Gehypte Gaming-Hardware: Die größte Stärke des ROG Ally ist gleichzeitig auch seine größte Schwäche

Der Steam-Deck-Konkurrent ROG Ally von Asus ist erschienen. Der Hype darum war im Vorfeld groß, aber wie gut ist das Gaming-Handheld in der Praxis wirklich?

Meiner Erfahrung nach hat das ROG Ally von Asus viel Licht, aber auch Schatten zu bieten. Meiner Erfahrung nach hat das ROG Ally von Asus viel Licht, aber auch Schatten zu bieten.

Heute, am 13. Juni 2023 ist es endlich so weit: Das ROG Ally von Asus kommt zu einem Preis von 799 Euro auf den Markt. Vereinfacht gesagt handelt es sich um einen modernen Game Boy, also um ein tragbares Gerät samt Bildschirm und Bedienelementen, mit dem ihr überall Zocken könnt. Aber lohnt sich der Kauf?

Falls ihr nicht zu denjenigen gehört, die das ROG Ally in freudiger Erwartung längst vorbestellt haben (und es möglicherweise bereits in den Händen halten), will ich euch mit diesem Erfahrungsbericht in bewusst kompakter Form zu den wichtigsten Stärken und Schwächen bei der Kaufentscheidung helfen.

So viel sei schon jetzt verraten: Das ROG Ally macht in meinen Augen vieles, aber längst nicht alles richtig. Ihr müsst euch also auf gewisse Abstriche einstellen. Wie schwer sie wiegen, hängt ganz von euch und euren individuellen Vorlieben und Ansprüchen ab. Beginnen wir mit der Habenseite.

Vorab noch zwei kurze Hinweise: Alle wichtigen technischen Eckdaten findet ihr am Ende des Artikels in der Tabelle vor dem Fazit. Wie gut der große Konkurrent in Form des Steam Decks von Valve ist, verrät euch außerdem der unser passender Test:

Steam Deck im Test: Diese Hardware sollte jeder PC-Spieler ausprobiert haben

Das macht das ROG Ally gut

Das Gesamtkonzept

Es ist einfach verdammt cool, einen ziemlich flotten, kompakten PC in den Händen zu halten, der kleiner ist als so manche Grafikkarte und der (fast) alles mitbringt, was man braucht - vom Monitor über die Bedienelemente bis hin zu den Anschlüssen.

Die Performance

Klar, RTX-4090-Leistung kann man auf so kleinem Raum nicht erwarten. Aber das ROG Ally schafft es beim Akkubetrieb immerhin, sogar ein Schwergewicht wie Hogwarts Legacy in Full HD meist ausreichend flüssig mit etwa 30 bis 40 FPS darzustellen, wenn die Settings stimmen (mittlere Details, Raytracing aus, FSR Ausbalanciert). Und in 720p zu spielen ist auch stets eine valide Option bei einem derart kleinen Display.

Das rot markierte Performance-Overlay könnt ihr jederzeit per Armoury-Crate-Software aktivieren. Das rot markierte Performance-Overlay könnt ihr jederzeit per Armoury-Crate-Software aktivieren.

Die Lautstärke

Ohne ein gewisses Lüftergeräusch geht es bei so kompakter Hardware nicht, spätestens wenn ihr zockt. Die Lüfter im ROG Ally stören mich aber weder bei niedrigeren Drehzahlen beim Surfen (ca. 2.000 RPM) noch bei deutlich höheren Drehzahlen beim Zocken (teils über 5.500 RPM). Das haben sie primär ihrem nicht so hochfrequenten Laufgeräusch zu verdanken.

Die Lautsprecher

Platz für bemerkenswert guten Klang bietet das Gehäuse von Asus neuem Gaming-Handheld nicht, der Sound der kleinen Lautsprecher ist aber dennoch überraschend ordentlich.

Wenn man keine Kopfhörer nutzen will und niemanden um sich herum stört, kann man damit meinem Eindruck jedenfalls durchaus gut spielen.

Die Software

Wir schließen diese kurze Übersicht mit dem Punkt ab, der mich beim ROG Ally sowohl am meisten erfreut als auch ärgert. Gemeint ist die Kombination aus einem vollwertigen Windows 11 und der Asus-Software Armoury Crate.

Dank gewohnter Windows-Umgebung kann ich alles so einrichten und steuern, wie ich es von meinem Desktop-PC gewohnt bin. Und die Asus-Software bietet viele praktische Einstellungsmöglichkeiten, die Dank überall per Tastendruck aufrufbarer Overlays schnell erreicht sind. Doch das große Aber folgt im nächsten Abschnitt.

Dass auf dem neuen Gaming-Handheld von Asus Windows läuft, ist seine größte Starke und Schwäche zugleich. Dass auf dem neuen Gaming-Handheld von Asus Windows läuft, ist seine größte Starke und Schwäche zugleich.

Das macht das ROG Ally nicht so gut

Die Software

So sehr ich auch an Windows gewöhnt bin, so wenig prädestiniert ist das Betriebssystem für ein Gerät wie das ROG Ally. Es ist zwar möglich, Windows 11 auch ohne Maus und Tastatur zu steuern.

Aber bei dem Einrichten von Spiele-Clients, dem Eingeben von Passwörtern und dem Anpassen von Windows-Einstellungen bin ich immer wieder genervt und frustriert. Sei es durch die lästige Bildschirmtastatur, durch frimmelige Mauseingaben per Touchscreen und Analog-Stick oder durch zu kleine Bedienelemente.

Daran ändert auch die zwar hilfreiche, aber wenig übersichtlich gestaltete Asus-Software wenig, zumal sie ständig aktualisiert werden will.

Die Akkulaufzeit

Spielt ihr anspruchsvolle Titel im Turbo-Modus für ausreichend Leistung, streicht der Akku des ROG Ally bereits nach etwa einer Stunde die Segel.

Er lässt sich zwar flott aufladen und mit angeschlossenem Stromkabel steigt die Leistung nochmal an. Ihr müsst euch aber darauf einstellen, nicht allzu lange am Stück ohne Stromversorgung mit dem Gaming-Handheld spielen zu können.

Bei anspruchslosen Indie-Titeln sieht es etwas besser aus, aber auch hier ist gerne nach weniger als fünf Stunden Schluss.

Die Anschlüsse

Es gibt einen USB-C-Anschluss, einen SD-Karten-Slot, einen Kopfhörer-Anschluss und den proprietären XG-Mobile-Port zum Anschließen einer externen Grafikkarte - das wars.

Wenigstens ein weiterer USB-Anschlüsse hätte es gerne sein dürfen, um zumindest auf Wunsch problemlos Maus und Tastatur gleichzeitig anschließen zu können.

Das ROG Ally hat auch aufgrund des Platzmangels nur vergleichsweise wenige Anschlüsse parat. Das ROG Ally hat auch aufgrund des Platzmangels nur vergleichsweise wenige Anschlüsse parat.

Alles außer Gaming

Ich weiß, ich weiß, es handelt sich um ein Gaming-Handheld. Aber es wäre doch trotzdem cool, mit dem ROG Ally sowohl gut zocken als auch surfen und arbeiten zu können.

Letzteres wird mir aber gleich durch mehrere Faktoren erschwert: Die fehlende Tastatur, das vergleichsweise hohe Gewicht und die alles Andere als optimale Darstellung von Windows auf einem so kleinem Bildschirm.

Die vielen Kleinigkeiten im Alltag

Das ROG Ally wirkt insgesamt noch nicht ganz ausgereift, was sich auch an Beispielen wie diesen zeigt:

  • Da bewegt sich manchmal die rechte Schultertaste mit einem leichten Geräusch, obwohl mein Finger nur aufliegt (unter Windows dient sie als linke Maustaste).
  • Der Mauszeiger verschwindet und taucht nicht wieder auf, wenn ich Steam bedienen will.
  • Die Idee mit dem Fingerabdrucksensor im Power-Button ist zwar gut, aber die Taste nur recht krampfig erreichbar.
  • Die schwachen Vibrationsmotoren erzeugen eher ein nerviges Geräusch als ein sattes Feedback.

Asus ROG Ally: Die wichtigsten technischen Daten

ROG AllySteam Deck
ProzessorAMD Ryzen Z1 Extreme (Zen 4, 8C/16T)AMD APU (Zen 2, 4C/8T)
GrafikeinheitAMD Radeon Graphics (RDNA 3, bis zu 8,6 Teraflops)AMD Van Gogh (RDNA 2, bis zu 1,6 Teraflops)
Display7 Zoll (IPS, 1920x1080, 120 Hertz)7 Zoll (IPS, 1280x800, 60 Hertz)
Arbeitsspeicher16,0 GByte LPDDR516,0 GByte LPDDR5
Speicherplatz512 GBytebis zu 512 GByte
AnschlüsseUSB-C, Klinkenanschluss, SD-Karten-Slot, Asus XG Mobile InterfaceUSB-C, Klinkenanschluss, micro-SD-Slot
VerbindungWLAN (802.11a/​b/​g/​n/​ac/​ax), Bluetooth 5.2WLAN (802.11a/​b/​g/​n/​ac/​ax), Bluetooth 5.0
Abmessungen
(B x H x T)
28 x 11,1 x 3,24 cm 29,8 x 11,7 x 4,9 cm
Gewicht608 Gramm669 Gramm

Fazit der Redaktion: Lohnt sich das Asus ROG Ally?

Nils Raettig
@nraettig

Auch wenn mich das ROG Ally durchaus viele Nerven gekostet hat, überwiegen für mich am Ende die positiven Aspekte. Ich liebe es, mal eben so einen (fast) vollwertigen und gut verarbeiteten Windows-PC in meine Hände nehmen zu können, auf dem ich praktisch alles Zocken kann, was ich will.

Als Silent-Fanatiker freue ich mich dabei besonders darüber, dass die mehr als ordentliche Performance nicht durch unüberhörbar nervige Lüfter getrübt wird, ganz im Gegenteil. Und je länger ihr das ROG Ally nutzt, desto besser kommt ihr mit der sicher alles andere als optimalen Windows-Erfahrung darauf zurecht.

Die Software ist damit in meinen Augen sowohl die größte Stärke als auch die größte Schwäche des ROG Ally. Einerseits bietet sie mir maximale Flexibilität und alle Einstellungsmöglichkeiten, die man sich nur wünschen kann. Andererseits ist sie sperrig und weit von einer Plug-and-Play-Erfahrung entfernt.

Ein klarer Minuspunkt ist die geringe Akkulaufzeit des ROG Ally. Da ich persönlich es eher im Bett als unterwegs nutze, komme ich damit aber durchaus gut zurecht. Beim Handling müsst ihr gleichzeitig den recht schmalen Formfaktor und das Gewicht von über 600 Gramm bedenken. Eine dauerhaft bequeme Position zu finden, ist da gar nicht so einfach.

Bleibt noch das wichtige Thema der Kosten. Ein Preis von etwa 800 Euro geht für mich grade so noch in Ordnung, auch wenn ich durchaus Sparpotenzial sehe. Ein Full-HD-Display mit 120 Hertz braucht es in meinen Augen bei so einem Gerät beispielsweise nicht. Gleiches gilt für die RGB-Beleuchtung.

Wichtige Verbesserungen für einen Nachfolger sehe ich außerdem in puncto Anschlüsse - gebt mir mehr davon! - und mit Blick auf die besagte Akkulaufzeit. Insgesamt macht Asus aber auch mit der ersten Version des ROG Ally trotz der genannten Ärgernisse meiner Meinung nach viel richtig.

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