Chronicle - Superhelden sind auch nur Menschen

Superheldenfilm mal anders: Drei Teenager bekommen telekinetische Kräfte, was zuerst Spaß macht, später aber ordentlich in die Hose geht. Wir verraten in der Kinokritik, warum der Low-Budget-Streifen Chronicle sehenswert ist.

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Zwei Superheldenfilme in zwei Wochen: Am 26. April kommt Marvel’s The Avengers und eine Woche vorher am 19. April die kleine Produktion Chronicle in die Kinos. Gegensätzlicher könnten die beiden Filme kaum sein: Während The Avengers mit einem geschätzten Budget von 220 Millionen US-Dollar sich zum Kino-Event aufspielt, setzt Chronicle mit seinen bescheidenen Produktionskosten von 12 Millionen US-Dollar auf ganz andere Werte. Denn anstatt bunter Superhelden-Haudrauf-Action bietet der kostengünstige Streifen des Regisseurs Josh Trank (24) eine nachvollziehbare Handlung, die rund um eine Frage aufgebaut ist: Was passiert, wenn drei amerikanische Teenager Superkräfte bekommen?

Zumindest beim amerikanischen Publikum kam das auch an. Seit dem Start am 5. Februar 2012 setzte der Steifen in den USA bereits 63 Millionen US-Dollar um, also ein Mehrfaches seiner Produktionskosten. Erfolg macht begehrt: Der Regisseur Trank hat nun bei Warner Bros. einen Vertrag unterschrieben, die Comic-Buchreihe The Red Star auf die Kinoleinwand zu bringen, und ist im Gespräch, einen Film über den Spider-Man-Bösewicht Venom zu drehen. Der Chronicle-Drehbuchautor Max Landis entwickelt unterdessen schon eine Fortsetzung seines Stoffes.

Handlung

Der schüchterne und sozial isolierte Andrew (Dan deHaan, In Treatment und True Blood), sein zynischer Cousin Matt (Alex Russel, Wasted on the Young) und der beliebte Schülerpräsidenten-Kandidat Steve (Michael B. Jordan, demnächst bei Red Tails von George Lucas zu sehen) finden nach einem abendlichen Party-Ausflug zusammen, als sie ein verdächtiges Loch im Boden entdecken. Andrew filmt mit seiner Kamera, wie das Trio dort einer mysteriösen Substanz ausgesetzt wird. Diese Begegnung hat Folgen: Auf einmal haben die drei Teenager Superkräfte. Die sind zuerst nur schwach ausgeprägt, aber mit der Zeit wissen Andrew, Matt und Steve immer besser damit umzugehen.

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Zuerst nutzen sie ihre neu erworbenen Kräfte, um harmlose Schulstreiche zu spielen. Wer hätte nicht schon mal davon geträumt, zu schweben oder per Telekinese den Rock einer Mitschülerin zu lüpfen? Doch es geht noch mehr: So erhofft sich Andrew einen Beliebtheitsschub dank seiner Kräfte. Schließlich kommt es so, wie es kommen muss. Die Superkräfte werden missbraucht und stellen sich oberndrein als sehr gefährlich heraus. Im Gegensatz zu den Idolen aus Superhelden-Comics tragen die Hauptcharaktere in Chronicle sehr schwer an der Verantwortung, die die ungewöhnlichen Kräfte mit sich bringen. An der Frage, was moralisch vertretbar ist, droht das Band der drei Freunde schließlich zu zerbrechen.

Super 8 in der Moderne

»Bitte sag mir, dass du das auch auf Band hast?«, fragt Steve seinen Freund Andrew. Er ist gerade abgestürzt, nachdem ihn ein Passagierflugzeug während eines Football-Spiels im Himmel aus der Bahn geworfen hat. Chronicle spielt nicht nur mit dem Superhelden-Genre. Es versucht sich auch am Trend, Filme mit Found-Footage-Material zu drehen. Der Zuschauer sieht den größten Teil des Geschehens aus der Perspektive von Andrews kleiner Camcorder-Kamera. Der Film erklärt das damit, dass Andrew als Teil der Generation Youtube sein ganzes Leben dokumentieren möchte. Darüber hinaus ist es für einen Jugendlichen nachvollziehbar, dass er die Kamera als Schutzschild gegen die Lebenswirklichkeit einsetzt. Der Zuschauer darf sich dann aber im späteren Teil des Films nicht daran stören, dass Leute in derart gefährlichen Situationen die Kamera noch in der Hand halten, in denen normale Menschen längst Reißaus genommen hätten.

Die Space Needle in Seattle hat sowohl im Kleinen als auch im Großen eine Hauptrolle. Die Space Needle in Seattle hat sowohl im Kleinen als auch im Großen eine Hauptrolle.

Chronicle beschränkt sich aber nicht nur auf Wackelkamera-Ästhetik im Stil von Blair Witch Project oder Cloverfield. Der Regisseur Josh Trank bedient sich auch kräftig bei der Art und Weise, wie bei Youtube Clips unglaublicher Phänomene produziert werden. Wenn die Kamera des Hauptcharakters Andrew nicht zur Verfügung steht, arbeitet Trank mit Videos von Überwachungskameras und Smartphones unbeteiligter Passanten. Das mag man alles schon gesehen haben. Eine gute Idee ist aber, dass die Kamera selbst Teil des Geschehens wird, wenn Andrew entdeckt, dass er seine telekinetischen Fähigkeiten an ihr auslassen und damit eigene Kamerafahrten erstellen kann. Positiver Effekt für den Zuschauer: So gesellen sich zu den unruhigen Wackel-Aufnahmen auch angenehmere Einstellungen, die mit dem Kamerakran gedreht wurden.

(von: Christian Merkel)

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