Gutes Marketing gehört - außer vielleicht bei Indie-Geheimtipps - zu den wichtigen Werkzeugen der Unterhaltungsbranche. Sie begleitet ein Spiel von der ersten Ankündigung an, über Auftritte auf Messen, bis hin zu der schlussendlichen Veröffentlichung. Auch Entwickler GolemLabs hat also alles Recht der Welt, Die Gilde 3 mit allen geplanten Stärken zu bewerben.
Doch lesen sich seine vollmundigen Worte im Jahre 2016, mit dem Blick auf die kürzlich veröffentlichte Early-Access-Version, wie eine lachende Schelle in die Gesichter der Fans: »Die Künstliche Intelligenz ist ein wesentlicher Bestandteil des Spiels. Seit wir an diesem Projekt arbeiten, lag unser Design-und Technologiefokus auf diesem Feature. Nicht nur, weil es eines unserer Fachgebiete hier bei GolemLabs ist, sondern auch, weil es Nordic Games ebenso wichtig war. Jede noch so kleine Handlung im Spiel ist mit einer Reihe von Werten bestückt, die verschiedene Aspekte der KI beeinflussen, um ein realistisches Spielgefühl zu bieten.«
Die Gilde 3 besitzt im aktuellen Zustand keine KI. Zumindest keine, die dem Genre Wirtschaftssimulation gerecht werden könnte - obwohl die Entwickler schon eine ganze Weile an ihrer Vision arbeiten.
Schon immer in der Nische
2014 zum ersten Mal angekündigt, wollte Die Gilde 3 das urdeutsche Genre der Aufbauspiele um einen weiteren Ableger der Nischenreihe erweitern. Der Vorgänger Die Gilde kombinierte 2002 erfolgreich Rollenspiel, Wirtschaftssimulation und politische Ränkespiele.
Die Fans hatten Spaß mit der ambitionierten Verwirklichung eines Traums: Beginnt man am Anfang noch als armer Schlucker, der in seiner winzigen Hütte auf sein minderwertiges Metall hämmert und rostige Nägel verkauft, arbeitet man sich Stück vor Stück nach oben. Irgendwann verbessern sich die Fähigkeiten, die Werkstatt wird größer und ganz am Ende leitet man eine verzweigte Familiendynastie und mopst den mächtigsten Politikern ihre Ämter.
Die Gilde 3 - Screenshots ansehen
Getrübt wurde der Spaß aber schon damals von nervtötenden Bugs und einer Spielmechanik, die nie so ganz das halten konnte, was sie versprach. Das eigentliche Spiel bestand dann doch häufig aus Grind - also der ständigen Wiederholung derselben Arbeitsschritte - und machte aus den beiden Gilde-Ablegern Liebhabertitel, wie sie im Buche stehn.
Der dritte Teil will diese Schwächen jetzt ausmerzen und, laut Marketingaussagen, das beste Gilde-Spiel aller Zeiten werden. Die Entwicklung schien jedoch nur schleppend voran zu gehen. Der Veröffentlichungstermin verschob sich immer wieder nach hinten. Jetzt erschien die Early-Access-Version auf Steam und löste in Spielerforen teils blankes Entsetzen aus. Vom versprochenen Spiel ist (noch?) nicht viel zu sehen.
Das erste Mal selbstständig
Die Gilde 3 startet klassisch mit der Charaktererstellung. Wir haben die Entscheidung, ob wir gleich in der Stadt anfangen wollen oder uns lieber von ganz unten als gewöhnlicher Dorfarbeiter hocharbeiten, der sich erst den Zutritt zur Metropole verdienen muss. Das Aussehen und die Charakterwerte sind noch sehr rudimentär. Eine Handvoll ähnlich aussehender Gesichter und Kleidungsstücke stehen zur Auswahl.
Die Wahl fällt am Ende auf einen Schmied mit Wohlstands-Plauze, sicherlich nicht historisch akkurat, aber den Damen wird es schon gefallen. Als erste Tat des Tages schmieden wir unsere ersten Dolche, doch scheinbar fallen uns die benötigten Rohstoffe Eisen und Kiefernholz immer wieder aus den Händen, so unfähig stellt sich unser Tagelöhner bei der Arbeit an. Wenn wir die Icons auf die Produktionskette per Drag and Drop legen wollen, müssen wir mehrfach klicken und schieben, bis alles sitzt.
Und täglich grüßt der Marktplatz
Mit der ersten Warenlieferung machen wir uns zu Fuß auf dem Weg zum Marktplatz. Sicherlich werden wir bald einen richtigen Karren und Handelsrouten haben, die uns diesen lästigen Dienst abnehmen. Nachdem unsere Dolche auf dem Marktplatz nach einem abermaligen Besuch der umständlichen Menüs (der Button zum Verkaufen aller Güter ist zum Beispiel winzig klein und etwas versteckt) auch den Besitzer gewechselt haben, kaufen wir noch neue Rohstoffe.
So ist der Warenkreislauf: Fertige Produkte abliefern, neue Rohstoffe mitnehmen. Damit sind die höchsten Gefühle bezüglich der Spielbarkeit in dieser Early-Access Version auch schon erreicht. Wer danach noch weitermacht, besitzt eine außerordentlich hohe Frustresistenz.
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