Aufgetragene Werte
Unsere Affinitätsstufe steigern wir einerseits über bestimmte Forschungsprojekte, die wir im neuen und sehr unübersichtlichen Technologienetz wählen. Oder wir verdienen Affinitätspunkte durch Quests, Beyond Earth erteilt uns nämlich regelmäßig mal simple, mal mehrstufige Aufträge. Beispielsweise sollen wir ein bestimmtes Gebäude errichten oder mit einem Erkunder (der an die Archäologen aus Civ 5: Brave New World erinnert) eine Alien-Ruine ausbuddeln.
Außerdem dürfen wir für jedes (!) der insgesamt 60 Gebäude eine von zwei alternativen Spezialfähigkeiten wählen: Sollen unsere Thorium-Reaktoren noch mehr Energie (also Geld) ausspucken oder lieber zusätzlich die Industrieproduktion steigern?
Sollen Ultraschallzäune Aliens noch weiter von unseren Städten fernhalten oder dafür sorgen, dass die Viecher ihre Klauen von Handelskonvois lassen? Auch diese Bonuswahl trägt zur Individualisierung unserer Fraktion bei, generell sind die Quests eine gute und motivierende Idee, weil sie uns immer wieder zusätzlich belohnen.
Gleiches gilt für die neuen Werte: Wenn wir Kulturpunkte anhäufen, dürfen wir damit wie gehabt Boni freischalten. Insgesamt 60 davon gibt's, verteilt auf vier »Talentbäume« und drei Stufen. Nun wirken sich die vergleichsweise geringen Werteboni zwar meist weniger spürbar aus als die sehr einflussreichen Sozial- und Ideologiepolitiken von Civ 5.
Wer mehrere Werte eines Talentbaums oder einer Stufe wählt, profitiert allerdings zusätzlich von teils gravierenden Synergieboni - es lohnt sich, Reiche gezielt zu spezialisieren. Das reizt zu Experimenten: Sollen wir lieber auf Wachstum oder Wissenschaft, Militär oder Handel setzen? Auch das trägt zur Individualisierung der eigenen Fraktion bei.
Die Gegner wackeln
Dank der Affinitäten, Quests und Werte heben sich die Völker im Spielverlauf immer weiter voneinander ab und gewinnen an Profil. Davon profitieren Abwechslung und Wiederspielwert enorm, auch wenn die Auswirkungen noch stärker sein könnten. Beispielsweise ändert sich das generelle Kampfverhalten trotz der affinitätseigenen Upgrades und Spezialeinheiten kaum. Um etwa eine Stadt zu erobern, bombardieren wir sie wie in Civ 5 zunächst mit Artillerie und rücken dann mit Nahkämpfern ein.
Ob das nun Reinheits-Panzersoldaten oder Harmonie-Aliens sind, macht wenig Unterschied. Doch das ist Kritik auf hohem Niveau, während Civilization 5 die vielfältigsten und individuellsten Völker der Seriengeschichte bot, bietet Beyond Earth nun mal die anpassbarsten. Die »Erst beschießen, dann einnehmen«-Grundtaktik beherrscht übrigens auch die KI aus dem Effeff, auch wenn die Computergegner selbst auf den hohen Schwierigkeitsgraden nicht immer konsequent angreifen und verteidigen.
Beispielsweise rücken sie mit einem Teil ihrer Armee vor, ziehen einen anderen jedoch ohne offensichtlichen Grund zurück. Das macht Kriege für erfahrene Spieler phasenweise zu einfach. Beyond Earth gleicht das aus, indem es den Feinden auf hohen Anspruchsstufen massive Produktionsboni spendiert, sodass wir meist gegen überlegene Truppen antreten. Das macht Konflikte dann doch wieder spannend, KI-Wankelmut hin oder her.
Zur Faszination Krieg tragen auch die Hightech-Einheiten bei, in der Spätphase einer Partie züchten etwa Harmonie-Anhänger gewaltige Xeno-Titanen über die Karte, während Vorherrschaftler ihre Gegner mit vierbeinigen Artillerie-Mechs bombardieren. Zudem dürfen irgendwann alle Affinitäten Schwebepanzer und -geschütze bauen, was die Partien flexibler macht - schließlich kann man jederzeit übers Meer angreifen, ohne erst wassern und wieder an Land gehen zu müssen.
Umkreisen, spionieren, handeln
Eine eher untergeordnete Rolle spielen die neuen Satelliten von Beyond Earth. Mit denen können wir Feinde bombardieren und unsere Truppen stärken oder sogar teleportieren, über Feindesland werden die orbitalen Helferlein jedoch meist schnell abgeschossen. Wir nutzen sie daher lieber in der Heimat, beispielsweise erhöhen wir mit Solarkollektor-Satelliten die Energie-Ausbeute unserer Städte spürbar - der resultierende Geldbonus ist fast schon zu hoch.
Auch das neue und an sich durchdachte Spionagesystem bleibt eher Ergänzung als wesentlicher Spielbestandteil. Zwar dürfen wir Agenten in fremde Städte schicken, um dort die Intrigestufe zu erhöhen und immer schlimmere Geheimaktionen auszuführen. Die Stufe steigt jedoch so langsam, dass es bis zu den wirklich schmerzhaften Anschlägen zig Runden dauern kann. Das ist einerseits fair, weil man derweil Gegenmaßnahmen einleiten und eigene Agenten zur Spionageabwehr abstellen kann, macht die Angelegenheit aber - wie in Civ 5 - ziemlich zäh.
Deutlich wichtiger ist das an Civ 5 angelehnte Handelssystem, mit Konvois und Frachtschiffen errichten wir Warenrouten mit eigenen und fremden Städten. Weil jede Stadt zwei bis drei Routen besitzen darf, ist das allerdings schon zu lukrativ; die Produktion frisch gegründeter Städte etwa lässt sich mit einigen Handelskonvois locker verzigfachen. Und mit einigen Schiffsverbindungen in ferne Städte schlagen wir locker 50 Energiepunkte an Einnahmen heraus - pro Runde.
Weil wir dadurch weniger akribisch aufs Budget achten müssen, sinkt der spielerische Anspruch selbst auf den hohen Anspruchsstufen. Okay, immerhin wollen Handelsrouten erst mal ausgekundschaftet und von Feinden, schädlichem Miasma sowie Aliens befreit werden. Außerdem müssen wir sie alle 20 Runden manuell erneuern, was bei großen Reichen extrem nerven kann.
Überall Aliens – oder auch nicht
Moment, wo wir doch gerade die Aliens erwähnt haben: Weil Beyond Earth die einheimischen Monsternester komplett zufällig verteilt, kann es sein, dass wir neben gar keinem starten - oder neben fünf. Und wer mehr geifernde Kreaturen um sich hat als ein Filmstand auf der Erotikmesse, der kann in der Frühphase echte Probleme bekommen. Wenn man die Aliens nicht angreift, bleiben sie zwar friedlich und überqueren keine Stadtgrenzen, verteidigen aber dennoch ihre Brutstätten und zerbröseln beim Herumstapfen »versehentlich« Handelskonvois, Bautrupps und Siedler.
Um expandieren zu können, müssen wir die Viecher also notgedrungen ausräuchern. Dann werden sie jedoch aggressiv, und wenn's wirklich schlecht läuft (also fast immer), rücken auch noch riesige Alien-Würmer an, die Farmen und Bergwerke zermatschen wie unsereins Sandburgen. Schon klar, das wäre eine spannende Herausforderung - wenn sie nicht so zufällig wäre: Spieler, die in weitgehend nestfreien Gebieten starten, haben viel leichteres Spiel, das ist unfair.
Noch dazu hätte Firaxis aus den (nicht abschaltbaren) Kreaturen so viel mehr machen können, sogar eigene Natiönchen wie bei den Indianerstämmen von Colonization. So sind die Einheimischen nur klauenbewehrte Statisten, die selbst Harmonie-Anhänger irgendwann von der Karte putzen müssen. Zur Expansion ist der Alien-Genozid nämlich - frei nach A. Merkel - alternativlos.
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