Was tun im Falle eines großangelegten Cyberangriffs auf die Infrastruktur Europas? In Zeiten, in denen digitaler Kriegsführung immer mehr Bedeutung zugesprochen wird und diese längst Teil regelmäßig beschworener Bedrohungsszenarien ist, müsse diese Frage diskutiert werden.
Das zumindest findet der Chef der Konzernsicherheit der Deutschen Telekom. In einem Interview schildert er die seiner Meinung nach bestehenden Probleme und hält auch Lösungen parat: »Digitale Grenzkontrollen« sollten in Betracht gezogen werden.
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Zentrale Lage Europas ein Problem
»In Europa gibt es im Falle eines Angriffs aus Asien oder Amerika keine Möglichkeit, uns und unsere Infrastruktur abzuschirmen«, wird Thomas Tschersich von Euroactiv zitiert.
Demnach ist die zentrale Lage des Kontinents das Hauptproblem. Europa sei mit allen vernetzt und niemand wisse, wie man diese Verbindung unterbrechen kann, ohne dabei die gesamte Netzinfrastruktur lahmzulegen.
Der Sicherheitsexperte unterfüttert seine Argumentation mit einem Beispiel: In den USA gebe es nur 11 Verbindungspunkte zum globalen Internet, die im Falle eines Angriffs gekappt werden könnten, ohne das innere Netzwerk der Vereinigten Staaten außer Gefecht zu setzen.
Tschersich betont aber auch, dass es ihm nicht darum gehe, den Zugang zu Diensten zu unterbinden:
"Ich spreche davon, massive Angriffe von außerhalb Europas zu blockieren, mit denen versucht wird, uns zu schaden."
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2017 sei bei Cyberangriffen auf die Ukraine die Wirtschaft des Landes »zwei Tage mehr oder weniger« zum Erliegen gekommen, weil ein entsprechender Schutz gefehlt habe.
In solchen Fälle könnte die »digitale Grenzkontrolle« zum Einsatz kommen. Feindliche ausländische Zugänge würden blockiert, während das interne Netz intakt bliebe. Allerdings müssten somit auch externe Verbindungen blockiert werden, ein Preis der sich laut Tschersich aber lohnen würde.
NGO: »Rechtsmittel bereits verfügbar«
Der Vorschlag stößt jedoch bereits auf Widerstand. »Das Internet auch nur teilweise abzuschalten, sollte niemals das standardmäßige politische Instrument sein«, erklärte Guillermo Beltrà von der Bürgerrechtsorganisation Access Now gegenüber Euroactiv.
Die EU solle stattdessen auf eine bessere Koordinierung zwischen den nationalen Informationssicherheits- und Katastrophenschutzbehörden drängen. Mitgliedstaaten sollten zudem bereits verfügbare Rechtsinstrumente wie die Richtlinie zur Netzwerksicherheit nutzen.
Ein Gesetz, das dem Vorschlag Tschersichs sehr nahe kommt, verabschiedete die russische Duma erst im Mai 2019. Dabei werden von russischen Internet-Service-Providern (ISPs) die technischen Voraussetzungen verlangt, sich auf Anweisung komplett vom Netz außerhalb Russlands abzukapseln.
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