Auch wenn die Strompreise wieder sinken: Der Schock über die im vergangenen Jahr explosionsartig gestiegenen Energiekosten wirkt immer noch nach und immer mehr Menschen entscheiden sich für die eigene Stromerzeugung mittels Sonnenkraft.
Nicht zuletzt auch wegen der stark gesunkenen Preise, bei denen auch die für 2023 ausgesetzte Mehrwertsteuer für alles was mit Photovoltaik zu tun hat (sogar Akkuspeicher) mit hineinspielt.
Was ist ein Balkonkraftwerk?
Bei einem Balkonkraftwerk handelt es sich um eine vergleichsweise günstige und einfach zu errichtende Mini-Solaranlage. Ein oder mehrere Solarpanele erzeugen Strom, den ein Micro-Wechselrichter direkt über eine Steckdose ins Haus-Stromnetz einspeist.
Erlaubt sind aktuell maximal 600 Watt Einspeiseleistung, die Panels können und sollten diesen Wert aber übersteigen. So lässt sich auch bei schlechtem Wetter der Ertrag optimieren.
Preislich liegen dank in diesem Jahr wegfallender Mehrwertsteuer die Preise für eine 600-Watt-Anlage bei etwa 400-600 Euro.
Da lassen sich die beiden großen Discounterketten Aldi und Lidl nicht lange bitten: Die Handelsketten verkaufen schon lange Elektronik und nun eben auch Balkonsolaranlagen. Supermarkt-PCs haben ja oft einen eher zweifelhaften Ruf, doch gilt das auch für Solaranlagen?
Die Balkonkraftwerke von Aldi und Lidl analysieren wir für euch auf Basis der technischen Daten, da wir sie nicht zum Testen vorliegen haben. Ein System, vergleichbar mit dem aus dem Netto-Angebot, ist beim Autoren bereits seit fast einem Jahr im Einsatz.
Wie gut ist das Balkonkraftwerk von Aldi?
In Onlineshop des Discounters Aldi findet sich ein Balkonkraftwerk von der Firma Solovoltaik zu einem Preis von 469 Euro. Es wird als 600 Watt Plug&Play Balkon-Kraftwerk beworben, dieser Wert bezieht sich aber auf die maximale Einspeisemenge des Wechselrichters.
Die beiden mitgelieferten Solarmodule hingegen liefern nur jeweils 175 Watt, zusammen also 350 Watt als Peakwert. Angeschlossen wird es mit einem handelsüblichen Schuko-Stecker, so dass kein Elektriker kommen und eine neue Steckdose verlegen muss.
Die zwei Module sind mit 116x77 cm recht handlich und eignen sich daher gut für kleinere Balkone. Der beiliegende Wechselrichter von NEP ist solide und bietet eine Überwachungsfunktion per WLAN, mit 600 Watt ist er auch bei einem Upgrade der Solarpanels noch ausreichend.
Der Haken beim Aldi-Balkonkraftwerk ist aber seine für 469 Euro Anschaffungskosten recht überschaubare Leistung von maximal 350 Watt, bedingt durch die beiden kleinen Panels. Zum Vergleich: Üblicherweise werden 600-Watt-Balkonkraftwerke mit zwei Panels mit jeweils 400 und mehr Watt ausgeliefert. Wenn ihr wisst, dass ihr eh nicht mehr verbraucht, können die 350 Watt zwar bequem reichen.
Mit 469 Euro liegt das Aldi Balkonkraftwerk auf dem Preisniveau deutlich leistungsstärkerer Anlagen, deren Panels auch im Winter noch nennenswerte Strommengen erzeugen können. Das berühmte Discounterschnäppchen ist das Angebot von Aldi und Solovoltaik daher nicht.
Wie gut ist der Solar-Preistipp von Lidl?
Bei Lidl gibt es ein deutlich günstigeres System von der Hausmarke Parkside. Das PBKW 300 A1 Smart
ist auf 300 Watt Wechselrichterleistung begrenzt und wird mit nur einem 150-Watt-Solarmodul geliefert. Ein zweites lässt sich aber noch anschließen. Der Preis liegt bei 219 Euro.
Auch hier zeigt sich, dass eher preisbewusste Nutzer mit wenig Platz auf oder am Balkon angesprochen werden sollen. Das Solarmodul dürfte handlich ausfallen, leider macht Lidl keine Angaben zu den Abmessungen. Pluspunkt: Befestigungsmaterial für Balkongeländer oder Zäune wird mitgeliefert.
Wie beim Aldi-Set gilt, dass der PV-Ertrag bei Bewölkung und in der dunkleren Jahreszeit auf überschaubare Mengen einbrechen wird. Ein zweites Panel wäre hilfreich. Allerdings fängt hier der niedrige Preis die geringe Leistung etwas wieder auf. Unser Tipp: Wählt gleich das Angebot mit zwei Panels.
Aber auch das Lidl-Balkonkraftwerk hat einen Haken: Es wird nicht mit einem Schuko-Stecker ausgeliefert sondern mit einem speziellen Einspeisestecker und einer Einspeisesteckdose. Diese muss aber zwingend ein Elektriker installieren, was die Kosten für das Set indirekt hochtreibt. Einstecken und loslegen ist hier nicht möglich.
Nutzer, die einen genaueren Blick auf den Wechselrichter geworfen haben, warnen zudem vor eventuell fehlenden Schutzschaltungen - hätte Lidl das Set mit einem Schuko-Stecker ausgeliefert, wäre das also eventuell schon aus Sicherheitsgründen keine gute Idee gewesen. Doch auch wenn wir diesen Punkt ignorieren, würden wir vom Kauf trotz des augenscheinlich niedrigen Preises abraten - die Folgekosten erscheinen uns zu hoch, wenn ihr nicht selbst ausgebildete Elektriker seid.
Und was kann das Balkonkraftwerk von Netto?
Auch der Discounter Netto bietet Balkonkraftwerke an, mitunter sogar mehrere verschiedene. Wir betrachten hier das Produkt von Juskys mit 600 Watt, das Netto für 499,99 Euro verkauft.
Dieses besteht aus zwei Solarpanels des Herstellers Risen mit je 410 Watt Peak-Leistung in den für starre Glasmodule üblichen Abmessungen - ihr braucht also recht viel Platz, etwa 1,70 Meter mal 1,10 Meter misst jedes Panel. Befestigungs- oder Aufständerungsmaterial müsst ihr euch selbst besorgen.
Das Juskys-Set hat einen nicht zu unterschätzenden Vorteil: Der Händler gibt den Hersteller des Wechselrichters direkt an. Es handelt sich um den bewährten Deye Sun-M80G3 mit WLAN-Überwachung und maximal 600 Watt. Diese sind zwar für ihr etwas zickiges WLAN bekannt, arbeiten ansonsten aber zuverlässig und bieten alle wichtigen Schutzschaltungen.
Netto legt zudem ein Schuko-Anschlusskabel bei, so dass das Set direkt angeschlossen werden kann. Bis auf die Halterung braucht ihr also nichts mehr kaufen.
Nicht jeder hat Bedarf an gleich maximal 600 Watt und auch den Platz für die beiden großen Module muss man erst einmal freischaffen. Sind diese Voraussetzungen aber gegeben, bietet dieses Balkonkraftwerk das beste Preis-Leistungs-Verhältnis der drei hier behandelten Discount-Systeme. Nur wenig teurer als das System von Aldi bietet es beinahe die doppelte Leistung.
Eine Top-Alternative:
Worauf ihr beim Kauf eines Balkonkraftwerkes achten müsst
Ein Balkonkraftwerk besteht, ganz wie ein Gaming-PC, aus einzelnen Komponenten. Ein paar Firmen haben sich mit Komplettangeboten einen Namen gemacht, zuletzt beispielsweise Anker mit dem Solix-System. Wie bei Komplett-PCs gibt es aber oft mehr fürs Geld, wenn ihr selbst baut. Oder zumindest wisst, worauf ihr achten müsst und wie die Preise einzuordnen sind.
Achtet bei Angeboten von Balkonkraftwerken zuerst einmal auf die Modul- und Wechselrichterleistung. 600 Watt beim Wechselrichter sind aktuell erlaubt, noch in diesem Jahr könnte das auf 800 Watt angehoben werden. Macht euch aber nicht verrückt deswegen, mit einem 600-Watt-Balkonkraftwerk macht ihr wenig falsch. Die meisten Haushalte schaffen es nicht einmal, tagsüber eine Grundlast von 800 Watt zu erreichen und verschenken den Überschuss dann.
Bekannte Marken für hochwertige Wechselrichter wären beispielsweise Hoymiles und Dye. Gibt der Händler die Marke des Wechselrichters im Angebot an, erspart ihr euch unschöne Überraschungen mit qualitativ minderwertigen Noname-Produkten. Das kann auch ein Sicherheitsfaktor sein, jüngst wurde erst vor minderwertigen Modellen gewarnt - diese dürfen zwar hierzulande eigentlich gar nicht verkauft werden, wir wissen aber alle, dass das einige Marktplatzhändler bei eBay oder Amazon nicht interessiert.
Bei den Solarmodulen gibt es seltener Herstellerangaben, bekannt für gute Produkte sind aber beispielsweise Longhi, Mayer Burger (im Hochpreissegment), Trina, JA-Solar, Bluesun oder Canadian Solar. Die Module sollten etwas mehr Leistung bringen als der Wechselrichter einspeisen kann, um auch bei schlechten Wetterverhältnissen einen Puffer zu haben.
Besonders preiswerte Angebote ohne Angaben zu beiliegenden Kabeln, dem Hersteller des Wechselrichters und der Module würden wir lieber ignorieren. Preislich ist aber auch mit Markenware durchaus auch etwas ab 399 Euro zu bekommen, für unter 500 Euro solltet ihr fast immer fündig werden. Beachtet aber die teils hohen Versandkosten aufgrund der sperrigen Solarmodule.
Eine weitere Gemeinsamkeit mit dem PC-Basteln: Ihr könnt euch euer Balkonkraftwerk auch selbst zusammenstellen. Ein Hoymiles HM-600 Wechselrichter für zwei Panels und 600 Watt kostet ca. 140 Euro, das Modell mit 800 Watt kostet 30-40 Euro mehr. Bei den Panels solltet ihr in den örtlichen Angeboten der Kleinanzeigenportale schauen - Abholen spart den teuren Versand.
Dann sind Preise ab 110 Euro für 400 Watt Glasmodule durchaus machbar, hochwertige Panels oder auch Module im beliebten Full-Black-Stil gibt es ab ca. 160 Euro das Stück. Fehlt nur noch das Anschlusskabel zur Steckdose, das es für unter 20 Euro gibt - ihr seid hier also insgesamt für unter 400 Euro dabei und habt auch keine anderen Bauteile als sie euch ein Händler bündelt.
Ein wenig flexibler seid ihr aber: Wollt ihr lieber einen später per Update auf 800 Watt freischaltbaren Wechselrichter, der sich zudem um Batteriespeicher für die Nacht erweitern lässt, investiert ihr den Aufpreis zu einem Ecoflow Powerstream als Wechselrichter und habt auch gleich eine stabile WLAN-Überwachung mit dabei. Oder ihr wählt leichte und flexibel montierbare (aber teurere) Solarmodule aus dem Campingbereich - so eine Solaranlage kann sehr individuell sein.
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