Wie die Technik das Herz des Kinos zerstört: Avatar 2 hat bombastische CGI, aber was sonst?

Regisseur-Legende James Cameron hat es wieder getan: Er hat die Messlatte für Technik in Filmen erneut höher gelegt - und das unter Wasser.

Quelle: South Park Studios20th Century Fox Quelle: South Park Studios/20th Century Fox

Seit 2009 hat Avatar - Aufbruch nach Pandora fast 3 Milliarden Dollar im Kino generiert, Weltrekord. Vor 14 Jahren lockte vor allem das revolutionäre 3D die Leute in die Lichtspielhäuser. Klar, dass sich seitdem viel getan hat - und Cameron hat bei Avatar 2 wieder die technischen Muskeln spielen lassen.

Wasser: Feind von CGI

Unterwasser Filme drehen ist eine Herausforderung. Von den offensichtlichen Hürden abgesehen (Wasser und Technik vertragen sich nicht so gut), sind es vor allem Kleinigkeiten, die das Drehen im kühlen Nass bisher unmöglich gemacht haben.

Motion Capture macht’s möglich

Via Motion Capture werden Bewegungen von Menschen an Computer übertragen. Die Schauspieler tragen Anzüge mit Lichtpunkten, sodass ihre Bewegungen aufgezeichnet werden können. So sind etwa Jar Jar Binks 1998 in Star Wars Episode 1 - Eine Dunkle Bedrohung oder Gollum in der Der Herr der Ringe-Trilogie entstanden.

CGI wird endlich anerkannt

Bis vor wenigen Jahren waren schauspielerische Performances, die via Motion Capture auf den Bildschirm gebannt wurden, nicht als solche anerkannt worden. Andy Serkis, der Gollum in Der Herr der Ringe spielte, trieb die Technologie maßgeblich mit seiner Planet der Affen-Trilogie der 2010er Jahre voran. Mittlerweile wird anerkannt, dass die schauspielerische Leistung immer noch beim Menschen liegt. Bitte gebt Andy Serkis endlich seinen Oscar!

Klingt zunächst, als könnte man das auch unter Wasser nutzen, richtig? Leider falsch, denn Lichtreflektionen und -brechungen haben das Aufzeichnen unmöglich gemacht. Die Bewegungen der Schauspieler waren nicht flüssig.

Cameron hat sich festgebissen und so lange an der Technik gewerkelt, bis es schließlich funktioniert hat - weshalb Avatar: Way of the Water auch so viele Jahre auf sich warten ließ.  Auch zum Leidwesen der Schauspieler, die lernen mussten, minutenlang die Luft anzuhalten.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Nicht nur ist das Licht wesentlich natürlicher, auch die Bewegungen sind realistischer. Bei Aquaman mit Jason Momoa etwa, wo vor Green Screen und mit an Seilen hängenden Schauspielern gedreht wurde, merkt man einen klaren Realismusabfall.

Quellen: 20th Century Fox, Warner Bros.

Wann sieht CGI gut aus? 

Computergenerierte Bilder sehen immer dann gut aus, wenn sie sich in Szenen einfügen. Sprich: Ein natürlich gedrehter Shot wird durch Einzelheiten bereichert. Dadurch fällt den meisten Zuschauern gar nicht auf, dass CGI verwendet wurde.

Dennis Villeneuve hat sich bei Dune (2021) entschieden, in Jordanien und den Vereinigten Arabischen Emiraten zu drehen, um die Wüstenlandschaft möglichst realistisch darzustellen. Wieso?

Quelle: Everett Quelle: Everett

Simple Antwort: natürliche Lichtverhältnisse. Licht realistisch berechnen ist verdammt schwierig, ganz besonders, wenn echte Menschen und echte Sets verwendet werden. Villeneuve hat also immer dann die Kameras laufen lassen, wenn das Tageslicht so war, wie er es für Dune gebraucht hat.

Das dürfte auch ein Grund gewesen sein, wieso Cameron lieber unter echtem Wasser gedreht hat. Klar kann man Licht stilistisch und artistisch unterbringen (Lichtverhältnisse in Videospielen sind seit Jahren hervorragend), aber nur, wenn das gesamte Bild aus dem Computer stammt.

Mad Max: Fury Road schrieb sich 2015 auf die Fahne, mit handgemachter Action zu punkten. Dennoch kamen in 2.000 von 2.700 Shots CGI zum Einsatz. Wieso wirkt das nicht so? 

Die Stunts mit Mensch und Auto wurden immer noch von Hand gemacht. Sie sind nicht am Computer entstanden. Mad Max: Fury Road hat seine Szenen lediglich mit CGI angereichert, wie durch das Hinzufügen von Explosionen oder einem Staubsturm. Beispiel gefällig?

Anstatt hunderte von Komparsen anzuheuern, hat Regisseur George Miller Menschenmassen per Rechner hinzufügen lassen:

Quelle: Warner Bros., fxguide.com

Man wollte die Autos natürlich auch nicht durch einen echten Canyon jagen; viel zu gefährlich. Auch der stammt aus dem Computer:

Quelle: Warner Bros., fxguide.com

Wird CGI schlechter?

Eine klare Antwort: Nein. Die Technik entwickelt sich stets weiter. Rein technisch betrachtet wird CGI seit Jahrzehnten besser - und zwar so gut, dass Filmstudios sie für alles hernehmen, selbst, wenn man sie nicht braucht. Regisseur Christopher Nolan hat eine eindeutige Meinung dazu.

"Filme mit visuellen Effekten verfolgen für gewöhnlich eines von zwei Zielen. Das eine besteht darin, dem Publikum vorzugaukeln, dass es etwas sieht, das unter normalen Umständen nicht möglich ist, und so versuche ich es zu nutzen. Das andere ist, das Publikum mit der Menge an Geld zu beeindrucken, die für das Spektakel der visuellen Effekte ausgegeben wurde, und daran habe ich kein Interesse."

Quelle: Freethink.com

CGI wird also auch dazu genutzt, um in einer romantischen Komödie künstlich die Straßen zu füllen oder die Abenddämmerung besonders dramatisch aussehen zu lassen. 

Im Falle von Terminator: Dark Fate wurden selbst die Actionszenen so stark am Computer bearbeitet, dass sie sich nicht mehr echt angefühlt haben. Cameron, der in Terminator 2 - Tag der Abrechnung seinerzeit noch mit einem Helikopter unter einer Autobahnbrücke durchgeflogen ist, blutete sicher das Herz.

Überdosis CGI

Wir leben in einer Welt, in der in Filmen sehr viel am Rechner gemacht wird. Sets oder mechanische Puppen bauen, Miniaturen zimmern oder tausende Statisten anheuern ist nicht mehr. Nirgends hat man das deutlicher gemerkt als von der Der Herr der Ringe-Trilogie zu den Der Hobbit-Filmen.

Auch das Jurassic Park-Franchise blieb nicht davon verschont.

Steven Spielberg hat sich 1993 dazu entschieden, bewusst CGI einzusetzen, obwohl die Technik noch nicht reif war. Doch warum ist Jurassic Park so gut gealtert? Weil Spielberg sie genutzt hat, seinen mechanischen Dinopuppen Leben einzuhauchen.

In Jurassic World von 2015 hingegen sind alle Dinosaurier und viel der Umgebung mit einer Software entstanden - und das wirkt sich einfach aus:

Quelle: Universal

Ein Visual-Effects-Team auf YouTube hat sich dem T-Rex aus Jurassic Park übrigens angenommen, und dieselbe Szene mit moderner CGI nachgestellt. Das Ergebnis ist verblüffend (oder auch nicht).

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Warum haben viele Filmliebhaber CGI satt? Weil sie Spektakel zum einen zu einfach macht, und zum anderen wirken Szenen - trotz echter Schauspieler - mehr wie ein Hochglanz-Cartoon. Wenn die Figuren durch Motion Capture auch noch verfremdet sind, dann fehlt vielen Zuschauern einfach der subtile Bezug zur Realität.

Quelle: DisneyMarvel Quelle: Disney/Marvel

Aber in Games funktioniert es doch auch!

Der Grund ist relativ banal: Videospiele waren noch nie realistisch. Filme und Spiele bewegen sich auf derselben Skala aufeinander zu: Kino wird immer künstlicher, während Games versuchen, realistischer zu werden.

Es ist gut, dass Spiele niemals hyperrealistisch aussehen! Auch, wenn wir das zu Far Cry 1-Zeiten alle geglaubt haben. Wir erwarten in Games keine echten Menschen. Diese unsichtbare Mauer, die durch CGI geschaffen wird, hilft uns sogar. Zu viel Realismus könnte Videospiele unangenehm machen, weil es sich nicht mehr gamig oder fremd genug anfühlt.

Sind wir übersättigt?

Vermutlich. Hollywood hat in den letzten Jahrzehnten immer mehr auf Spektakel gesetzt - und das zurecht. Auf der fetten Kinoleinwand wollen wir ein Erlebnis. Filme bestehen allerdings aus mehr als die Summe ihrer computergenerierten Bilder. Die Luft nach oben wird verdammt dünn und wir Zuschauer haben mittlerweile einfach genug gesehen. Uns hebt es nicht mehr aus den Sitzen bei der nächsten Schlacht aus dem Computer.

Videospiele und Fernsehen gehen nicht erst seit gestern Hand in Hand. Dass eine Adaption wirklich gut funktionieren kann, hat HBO mit The Last of Us bestätigt - auch mit richtigem Einsatz von CGI und Kostümen/Make-up.

Meinung des Autors

Maxe Schwind

Mit CGI kann man mich persönlich nicht ins Kino locken. Ja, ein Marvel-Film sieht bombastisch aus, und ich weiß zu schätzen, was mit der Technik heute alles möglich ist, aber ich bin satt.

Schlimmer noch: Dadurch dass jede Autotür und jeder Kaffeebecher aus dem Computer kommen, wirkt alles weniger körperlich. Gerade bei Monstern in Horrorfilmen merkt man das besonders. Gute alte Animatronics, Kostüme und Make-up gehen einen viel weiteren Weg!

Blockbuster nutzen immer wieder den CGI-Bombast als Storytelling. Wenn die Helden am Ende nicht gegen eine Monstrosität aus dem Computer kämpfen, sind viele nicht befriedigt. Schreibt lieber mal bessere Drehbücher, dann kaufe ich auch wieder gerne Kinotickets.

Ihr wollt weitere Filmthemen zum Schmökern? Versucht es doch mal hiermit:

CGI wird auch weiterhin in Kinofilmen dominant bleiben. Stört ihr euch eigentlich daran? Wünscht ihr euch die “guten, alten Zeiten” zurück, als der Xenomorph nicht mehr war als ein großer Mann in einem Kostüm? Oder seid ihr womöglich CGI-Liebhaber, denen der Bombast nicht weit genug gehen kann? Diskutiert gerne mit uns in den Kommentaren!

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