Ich habe fast alle VR-Brillen getestet, doch die Apple Vision Pro haut selbst mich aus den Socken

Von PlayStation VR 2 bis Meta Quest 2: Ich hatte alle VR-Brillen auf dem Kopf. Apples neue Vision Pro-Brille bringt aber selbst mich ins Staunen. Könnte das Mixed-Reality-Headset das iPhone ablösen?

Das beste was VR zu bieten hat? Findet es jetzt heraus. Das beste was VR zu bieten hat? Findet es jetzt heraus.

Die Katze ist aus dem Sack, Apple hat mit Vision Pro die eigene Vision eines Headsets für Mixed Reality präsentiert. Vor zehn Jahren, als ich mein Interesse für alternative Realitäten entdeckte, waren Abkürzungen wie MR oder XR noch unbekannt, die Oculus Rift DK1 entfachte erst einmal den Hype um VR.

Später machten Google Glass und Microsoft Hololens die Augmented Reality (AR) medien- aber nicht alltagstauglich. Nun also Extended oder Mixed Reality, einfach weil damit beides, AR und VR, gemeint ist.

Dennis Ziesecke
Dennis Ziesecke

Dennis Ziesecke schreibt als freier Autor für GameStar. Er ist seit zehn Jahren Fan von Virtual Reality, hat aber auch viele AR-Headsets wie Microsoft Hololens und Nreal Light testen können. Vielleicht ist ihm auch nur die reale Realität zu langweilig, mit Computergrafik angereichert ist schließlich viel mehr möglich. Eigentlich müsste er jetzt seine VR-Webseite VR-Legion.de in MR-Legion umbenennen - das klingt aber doof.

Mein erster Eindruck nach der Präsentation der Apple Vision Pro? Huch, Apple hat mein persönliches Pflichtenheft für MR-Headsets abgearbeitet!

Bisher war meine Laune nach dem Ausprobieren neuer AR-Brillen nämlich eher mies. Unausgereift, nicht bis zum Ende gedacht, technische Unzulänglichkeiten, das sorgt bei mir schon mal für Bluthochdruck. Besonders schlimm war es bei der Nreal Light, deren Hersteller bereits viele Dinge versucht hat, die Apple hier so locker-leicht mit Vision Pro vorgestellt hat.

Die AR-Brille Nreal Light ist deutlich weniger klobig als Apple Vision Pro, das Nutzungserlebnis ist allerdings eher durchwachsen. Die AR-Brille Nreal Light ist deutlich weniger klobig als Apple Vision Pro, das Nutzungserlebnis ist allerdings eher durchwachsen.

Sorry, Apple Vision Pro ist (vorerst) nichts für Gamer

Spacial Computing, also seine Arbeits- und Unterhaltungsscreens einfach virtuell im echten Raum um sich anordnen und beliebig in Größe und Platzierung ändern können, ist schon lange ein heißer Tipp auf the next big thing. Wäre da nur nicht die unbrauchbare Umsetzung bisher.

Helft ihr mir kurz, diesen Elefanten aus dem Raum zu schubsen? Auch wenns weh tut: Für uns Gamer ist Vision Pro nicht gedacht. Eine spätere, massentauglichere und vor allem günstigere Version wird sicherlich auch uns Zockende glücklich machen. Aber wer jetzt 3.499 US-Dollar investiert um per Fingertracking Rec Room zu spielen oder sich ein virtuelles Schachfeld auf den Wohnzimmertisch zu stellen, ist eher kein Durchschnittsgamer.

Für Gamer wird vorerst die Meta Quest 3 sinnvoller sein - sie beherrscht Mixed Reality zwar nicht ansatzweise so gut wie Vision Pro, kostet aber nur einen Bruchteil davon. Für Gamer wird vorerst die Meta Quest 3 sinnvoller sein - sie beherrscht Mixed Reality zwar nicht ansatzweise so gut wie Vision Pro, kostet aber nur einen Bruchteil davon.

Dazu kommt, dass Apple konsequent auf Controller verzichtet. Stattdessen kommen Gesten, Sprache und Augenbewegungen zum Einsatz. Das kann bei korrekter Umsetzung per Hard- und Software bei den von Apple gezeigten Einsatzbereich perfekt funktionieren. Bei Games fehlt aber erfahrungsgemäß die Haptik.

Es gibt natürlich Spielkonzepte, die trotzdem funktionieren und es werden sich unter Garantie genug Entwickler darauf stürzen, neue Konzepte zu erfinden. Genauso wie zu Zeiten von Nokia-Handys auch niemand daran glaubte, dass Spiele durch Wischen auf einem Display Spaß bringen können.

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Und apropos RecRoom: Das schon seit langem für VR-Headsets kostenlos erhältliche Programm tauchte in Apples Präsentation tatsächlich unter den Apps der Vision-Pro-Bedienoberfläche auf.

Apple Vision Pro: The next big thing oder Apple Pippin 2.0?

Auch wenn meine Katze den Namen Pippin trägt, beziehe ich mich ausnahmsweise nicht auf die Fellnase sondern auf Apples frühen Versuch einer Spielkonsole namens Pippin aus dem Jahre 1995. Habt ihr nie gehört? Genau.

Nicht einmal wir bei Gamestar haben einen Test oder gar ein Video zu Apples Pippin, schaut stattdessen diese Alternative wenn euch die Flop-Konsole interessiert:

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Allerdings spricht einiges dagegen, dass Apples Vision Pro das gleiche Schicksal ereilt wie der Pippin-Konsole. Da ist beispielsweise der bewusst hoch angesetzte Preis von Vision Pro. Apple hat hier nur wenige preisbedingte Kompromisse zugelassen. Wie AR-Kompromisse aussehen, habe ich selbst bei Hololens oder Nreal Light gesehen, das wollt ihr nicht.

Ein derart hoher Preis senkt auch die Erwartungen an die bei Release verkauften Gerätemengen. Apple will hier nicht bei Erscheinen den Markt erobern sondern scheint eine langfristigere Strategie zu fahren. Eventuell auch, weil Vision Pro noch unter Beschränkungen aktueller Hardware leidet und erst Nachfolgemodelle tatsächlich massentauglich gestaltet werden können.

Die wohl teuerste Skibrille der Welt oder der nächste große Technologiesprung? Apple Vision Pro polarisiert, bekommt aber auch viel Zuspruch von Branchenbeobachtern. Die wohl teuerste Skibrille der Welt oder der nächste große Technologiesprung? Apple Vision Pro polarisiert, bekommt aber auch viel Zuspruch von Branchenbeobachtern.

Warum zwingt mich Apple eine Skibrille zu tragen wenn ich AR will?

Eines ist Vision Pro nämlich nicht: unauffällig. Das Headset wirkt wie eine Skibrille und ist auch für modisch sonst eher schmerzbefreite Nutzer sicherlich kein Gadget für Club- oder Konzertbesuch. Zumal Apple sonst eher eine auf Style bedachte Zielgruppe anspricht. Eine in Zukunft erscheinende Revision der Vision Pro dürfte deutlich weniger groß und störend im Gesicht prangen.

Auch das erste iPhone war noch nicht das Smartphone für die Massen, beispielsweise fehlte der Store komplett. Und trotzdem war schon das erste iPhone ein Gamechanger und etablierte alleine mit seiner Existenz die Produktklasse der Smartphones und ließ über Nacht klassische Mobiltelefone alt aussehen.

Mit dem iPhone 3 GS gelang dem iPhone der Sprung in den Massenmarkt aber schon das erste iPhone hatte Auswirkungen auf den Markt für Mobiltelefone. Mit dem iPhone 3 GS gelang dem iPhone der Sprung in den Massenmarkt aber schon das erste iPhone hatte Auswirkungen auf den Markt für Mobiltelefone.

Vision Pro hat genau das bei seiner Präsentation mit allen bisher erschienenen AR-Headsets gemacht. Bedienkonzept und Technik von Vision Pro klingen überlegen und erste Hands-On-Berichte von Kollegen, die in Cuptertino bereits eigene Erfahrungen damit sammeln konnten wirken, sehr positiv.

In einem Punkt ist Vision Pro weniger ambitioniert

Die einst strenge Trennung zwischen AR und VR ist zu Mixed Reality (MR) übergegangen und das ist auch aus technischen Gründen erfolgt. Im Grund ist ein MR-Headset wie Apple Vision Pro eine VR-Brille mit Durchsichtmodus, der über Kameras realisiert wird.

Das war für die Entwickler früherer AR-Brillen wie Google Glass oder Microsoft Hololens nicht möglich, da Kameras und Displays aber auch die Rechenleistung handlicher Prozessoren nicht ausreichten, das in guter Qualität zu realisieren. Die Durchsicht bei AR mitsamt winziger Anzeigedisplays, die die Hälfte vom AR-Bildinhalt abschnitten, war daher technisch vorgegeben.

Microsoft Hololens setzt auf echte Durchsicht, dafür ist die Anzeige der AR-Inhalte aber auf eine kleines Fensterchen begrenzt und sie wirken optisch wie die Video-Hologramme von R2D2. Microsoft Hololens setzt auf echte Durchsicht, dafür ist die Anzeige der AR-Inhalte aber auf eine kleines Fensterchen begrenzt und sie wirken optisch wie die Video-Hologramme von R2D2.

Auch Meta Quest 2 experimentiert mit einem MR-Modus, bei dem die äußeren Kameras die Umgebung ins Headset holen und mit computergenerierten Inhalten anreichern. Allerdings mit eher zweifelhafter Auflösung, nur in schwarz-weiß und 2D. Quest Pro macht es zwar schon besser, sonderlich klar ist das Durchsicht-Bild trotzdem nicht, Verzögerungen sind spürbar und perspektivische Fehler normal.

Apple hat einen großen Hardwareaufwand betrieben

Vision Pro setzt auf Kameras, die für diesen Modus gedacht sind und kombiniert sie mit einem Lidar-Sensor für Tiefeninformationen und damit perspektivisch korrektes 3D. Die hohe Rechenleistung des M2-Prozessors und die Unterstützung durch einen ebenfalls speziell für diesen Zweck entwickelten Zusatzprozessor ermöglichen jetzt aber eine realitätsgetreue Durchsicht und damit volle AR-Funktionalität.

Unzählige Sensoren, Kameras und dazu viel Rechenleistung sollen die Außenwelt in die Brille holen und um Computerinhalte erweitern. Unzählige Sensoren, Kameras und dazu viel Rechenleistung sollen die Außenwelt in die Brille holen und um Computerinhalte erweitern.

Auch der Verzicht auf Controller scheint mir sehr sinnvoll zu sein. Vision Pro ist dafür gedacht, auch Notebooks wie das MacBook Air, Maus, Tastatur und Touchdisplays bei der Nutzung bedienen zu können. Dafür immer einen Controller weglegen zu müssen um ihn dann bei der nächsten Eingabe im Headset wieder zu greifen stört da nur.

Generell wirkt das Konzept der Apple Vision Pro auf mich durchdacht, auch bei Detailfragen. Apple scheint einen größeren Plan mit dem Headset zu verfolgen - trotzdem oder gerade deswegen würde ich keinem neugierigen Privatnutzer zum Kauf raten. Mit dem ersten iPhone ließ sich auch noch nicht so viel anfangen wie mit späteren Modellen.

Das Headset ist eine Wette auf die Zukunft. Der Einsatz ist nach vielen teuren Entwicklungsjahren kein geringer aber wenn Apple hier nicht nur aufs richtige Pferd setzt sondern Vision Pro mutig weiterentwickelt und massentauglicher gestaltet, könnte die Wette gelingen. Denn wo Smartphones mit zunehmendem Erfolg größer wurden, müssen Brillen wie Vision Pro erst einmal schrumpfen.

Wie seht ihr es, könnte dem spatial computing die Zukunft gehören oder empfindet ihr Vision Pro als teuren Flopp?

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