten. Im April sollen hier von einer schwimmenden Plattform Trägerraketen Satelliten ins All befördern. Dabei soll es sich um einen Machbarkeitstest handeln.

Die Rede ist von sogenannten Microlaunchern – Zwergraketen – welche schnell und günstig Lasten im Rahmen von meist wenigen bis einigen hundert Kilogramm gen Himmel schicken können. Damit soll der deutschen Wirtschaft aus dem Raketenengpass geholfen werden.

Warum braucht Deutschland laut der Industrie einen eigenen Weltraumhafen?

So sieht das Projekt in einer animierten Grafik aus. Vor der Küste Deutschlands werden den Plänen nach Raketen von einem Schiff, also einer schwimmenden Plattform, gestartet:

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Ein Deutscher Weltraumhafen? Das fordert der BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.) schon länger. Der Anwendungsbereich solcher Zwergsatelliten liegt beispielsweise beim Smart Farming und dem autonomen Fahren. Für die Entwicklung der Wirtschaft sind solche Raketenstarts zukunftsweisend. Das sagt zumindest Siegfried Russwurm vom BDI:

NewSpace, die Kommerzialisierung der Raumfahrt, ist ein Schlüssel für das Industrieland der Zukunft. Gerade für Teile der deutschen Industrie werden von Satelliten generierte und übermittelte Daten unabdingbar […].

Laut der GOSA (German Offshore Spaceport Alliance) soll der Bedarf an Kleinstsatelliten bis 2028 viermal so groß sein und stolze 86 Prozent aller Satellitenarten darstellen. Sabine Recke aus der GOSA-Geschäftsführung sagte dazu im Interview mit Deutsche Welle:

In diesem Jahrzehnt werden viermal mehr Satelliten gestartet als im vorherigen. Dies führt zu Engpässen bei den landbasierten Space-Ports.

Diese Lücke soll die Idee der schwimmenden Launch-Plattform also füllen – zumindest nach dem Wunsch der GOSA.

Alles rund um die Microlauncher

Neben SpaceX haben auch einige deutsche Startups erkannt, dass sich Raketentechnik in der Zukunft vielleicht auszahlen könnte. Drei davon sind beispielsweise Isar Aerospace, HyImpulse bei Heilbronn und die Rocket Factory aus Augsburg (RFA).

Ein X-Post (ehemals Twitter) der Rocket Factory zeigt übrigens, wie und in welcher Form solche Microlauncher Satelliten transportieren:

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Besonders spannend: Laut dem Wissensmagazin Spektrum setzen diese Startups dabei auf unterschiedliche Treibstoffarten. Flüssiger Wasserstoff ist als Raketentreibstoff schwer zu kontrollieren, weshalb der Trend zum Kohlenwasserstoff wie Methan hingeht. Darauf setzen Spektrum zufolge beispielsweise die Isar Aerospace und RFA.

HyImpulse setzt stattdessen auf Paraffin, einem leichter zu kontrollierenden Feststoff, den so mancher von euch vielleicht auch aus dem Spiel No Man's Sky kennt. Aber nicht nur beim Treibstoff werden konkurrenzfähige Methoden erforscht. Die RFA setzt beispielsweise auf ein Konzept für Triebwerke, das auch bei SpaceX eingesetzt wird und als ziemlich kompliziert gilt: die gestufte Verbrennung.

So viel tragen aktuelle Mircolauncher

Laut Spektrum besitzt die US-Konkurrenz bei Microlaunchern einen Vorsprung. 16 von 18 Starts der Electron-Rakete des US-Unternehmens Rocket Lab sollen so bereits erfolgreich gewesen sein.

Dabei kann die Electron laut dem Spektrum-Artikel nur 300 Kilogramm Ladung ins All schießen. HyImpulse schafft hier etwa 500 Kilogramm, Isar Aerospace 1000 Kilogramm. Die RFA-Rakete schafft nach eigenen Angaben sogar bis zu stolzen 1,3 Tonnen.

Das ist der Plan des deutschen Offshore-Launches 2024

Der Starttermin soll laut Heise im April 2024 liegen und eine zweiwöchige Demonstrationsmission beinhalten. Die geplanten Raketen sollen dabei in eine Höhe von maximal 50 Kilometern geschossen werden.

Bei diesen Tests sollen allerdings nicht Raketen der oben genannten Startups abheben. Mit am Start sind Copenhagen Suborbitals, T-Minus, Space Team Aachen (ein Studentenprojekt) und die Forschungsgemeinschaft Alternative Raumfahrt (FAR).

Weltraumschrott: Die Risiken kleiner Satelliten

Neben all den Vorteilen, welche solche Satelliten für die Wirtschaft und vielleicht auch unseren Alltag mitbringen, darf der Aspekt des Weltraummülls nicht aus den Augen gelassen werden. Was passiert mit all den Satelliten, die um die Erde kreisen? Wer ist dafür verantwortlich?

Laut einem MDR-Artikel aus dem Jahr 2021 kreisten schon damals über 6.000 Satelliten um die Erde, von denen etwas mehr als 3.000 noch funktionierten. Doch nicht nur das.

Insgesamt 128 Millionen Schrott-Teile zwischen einem Millimeter und einem Zentimeter, 900.000 Teile zwischen einem und 10 Zentimetern und 34.000 Teile über 10 Zentimeter schwirren ziellos um unseren Planeten - potenziell steigend.

Mit hoher Geschwindigkeit reicht auch die Kollision mit einem Kleinstteil aus, um Satelliten zu zerstören oder Raketenstarts zu gefährden. Daher ist es fraglich, ob es eine gute Idee ist, tausende Zwergsatelliten ins All zu schießen, die am Ende ihrer Lebensdauer potenziellen Weltraumschrott darstellen werden.

Ziemlich cool: Hier seht ihr, wie das DLR beispielsweise mit Bremssegeln Weltraumschrott minimieren will.

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Lebensspanne: Wie lange ein Satellit lebt, hängt von mehreren Faktoren ab. Zum einen bremst ein niedrigerer Orbit den Satelliten stärker ab und verkürzt so die Zeit zum Verglühen. Hier muss also öfters der Kurs korrigiert werden, bis dem Satelliten irgendwann der Sprit ausgeht. Zum anderen limitiert die Energie die Lebenszeit. Solarzellen nutzen sich auch im Weltall ab. Die siliziumbasierten Solarzellen der ISS zeigen nach 20 Jahren beispielsweise Anzeichen von Abnutzung.

Wenn größere Höhen erreicht werden, spricht man vom sogenannten geostationären Orbit. Dort halten sich Satelliten laut MDR durchschnittlich 12-15 Jahre. Vereinfacht gesagt: Je höher ein Satellit kreist, desto länger wird er dieser Bahn folgen.

Ausgediente Satelliten in noch größeren Höhe sinken kaum noch und sollen deshalb nach internationaler Regelung auf eine Friedhofsbahn geschickt werden. Sie liegt 300 km oberhalb der geostationären Umlaufbahn.

Neben einem großen Potenzial birgt diese Entwicklung also auch ein großes Risiko. Denn eine Weltraum-Müllabfuhr oder Ähnliches gibt es bisher nur in der Theorie:

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Lesenswert: Ihr liebt Weltraumthemen? Dann könnte euch dieser Planet interessieren – seine Oberflächenkonsistenz soll der – kein Witz - eines Weichkäses ähneln!

Was denkt ihr über die kleinen Satelliten und ein mögliches Launchpad vor der Küste Deutschlands? Ist diese Entwicklung sinnvoll, um weltweit konkurrenzfähig zu bleiben? Findet ihr die Technik hinter Raketen auch so spannend wie Autor Kevin? Macht ihr euch ebenfalls Gedanken, wer am Ende all den Weltraumschrott entsorgen wird? Falls ihr jetzt an Wall-E denkt - so etwas gibt es leider nur in der Theorie. Schreibt uns eure Gedanken zu gerne in die Kommentare und gebt uns Feedback, über welche weiteren Science-Themengebiete ihr gerne lesen würdet.

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