Assassin's Creed: Odyssey - Zwischen Massenmord und Minotauren-Merchandising (Essay)

Peter hat knapp 100 Stunden im virtuellen Griechenland verbracht - warum, das weiß er inzwischen gar nicht mehr so genau. Aus seinem Spieleurlaub kommt er blutig und erschöpft zurück - aber auch begeistert ob der zahlreichen Open-World-Geschichten, die er aus Ubisofts Kandidaten für den Titel »PC-Spiel des Jahres« erzählen kann.

Für Peter geht eine wahre Irrfahrt zu Ende: Er rechnet nach 100 Stunden mit Assassin's Creed: Odyssey ab und berichtet von furzenden Riesenebern, überraschendem Ressourcen-Mangel, Battle Royale - und der Zukunft des Spielens, wie sie Ubisoft sich vorstellt. Für Peter geht eine wahre Irrfahrt zu Ende: Er rechnet nach 100 Stunden mit Assassin's Creed: Odyssey ab und berichtet von furzenden Riesenebern, überraschendem Ressourcen-Mangel, Battle Royale - und der Zukunft des Spielens, wie sie Ubisoft sich vorstellt.

»Ich bin keine Mörderin!«

Kassanda ist entrüstet, ihr Blick empört. Sie hat gerade ihren 6.374. Menschen umgebracht, aber als ein rabiater Kerl sie jetzt dazu anheuern will, einen ihm lästigen Nachbarn aus dem Weg zu schaffen, da sträubt sie sich plötzlich dagegen, das Schwert zur Hand zu nehmen.

Dabei ist sie als Misthios, als Söldner im antiken Griechenland von Assassin's Creed: Odyssey genau das: eine bezahlte Mörderin. Im Namen ihrer wechselnden Auftraggeber, auf der Suche nach Schätzen oder weil ihr die Soldaten im Weg zu ihrem Familienglück standen, hat Kassandra auf meine Veranlassung hin in gut 100 Spielstunden die Bevölkerung einer Kleinstadt ausradiert. Ab und zu sogar schlicht deshalb, weil (Zitat aus dem Quest-Logbuch) »sie sich an diesem Tag einfach gewalttätig fühlte«. Aber nur deswegen als Mörderin bezeichnet zu werden? Nein, das geht zu weit! Ein bisschen ludonarrative Dissonanz (oder das, was wir dafür halten) hat schließlich noch niemanden geschadet ...

Der Autor
Peter Bathge lügt sich schon seit Jahren fröhlich in die Tasche: Auf der einen Seite bemängelt er immer wieder die einfallslose Open-World-Befüllung moderner PC-Spiele mit abwechslungsarmen Missionen auf Beschäftigungstherapie-Niveau. Auf der anderen Seite hat er nun schon unzählige Karten von Fragezeichen befreit und dabei immer viel Spaß gehabt am sturen Abarbeiten der Aufgabenlisten von Mad Max, Mordors Schatten oder Just Cause. Für ihn hat es einfach etwas Befriedigendes, wenn er einen Haken hinter ein Spiel machen kann und es danach nie mehr anzuschauen braucht. Auch bei Assassin's Creed hat er bis auf Syndicate so ziemlich jeden Teil auf die 100% geprügelt. Nur die Fahnen von früher, die hat er wohlweislich ausgelassen. Schließlich gab's für das Sammeln der Wimpel weder XP noch Ingame-Währung!

Wenn Töten Spaß macht

Früher war Assassin's Creed mal dafür bekannt, seine Spieler zum gezielten Einsatz von versteckter Klinge & Co. zu erziehen. Klar, auch in den Vorgängern mussten Hunderte Soldaten dran glauben. Aber wer Unschuldige umbrachte, der bekam den Game-over-Bildschirm schneller zu sehen als er »Hier wird aber mit zweierlei Maß gemessen!« ächzen konnte, in Form einer Desynchronisation mit der Animus-Simulation.

Die Begründung: Die historischen Figuren, in deren Haut man per Animus-Gadget schlüpft, haben nur dann getötet, wenn es sein musste - und nur jene, die es »verdient« haben. Odyssey ist meines Wissens nach das erste Spiel der Reihe, in dem man straflos Zivilisten meucheln kann. Aus gutem Grund, denn so oft wie mir Passanten ohne Fehler meinerseits vor Axt und abschussbereiten Bogen gestolpert sind und um den virtuellen Tod gebettelt haben, wäre ein Zwangsabbruch bei jeder dieser bedauerlichen Unfälle enorm demotivierend ausgefallen.

Indem Ubisoft mit der Änderung nebenbei anerkennt, dass Kassandra, ihr männliches Pendant Alexios und somit auch der Spieler blutrünstige Monster sind, geben sich die Entwickler zumindest ehrlicher als viele andere Studios, die ihren wie ein irrer Killer durch die Spielelandschaft pflügenden Protagonisten die absurdesten Rechtfertigungen für das wiederholte Morden mit auf den Weg geben und dem Spieler damit Absolution für seine virtuellen Verbrechen gegen die pixellierte Menschlichkeit erteilen.

Morden, abstechen, erwürgen oder einfach anzünden: Im neuen Assassin's Creed lässt man Gegner zu Tausenden über die Klinge springen. Morden, abstechen, erwürgen oder einfach anzünden: Im neuen Assassin's Creed lässt man Gegner zu Tausenden über die Klinge springen.

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