Ich teste regelmäßig Bürostühle und weiß, worauf es bei einem ergonomischen Stuhl wirklich ankommt. In diesem Kontext rümpfe ich eigentlich bei der bloßen Bezeichnung „Gaming-Stuhl“ schon meine Nase – zu viele Kunstleder-Schalensitze da draußen werben mit diesem Begriff und haben in puncto Ergonomie nicht viel zu bieten. Ein neuer Player auf dem Markt für Bürostühle möchte mich jetzt eines Besseren belehren.
Erfahrt, was der neue Refine von Fractal Design auf dem Sitzpolster hat und ob er der erste Gaming-Stuhl wird, den ich wirklich und bedingungslos weiterempfehlen kann.
Jetzt selbst vom Fractal Design Refine Gaming-Stuhl überzeugenFractal Design erforscht neue Gebiete: Vom PC-Case zum Gaming-Stuhl
Die Marke Fractal Design ist mir nicht nur ein Begriff, sondern grundsympathisch. Die Designsprache der PC-Gehäuse sagt mir seit einiger Zeit sogar so zu, dass eines praktisch schon fest steht: Mein nächster Gaming-PC entsteht im Fractal Design Terra.
Den neuen Gaming-Stuhl der Schweden fand ich schon bei seiner Enthüllung auf der Computex 2024 wirklich ansprechend. Dieser Eindruck hat sich auch in meinem eigenen Büro nicht gewandelt.
Der Refine ist für mich der schönste Gaming-Stuhl und einer der schönsten Bürostühle auf dem Markt.
Schönheit und minimalistisches Design machen einen Bürostuhl aber noch lange nicht zur Empfehlung. Lasst uns also der Frage auf den Grund gehen, ob dieser Gaming-Stuhl auch aus ergonomischer Hinsicht viel Schönes zu bieten hat.
Der neue Büro- und Gaming-Stuhl von Kopf bis Fuß
Ich möchte den Refine genau wie alle anderen Bürostühle, die ich im Alltag teste, anhand der folgenden Kriterien unter die Lupe nehmen: Welche Verstellmöglichkeiten gibt es und wie gut sind sie umgesetzt? Wie bequem ist die Lehne und Sitzfläche? Und wie steht es um die Verarbeitungs- und Materialqualität?
Der Fractal Design Refine bietet zahlreiche Verstellmöglichkeiten
Der Refine bietet die Verstellmöglichkeiten eines richtigen ergonomischen Bürostuhls und damit mehr als typische Gaming-Stühle. Die Gasdruckfeder des Stuhls ist natürlich in der Höhe verstellbar. Außerdem lässt sich die Tiefe der Sitzfläche regeln, die Rückenlehne in dutzenden Stellungen einrasten und im Gegendruck justieren. Die verstellbare Lendenwirbel- und Nackenstütze rundet das Gesamtpaket zusammen mit den 4D-Armlehnen ab.
Was mir an den Verstellmöglichkeiten besonders gut gefällt: Toll ist nicht nur, dass die Sitzfläche überhaupt in der Tiefe verstellbar ist, sondern auch wie. Nach dem Betätigen des Hebels lässt sich der Sitz durch einen sachten Hüftschwung nach vorn schieben. In der anderen Richtung hilft eine Feder. Nerviges Aufstehen und von Hand verschieben entfällt hier komplett.
Lobenswert möchte ich auch die bequemen Armlehnen hervorheben. Sie lassen sich in allen Richtungen deutlich verstellen und damit auch tief genug, um locker unter dem Schreibtisch Platz zu finden, ohne mit der Tischkante zu kollidieren. Obwohl mein linker Ellbogen aufgrund einer schlechten Haltung am Schreibtisch häufig schmerzt, nutze ich am Refine deswegen auch die linke Armlehne.
Was mich an den Verstellmöglichkeiten stört: Die Vor- und Rückstellung der Armlehnen funktioniert ohne Tastendruck. Beim Aufstehen und Abstützen auf den Armlehnen verstellen sie sich daher zu schnell. Für die Drehung muss hingegen eine Taste gedrückt werden – genau diese Taste wäre für die Vor- und Rückstellung besser aufgehoben gewesen.
Außerdem freue ich mich sehr über die Positionierung des Knaufs für die Lehnen-Federspannung – nur leider sind die 40 Umdrehungen von einem bis zum anderen Anschlag zu viel verlangt. Da diese Einstellung aber von den meisten nicht ständig verändert wird, überwiegt für mich der Vorteil, dass der Knauf überhaupt so gut erreichbar ist.
Lehne & Sitzfläche des ergonomischen Gaming-Stuhls im Detail
Fractal Design hat mir die helle Mesh-Variante des Refine zugeschickt. Für mein Homeoffice hätte ich mir zwar lieber die dunkle Polster-Variante ausgesucht, aber dafür kann ich jetzt den für mich ersten reinen Mesh-Stuhl testen.
Für mein Körpergewicht (ca. 80 kg) bietet das robust wirkende Mesh-Gewebe genug Unterstützung. Ich sinke nicht zu tief darin ein. Die abfallende Sitzvorderkante ist zusätzlich unter-polstert und drückt nicht in die Oberschenkel – das ist ein hochwertiges Detail. Dennoch ist die Sitzfläche wie eine Schale mit aufsteigenden, recht straffen Rändern ausgeformt. Wer gerne auf einem Bein oder im Schneidersitz Platz nimmt, sollte das beachten.
An der Lehne gefällt mir, dass, trotz des für Gaming-Stühle typischen Schalensitz-Charakters, die Schulter-Region flach ist. Ich kann mich also gerade anlehnen, ohne dass meine Schultern nach vorne-innen gequetscht werden.
In der Rückenlehne steckt leider auch mein größter Kritikpunkt am Refine: die Lordosenstütze. In Kombination mit dem Mesh ist das Polster meiner Meinung nach zu dünn und zu hart. Die Oberkante spüre ich am Rücken deutlich und ich schraube sie daher lieber weiter zurück, als ich mir eine Lendenwirbelstütze sonst einstellen würde. Ich denke, dass die Polster-Variante des Fractal Design Refine in dieser Hinsicht die bessere Wahl ist.
Ganz oben an der hohen Rückenlehne angelangt, ist das abnehmbare Kopf- und Nackenkissen zu finden. Das wiederum ist nicht nur von seiner Polsterung und Härte ein Traum, sondern lässt sich auch genau nach meinen Wünschen verstellen. Gemütlich zurückgelehnt nutze ich es als weiches Kopfkissen und beim aufrechten Sitzen stützt es meinen Nacken und stört nicht.
Zwischen Sitzfläche und Lehne arbeitet im Refine außerdem eine waschechte Synchronmechanik – ein für mich so gut wie unverzichtbarer Bestandteil eines ergonomischen Bürostuhls. Beim Zurücklehnen neigt sich also auch die Sitzfläche, allerdings weniger stark. Allein damit kann sich der Refine schon von 99% seiner Gaming-Stuhl-Konkurrenz abheben!
Garantiebedingungen und Verarbeitungsqualität
Der neue Gaming-Stuhl von Fractal sieht nicht nur toll aus – er ist auch hervorragend verarbeitet. Materialauswahl und -anmutung sind über jeden Zweifel erhaben, auch der Zusammenbau ist durchdacht und gestaltet sich sogar allein einfach. Dass es sich beim Refine um Fractal Designs Erstlingswerk handelt, habe ich bislang zu keinem Zeitpunkt negativ festgestellt.
Sowohl das Mesh-Gewebe als auch der Stoff an den Rändern macht den Anschein, viele Jahre unbeschadet zu überstehen. Davon scheint auch der Hersteller überzeugt zu sein, denn Fractal Design gewährt eine Garantie von drei Jahren auf Polster und Textilien. Auf die mechanischen Komponenten des Stuhls gibt’s sogar fünf Jahre Garantie.
Im Vergleich mit alteingesessenen High-End-Marken für Bürostühle ist das nicht die längste Garantie der Welt – die meisten anderen Newcomer auf dem Markt bieten dagegen allerdings nicht im Ansatz solche Garantiebedingungen. Für mich ist die Garantie der Beweis, dass Fractal Design hinter seinem Produkt steht und für die augenscheinlich hervorragende Qualität auch bürgt.
Mein Fazit zum ergonomischen Gaming-Stuhl von Fractal Design
Transparenzhinweis: Fractal Design hat mir den Bürostuhl für diesen Erfahrungsbericht freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Der Hersteller hatte keinen Einfluss auf die Aussagen und meine Wertung in diesem Artikel.
Es ist beachtlich, wie gut der erste Bürostuhl von Fractal Design tatsächlich ist. Der Refine ist für meinen Geschmack eine absolute Augenweide und bis runter zu seinen Rollen bestens verarbeitet. Rollen, die sich übrigens mit einem Handgriff sogar im Rollwiderstand verstellen lassen – das kenne ich so bislang nur von weitaus teureren High-End-Bürostühlen und selbst bei so manch einer namhaften Marke kostet das noch Aufpreis.
Meckern auf höchstem Niveau: Die Übersetzung der Synchronmechanik lässt für mich minimal zu wünschen übrig. Beim Vor- und Zurücklehnen schiebt und zieht der Refine ein klein wenig an meinem Shirt oder Pullover. Außerdem dürfte die Rückenlehne für meinen Geschmack etwas stärker s-förmig sein und meinen unteren Rücken mit mehr Gegenhalt stützen.
Auch beim Refine handelt es sich im Prinzip um einen Bürostuhl für den typischen 1,80m, 80-Kilo-Durchschnitts-Mann – Ein Problem, das bis jetzt übrigens so gut wie jeden Bürostuhl betrifft, den ich je getestet habe. Wer viel größer, kleiner, leichter oder deutlich schwerer ist, könnte einen ganz anderen Eindruck als ich vom Refine haben.
Jetzt selbst vom Fractal Design Refine Gaming-Stuhl überzeugenFractal Design bezeichnet den Refine als Gaming-Stuhl. Ein Begriff, der dem Bürostuhl in meinen Augen Unrecht tut. Der schlechte Ruf, der diesen Sitzmöbeln vorauseilt, prallt am Refine, seinem langfristigen Sitzkomfort und den hervorragenden Einstellungsmöglichkeiten ab.
Er ist für mich der erste wirklich gute und ergonomische Gaming-Stuhl, den ich ausprobieren durfte. Ich kann besten Gewissens eine Empfehlung für ihn aussprechen – ob fürs Gaming oder Homeoffice.