Blackberry-Film zeigt, wie das iPhone mit dem Tasten-Handy den Boden aufgewischt hat - Nah am Realismus vorbei

Lügen, Betrug und Intrigen im Biopic »Blackberry - Klick einer Generation«. Wie realistisch ist der Film?

Handys mit Tastaturen, erinnert ihr euch? Also, herkömmliche Tastaturen, wie wir sie am PC benutzen.

Das war früher das ausschlaggebende Feature des Blackberry - einem Handy, das bis in die Mitte der 2000er-Jahre eines der beliebtesten Handys weltweit war. Doch dann kam Apple und alles änderte sich. 

Heute erscheint der Film »Blackberry - Klick einer Generation« zum Leihen auf diversen Plattformen wie Amazon Prime oder AppleTV und erzählt die Geschichte vom rasanten Aufstieg zu dem Business-Handy schlechthin, bis hin zum katastrophalen Sturz des Mobile-Riesen durch das iPhone. 

Der Film zeigt, warum das Blackberry so erfolgreich wurde und wie es dann schlagartig vom Markt verschwand. Regisseur Matt Johnson hat sich einige kreative Freiheiten genommen, um aus der wahren Geschichte um Blackberry einen spannenden Spielfilm zu machen.

Hier seht ihr den Trailer zum Film:

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Blackberry - Klick einer Generation

Worum geht’s? In »Blackberry - Klick einer Generation« geht es um die Firma Research in Motion (RIM), also dem Unternehmen hinter den Blackberry-Geräten. Dabei orientiert sich der Film lose an der Buchvorlage »Losing the Signal: The Untold Story Behind the Extraordinary Rise and Spectacular Fall of Blackberry« von Jacquie McNish und Sean Silcoff.

Genauer gesagt geht es um die RIM-Gründer Mike Lazaridis (Jay Baruchel) und Douglas Fregin (Regisseur Matt Johnson) und den ehemaligen RIM-CEO Jim Balsillie (Glenn Howerton). 

Der meist übellaunige, aber geschäftserfahrene Balsillie sieht im Jahr 1996 keine andere Möglichkeit, als sich RIM anzuschließen, nachdem er aus seiner vorherigen Firma gefeuert wurde. Der Grund dafür: unangebrachtes und beinahe asoziales Verhalten gegenüber Kollegen. 

Die beiden Hauptfiguren: Mike Lazaridis (links) und Jim Balsillie (rechts). (Bild: Paramount) Die beiden Hauptfiguren: Mike Lazaridis (links) und Jim Balsillie (rechts). (Bild: Paramount)

RIM steckte damals allerdings noch in den Kinderschuhen und die Gründer Mike und Doug haben wenig Ahnung von Business, kennen sich dafür allerdings sehr gut mit Technik aus.

Es kommt, wie es kommen muss: Die Technik-Profis schließen sich mit dem Geschäftsmann zusammen und müssen mit den cholerischen Tendenzen von Balsillie zurechtkommen. Der bringt RIM zwar mehrfach in Gefahr, sorgt aber auch für ihren riesigen Erfolg.

So entsteht eine zeitweise ziemlich spannende Dramödie mit der ein oder anderen Intrige, die es versteht, die Gründe für den Erfolg und das Versagen von RIM interessant darzustellen. 

Doch einige Dinge sind auch frei erfunden. 

Nah an der Realität und doch so weit entfernt

Das stellt der Film gut dar: »Blackberry - Klick einer Generation« macht eine Sache besonders gut. Er zeigt die wichtigsten Momente in der Geschichte von RIM und dem Blackberry. Wenn ihr den Film schaut, werdet ihr anschließend ungefähr wissen, warum Blackberrys so erfolgreich waren und was zum Sturz des Giganten geführt hat.

Das erste Blackberry (850) war zum Beispiel ein Pager, der auch E-Mails abrufen und versenden konnte. Das war damals eine wahre Revolution. Zusammen mit der vollständigen QWERTY-Tastatur wurde Blackberry schon bald zu einem der beliebtesten Geräte für Geschäftsleute und Politiker.

Doch im Jahr 2003 kam es noch besser für RIM: Die Ingenieure rund um Mike Lazaridis und Doug Fregin haben als erstes Nachrichten übers Internet verschickt. Damals waren Beträge von 10 bis 20 Cent pro SMS üblich, aber zwischen Blackberry-Nutzern waren die Nachrichten kostenlos. Ihr könnt euch vorstellen, was das für Leute hieß, die viel Nachrichten verschickt haben: Blackberry wurde zum Pflichtkauf.

Und dann kam das iPhone. Im Jahr 2007 dräute eine Katastrophe für RIM. Apple stellte das iPhone vor und bot damit Handy, E-Mail und Internet in einem Gerät. Außerdem hatte es einen für damalige Verhältnisse neuartigen Touchscreen und eine fast verdoppelte Displaygröße im Vergleich zum Blackberry. 

Der moment indem Mike Lazaridis (mitte links) und Doug Fregin (mitte rechts) sehen, was das iPhone kann. (Bild: Paramount) Der moment indem Mike Lazaridis (mitte links) und Doug Fregin (mitte rechts) sehen, was das iPhone kann. (Bild: Paramount)

Damit hat sich das iPhone bei vielen Verbrauchern durchgesetzt. RIM hingegen hat das iPhone und die Gefahr, die für sie davon ausging, nicht begriffen. 

Zum Erfolg des iPhones gehörten damals auch Apps von Drittanbietern, auf die Blackberry komplett verzichtet hat. Jim Balsillie hat im Jahr 2010 eine Aussage getroffen, die perfekt zeigt, wie RIM das iPhone unterschätzt hat:

»There may be 300,000 apps for the iPhone and iPad, but the only app you really need is the browser.« 

- The Guardian

Fun Fact: Zu seinen Hochzeiten hatte Blackberry rund 45 Prozent Marktanteil in den USA und 20 Prozent Marktanteil weltweit.

Blackberry-Film: Das ist frei erfunden

In Filmen, auch in Biopics, wird gerne mal eine dramatische Wendung oder ein spannender Handlungsstrang hinzugefügt, um eine reale Geschichte tauglich für die Leinwand zu machen, denn wahre Begebenheiten haben selten einen ausgefeilten Spannungsbogen.

So auch im Blackberry-Film: Viele Fakten und Handlungsstränge sind frei erfunden oder einfach inkorrekt.

Ein Mann weiß es am besten: Auf dem YouTube-Channel »Matthias random Stuff« spricht der ehemalige RIM-Mitarbeiter Matthias Wandel über den Film und wie akkurat er ist. Er hat laut eigenen Angaben von 1993 bis 2007 bei RIM gearbeitet und wurde vom Regisseur gefragt, ob er einen Audiokommentar für die Blu-Ray aufnimmt.

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In seinem Video sagt er ausdrücklich, dass er nach dem ersten Mal anschauen nicht viel von dem Film hielt:

»So waren diese Jungs nicht, so war Jim nicht, so war Doug nicht, so war Mike nicht.«

Er betont aber auch, dass es trotzdem ein »ziemlich guter Film« sei und Jim tatsächlich mal lauter werden konnte. Doch so extrem war es wohl nie.

Jim Balsillie selbst sagte dazu in einem Interview aus dem letzten Jahr: 

»Der allgemeine Konsens ist, dass es zu fünf Prozent stimmt und zu 95 Prozent erfunden ist«

Neben den Persönlichkeiten der Gründer und des CEOs gab es allerdings noch einige Ungereimtheiten mehr im Film.

Palm versucht RIM zu übernehmen. Palm, eine Firma, die früher den PDA (Personal Digital Assistant) Palm Pilot entwickelte, will RIM im Film kaufen. Das ist so angeblich nie passiert, da Palm nie das passende Kleingeld hatte. 

RIM überarbeitet das Netzwerk. Im Film bauen die Techniker von RIM in das Netzwerk, in dem sie agieren, ohne das Wissen des Netzbetreibers komplett um. Beim Gedanken daran lacht der ehemalige Mitarbeiter und meint nur:

»Als ob das möglich wäre.«

Zum YouTube-video geht's hier lang:

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Jim ist der Boss. Im Film ist die Rollenverteilung klar. Jim Balsillie ist der CEO und Mitgründer Mike Lazaridis ist »nur« Co-CEO und hat recht wenig zu sagen. Doch auch das stimmt nicht ganz. In Wirklichkeit waren die beiden ebenbürtige Partner. Einer kannte sich mehr mit Technik aus, der andere mit Wirtschaft.

Mike ist schüchtern und unsicher. Im Film wird Mike Lazaridis als ruhiger, zurückhaltender und sozial eher unfähiger Charakter dargestellt. Doch laut dem ehemaligen Mitarbeiter war das Gegenteil der Fall. Er war der Motivator im Team und konnte andere Menschen angeblich leicht von seinen Ideen überzeugen.

Doug Fregin. Der Mitgründer von RIM ist im Film eine Art Comic Relief, schlägt also witzige Sprüche in ernsten Situationen und ist mehr die Seele des Teams, die für Spaß und familiäre Stimmung sorgen will. Doch laut dem Channel »Matthias Random Stuff« hat dieser Charakter überhaupt nichts mit dem echten Doug Fregin zu tun. Nur der Name sei der gleiche.

Fazit der Redaktion

Jan Stahnke

Ich hatte ehrlich gesagt nicht viel von »Bleckberry - Klick einer Generation« erwartet. Das liegt wahrscheinlich hauptsächlich an meiner generellen Skepsis gegenüber Biopics, die sich für meinen Geschmack öfter mal etwas zu viel Freiheiten nehmen, wenn ich bedenke, dass dadurch Erinnerungen an reale Personen verfälscht, und Fakten mit Fiktion vertauscht werden könnten.

Doch ich bin positiv überrascht.

»Blackberry - Klick einer Generation« ist eine gelungene und streckenweise fesselnde Dramödie, die das Rad zwar nicht neu erfindet, aber durchaus gut dazu dienen kann, einen freien Sonntagnachmittag zu füllen. 

Der Film hat meinen Anspruch auf jeden Fall in dem Sinne erfüllt, dass er die wichtigsten Eckpunkte der Geschichte von RIM und Blackberry gut darstellt. Dass dabei einiges an Fantasie zum Einsatz gekommen ist, gehört zwar zu der oben genannten Schwäche von Biopics, doch lässt sich bis zu einem gewissen Grad wohl nicht vermeiden und hat mich in diesem Fall eher weniger gestört. 

Dennoch solltet ihr beachten, dass der grobe Zeitablauf und die Gründe für Erfolge und Misserfolge zwar recht nah an der Realität sind, hier aber dennoch viel Hollywood-Vorstellungskraft mitwirkt. 

Das Highlight des Films ist definitiv Glenn Howerton in seiner Rolle als Jim Balsillie. Sein Charakter ist zwar alles andere als sympathisch, doch wenn er auf der Leinwand zu sehen ist, wird einem sicher nicht langweilig.

Trotzdem hätte ich mir vielleicht etwas mehr Comedy gewünscht. Denn daran fehlt es diesem Film, der als Dramödie vermarktet wird. Hier wäre mehr Bildschirmzeit für Doug Fregin wohl gut gewesen, denn sein Charakter ist der einzige in diesem Film, der für leichtere Stimmung sorgt.

Trotzdem kann ich ihn jedem empfehlen, der Lust auf ein spannendes Biopic mit 90er und 2000er-Stimmung hat oder sich für die Geschichte von Blackberry interessiert. Auch Apple-Fans könnten sich über den prominenten Auftritt des iPhones freuen.

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