Steckerfertige Solaranlagen, oft auch Balkonkraftwerk genannt obwohl sie auch ohne Balkon funktionieren, haben im vergangenen Jahr einen Verkaufs- und Niedrigpreisrekord nach dem anderen gebrochen. Berechtigt: Mit einem schattenfreien Platz für eines oder mehrere der sehr günstig gewordenen PV-Panels lassen sich bis zu 200 Euro im Jahr sparen, wie ich selbst festgestellt habe.
Ein Manko bleibt aber oft und das hat auch mit den durchschnittlichen Kernarbeitszeiten vieler Nutzer zu tun. Die Sonne scheint bevorzugt tagsüber und zwar ausgerechnet dann, wenn die meisten von uns bei der Arbeit, an der Schule oder in der Uni sitzen und den kostenlosen Strom nicht verbrauchen können. Abhilfe schaffen Akkus oder Powerstations, die die Energie für später speichern.
Vom aus Österreich stammenden Hersteller Sunbooster kommt nun ein All-in-One-Paket bestehend aus einer mobilen Powerstation mit integriertem Solar-Wechselrichter und Einspeiseoption namens Sunbooster Powerstation Grid zum Preis von 1.083 Euro bei Vorbestellung. Wir haben die Powerstation Grid unter die Lupe genommen.
Balkonkraftwerk trifft Powerstation
Es gibt schon einige Lösungen auf dem Markt, die Balkonsolar mit Akkus erweitern. Zendure und Anker beispielsweise haben solche Produkte im Sortiment. Die Akkus sind dabei aber stationär und werden oft mit dem bestehenden Microwechsel des Balkonkraftwerks verbunden.
Ähnlich löst es Ecoflow mit dem Powerstream: Dabei handelt es sich um einen Wechselrichter, der aber auch den Anschluss einer Powerstation des Herstellers erlaubt und dessen Strom auch ins Hausstromnetz einspeisen kann.
Das sind aber auch wieder zwei (dazu noch recht kostspielige) Komponenten. Sunbooster geht den Weg der Integration und hat mit der Powerstation Grid einen mobilen Akku mit 2,0 kWh Kapazität im Angebot, der bereits die komplette Balkonkraftwerkfunktionalität enthält - nur die passenden Solarpanels müsst ihr noch anschließen.
Dank LFP-Akku (Lithium-Eisenphosphat) kommt die Powerstation auf eine hohe Anzahl Ladezyklen - der Hersteller gibt dazu 15 Jahre Garantie auf mindestens 80 Prozent Kapazität nach 5.000 vollen Ladezyklen. Da nicht jedes kurze Laden oder Entladen einen Ladezyklus kostet, könnt ihr die Powerstation auch rein rechnerisch viele Jahre nutzen ohne eine wirklich gravierende Degradation des Akkus zu bemerken.
Der integrierte Micro-Wechselrichter nimmt bis zu 1.200 Watt über einen DC-Eingang von PV-Modulen entgegen. Aktuell dürfen davon maximal 600 Watt ins Stromnetz eingespeist werden, diese Grenze soll aber auf 800 Watt angehoben werden. Der Überschuss landet in der Powerstation.
Sunbooster Powerstation Grid im Alltagstest
Der erste Eindruck: uff, schwer! Die 22,5 Kilogramm aus dem Karton zu heben, fällt jüngeren GameStar-Kollegen hoffentlich leichter. Immerhin sind Griffe angebracht, die das Tragen erleichtern. Eines ist aber klar: Auch wenn es sich hier um eine mobile Powerstation handelt, allzu oft herumtragen wird die wohl eher niemand. Das hohe Gewicht ist aber normal für 2 kWh LFP-Akkupower.
Vorgesehen ist das Herumtragen aber auch gar nicht. Der Hersteller sieht vor, dass sich die Käufer einen Platz in der Wohnung suchen, wo die Powerstation Grid dann die Stromzentrale stellt. Das klingt jetzt ein wenig nach Wohnzimmer, nahe des Balkons für das PV-Kraftwerk. Unser Tipp ist aber eher der (trockene) Keller oder ein Abstellraum.
Unangenehm laute Lüfter
Grund dafür ist der Lüfter des Energiespenders, der sowohl beim Nachladen via Stromnetz oder PV aber auch beim Einspeisen ins Hausnetz mit je 100 zusätzlichen Watt eine Stufe höher schaltet. Zum Vergleich: Bei etwa 600 Watt Leistungsaufnahme tönen das Lüftungssystem der Powerstation Grid in etwa so laut wie eine Ecoflow Delta 2 Pro (ebenfalls 2.048 Wh LFP-Akkus) wenn sie mit 2.400 Watt geladen wird.
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Am Stromnetz kann die Powerstation Grid bis zu 1.300 Watt ziehen, via Solar sind es 1.200. Theoretisch zumindest, doch dazu gleich mehr. Bei einer so hohen Leistungsaufnahme wollt ihr aber definitiv nicht mehr im gleichen Raum wie die Powerstation sein. Und vielleicht auch nicht im Nachbarraum.
Gesteuert wird das alles mit einer App, die allerdings mit zunehmender Entfernung der Powerstation zum WLAN immer träger reagiert. Allzu viele Informationen und Einstellmöglichkeiten bietet die App leider momentan nicht, immerhin lassen sich ein- und ausgehende Strommengen anzeigen und die Ein- und Ausgänge schalten. Auch die Einspeisung lässt sich hier anpassen - allerdings nur in 200-Watt-Schritten mit 200 Watt als kleinsten Wert.
Stromrechnung senken durch Einspeisung
Spannend ist natürlich der Teil mit der Einspeisung, hier lockt schließlich das Versprechen, bares Geld zu sparen. Nach einer Investition von mindestens 1.000 Euro ein naheliegender Wunsch. Erzeugen die angeschlossenen Solarmodule Energie, kann diese ins häusliche Stromnetz gespeist werden. Dabei ist es egal, welche Phase eurer Strominstallation genutzt wird, die allermeisten Stromzähler saldieren die Werte.
Tatsächlich funktioniert das sehr einfach sowohl mit gespeichertem als auch just in time erzeugtem Strom: Stecker rein, auf Einspeisung umschalten, Strommenge auswählen. Die waghalsige Übersetzung in der App macht aus dem Menüpunkt für die Einspeisung allerdings "Informationen zum Netzanschluss", wir hatten die Hoffnung, diese Zeiten der Anleitungsübersetzung wären vorbei.
Der Hersteller weist allerdings darauf hin, dass es sich noch nicht um die finale App der Powerstation handeln soll. Wie sich die geplante Herstellerapp schlägt, können wir mangels Zugriff darauf bis nicht sagen, würden entsprechende Erfahrungen aber nachtragen, sollten wir sie noch testen können.
Unflexibel bei den Solarmodulen
Eine Eigenart der Powerstation macht das Erzeugen von Solarstrom allerdings unnötig schwer: Für Solarpanels ist nur ein Anschluss im Format XT60 vorhanden. Dieser akzeptiert Solarmodule mit maximal 100 Volt und 20 Ampere. Dabei können (und müssen um diese Werte zu erreichen) mehrere Panels angeschlossen werden. Eine Kabelpeitsche vom PV-typischen MC4-Stecker auf vier seriell verbundene MC4-Anschlüsse ist im Lieferumfang enthalten. Eigentlich unnötig, da sich die Panels auch ohne weitere Produkte in Reihe verschalten lassen.
Bei einer solchen Reihenschaltung addieren sich die Spannungen (Volt) der verbundenen PV-Module, wobei die maximal 100 Volt des Eingangs nicht überschritten werden dürfen - besser ist es sogar, 10-15 Prozent weniger zu kalkulieren. Gängige Balkonsolarpanels kommen auf 35-40 Volt, mit Sicherheitspuffer lassen sich also zwei solcher 420 Watt Panels anschließen.
Der Nachteil der seriellen Schaltung: Fällt auf eines der Module auch nur ein kleiner Schatten, geht der Ertrag beider Panels sofort spürbar nach unten. Die Anbringungsmöglichkeiten für PV-Module an Mietswohnungen sind meist eher knapp bemessen und nicht immer 100% schattenfrei - seht in diesem Fall besser von einer seriellen Schaltung der Module ab.
Ärgerlich ist ebenfalls, dass die Einspeisung nur grob in Schritten zu 200 Watt geregelt werden kann. Wer nur wenig Grundlast im Bereich um 100 Watt hat (was auf die meisten Singles oder Paare ohne Kinder zutreffen dürfte) verschenkt hier einiges unnötig. Unser Testmodell war zudem nicht auf 600 Watt gedrosselt sondern hat fröhlich 750 Watt und mehr eingespeist.
Fazit Sunbooster Powerstation Grid: Noch nicht zu Ende gedacht
Immer mehr Hersteller versuchen sich an balkonsolartauglichen Powerstations, der Weg zur Alltagstauglichkeit ist aber steinig. Am bisher besten gefallen hat mir die Ecoflow Powerstream mit Delta2Max-Akku, auch wenn hier die Software noch zickt und den Wechselrichter Hitzeprobleme plagen. Dafür ist das Set leise, nicht so wie die Powerstation Grid.
Gestört hat mich auch die sehr spartanische App mit ihren schrägen Übersetzungen und nur sehr wenig Einstellmöglichkeiten. Ein für die meisten potentiellen Kunden viel kritischerer Punkt dürfte aber die sehr unflexible Lösung für den Solareingang sein. Hier zeigt sich, dass Sunbooster abseits vom Wechselrichter mit Einspeiseoption kaum Änderungen an einer herkömmlichen Camping-Powerstation vorgenommen hat.
Tatsächlich gibt es optisch verblüffend identisch aussehende Powerstations aus Shenzhen unter dem Branding Bridna. Es liegt nahe, dass Sunbooster dort ein individualisiertes Modell in Auftrag gegeben hat ohne allzu viel an der Powerstation ändern zu lassen. Für den Einsatz als Balkonkraftwerk wären jedenfalls mehrere unabhängige aber kleinere MPPTs (Maximum Power Point Tracker, für das Ansteuern der PV-Module verantwortlich) im Wechselrichter sinnvoller als ein großer.
Zusammen ergibt die Mischung aus teils stark störender Lautstärke, unterdurchschnittlicher App und nur halb durchdachten Balkonsolarfunktionen für mich keinen Kauftipp.
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