Wo bleiben die Kammerjäger?
Damit sind wir auch schon beim nächsten großen Kritikpunkt angelangt: Schicksalsklinge ist fürchterlich verbuggt. Angefangen bei den erwähnten kaputten Dialogen und Grafikfehlern (Figuren ohne Hinterkopf, unsichtbare NPCs, eine stotternde Kamera) über zerschossene Speicherstände und wahllose Abstürze bis hin zu handfesten Plotstoppern: Eine Zielperson, die uns bei einer Quest weiterhelfen wollte, verschwand nach einem kurzen Plausch auf Nimmerwiedersehen.
Immerhin: Seit der Veröffentlichung am 30. Juli hat das Spiel mächtige Fortschritte gemacht. Seither sind beinahe täglich Updates erschienen, die zumindest die gröbsten Mängel beheben. Wirklich rund läuft DSA: Schicksalsklinge aber noch längst nicht. Zum Beispiel verweigern unsere Gruppenmitglieder in Kämpfen regelmäßig den Befehl und wollen sich weder vom Fleck rühren noch angreifen oder Zauber sprechen.
Apropos Kampfsystem: Das wirkt ebenfalls reichlich antiquiert. Während wir die Umgebung in der Ich-Ansicht durchstreifen (längere Strecken legen wir auf einer Übersichtskarte zurück), wechselt das Spiel bei Gefechten auf ein 3D-Schlachtfeld, das wir aus der Vogelperspektive betrachten. Dort ziehen wir unsere sechs Gruppenmitglieder rundenweise über ein Schachbrettraster, das diagonale Bewegungen und Attacken stark einschränkt.
Auf Mauskommando schlagen unsere Schützlinge mit Schwert und Streitaxt zu, feuern Pfeile ab oder wirken Magie wie Heilzauber oder Energieblitze. Wenn sie denn wollen. Unsere Gruppenhexe etwa weigerte sich bis zum Testende, auch nur eine Formel aufzusagen. Ob das an einem der zahllosen Bugs liegt oder ob wir irgendetwas falsch gemacht haben - keine Ahnung. Das Spiel geizt mit Feedback, ein Tutorial gibt es nicht und unserer Steam-Version fehlte obendrein das Handbuch. Ohne die Hilfefunktion im Spiel wären wir komplett aufgeschmissen gewesen.
Gekämpft wird jedenfalls in Schicksalsklinge jedenfalls oft und ausgiebig, sei es nun bei Zufallsbegegnungen während der Reise, in Dungeons oder im Rahmen von Quests. Leider gestalten sich die Scharmützel nicht sonderlich spannend, teils wegen des langsamen Ablaufs (in den ersten Levels hauen unsere Jungs und Mädels meistens daneben), teils aufgrund des hohen Zufallsfaktors, teils weil die Gegner einfach immer stupide auf unsere Recken zustürmen. Fernangriffe? Fehlanzeige.
Neben dem berichteten Pazifisten-Problem gibt es bei den Auseinandersetzungen jede Menge anderer Fehler und Unstimmigkeiten. Da attackiert uns ein Wildhund, der seltsamerweise wie ein menschliches Skelett aussieht, da beklagt sich unser Armbrustschütze über ein blockiertes Schussfeld, obwohl er freie Bahn hat, da fehlen Waffengeklirr und Treffereffekte.
Das Gute im Schlechten
Akustisch enttäuscht Schicksalsklinge genauso wie optisch. Nicht nur, dass die Soundeffekte in den Gefechten fehlen, auch Schritte klingen auf jedem Untergrund gleich. Und die Musik ist zwar gefällig komponiert, aber anscheinend auf einer billigen Casio-Heimorgel von 1989 eingespielt. Immerhin haben die Macher professionelle Sprecher engagiert, die ausgewählte Dialoge und Quest-Beschreibungen vorlesen - auch wenn sich diese mitunter von denen in den Textfenstern unterscheiden.
Gibt es denn überhaupt nichts Positives zu vermelden? Doch. Beispielsweise, dass wir anders als bei vielen Genrekollegen weit mehr machen können als Gespräche und Gefechte führen. Wir dürfen zum Beispiel auf der Reise unterwegs Kräuter sammeln, daraus Tränke brauen, unsere Waffen vergiften, in Gasthäusern ein Ständchen vortragen und bei Gefallen Almosen einheimsen, uns als Falschspieler oder Taschendieb versuchen, mit Händlern um Prozente feilschen oder auf die Jagd gehen.
Das hört sich zwar alles etwas aufregender an, als es sich im Spiel tatsächlich präsentiert - nämlich meist als simple Menüoption, gefolgt von einem Erfolgsbericht -, sorgt aber für etwas Abwechslung. Wer möchte, kann einfach abseits der Hauptmission die Spielwelt erkunden, seine Charaktere hochleveln und sich eine goldene Nase verdienen.
Lob verdient Schicksalsklinge außerdem für die große Spielwelt, in der es viel zu entdecken gibt, für die zwar wenigen, aber interessanten Aufgaben und Rätsel (wer Spoiler nicht fürchtet: die alten Komplettlösungen funktionieren größtenteils noch) und für das ausgefeilte Charaktersystem mit seinen unzähligen Werten, Boni und Fähigkeiten - da zeigt sich eben die Abstammung vom durchdachten Pen-&-Paper-Papa.
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