Die Zukunft von Blizzard - Quo Vadis, Blizzard?

Der Entwickler von Warcraft, Starcraft und Diablo sucht sein Heil im Free2Play. Wir analysieren, was dahinter steckt - und warum sich Blizzard überhaupt wandeln muss.

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Drohen dunkle Wolken über dem kalifornischen Vorzeigeentwickler? Drohen dunkle Wolken über dem kalifornischen Vorzeigeentwickler?

Wer ein Unternehmen wirklich verstehen will, darf nicht auf seine Versprechen, seine Grundsätze hören, nicht auf die Lobeshymnen und Klagelieder seiner Fans. Nein, wer ein Unternehmen - und damit auch ein Entwicklerstudio - wirklich verstehen will, muss seine Geschäftsberichte lesen.

Denn letztlich geht es in jeder Branche vor allem worum? Genau, ums Geld. Nun ist das Lesen von Geschäftsberichten bekanntlich so spannend wie Malen nach Zahlen ohne Stift, weil sie von Leuten und für Leute geschrieben werden, die gedanklich bereits die Kosten für Kindererziehung und Hausbau überschlagen, noch bevor sie in der Kneipe eine Frau überhaupt ansprechen.

Deshalb haben wir das für Sie erledigt (das Lesen der Berichte natürlich, um Haus und Kinder kümmern Sie sich mal schön selbst!), um herauszufinden, wie es derzeit eigentlich um Blizzard steht, um einen der traditionsreichsten Entwickler. Das Ergebnis unserer Schmökersession: Blizzard muss sich wandeln. Dringend. Denn so wie in den letzten Jahren kann es in Irvine nicht weitergehen.

Einmal Zukunft gratis

Diesen Wandel hat auch die Blizzcon im November 2013 deutlich gezeigt. Denn dort stand plötzlich ein Schlagwort im Rampenlicht, das die Warcraft-, Starcraft- und Diablo-Entwickler bislang höchstens mal in Interviews genuschelt hatten: Free2Play. Mit dem Sammelkartenspiel Hearthstone und dem Dota-Ableger Heroes of the Storm macht Blizzard Dampf auf dem Gratismarkt, zudem darf man mit der kostenlosen Trial-Version von Starcraft 2 künftig alle im Marketplace verfügbaren Mods und Karten spielen, ohne Einschränkungen - der erste Schritt zum Free2Play-Client.

Sowohl das Sammelkartenspiel Hearthstone (im Bild) als auch der Dota-Ableger Heroes of the Storm erscheinen als Free2Play-Titel – ein Kulturwandel? Sowohl das Sammelkartenspiel Hearthstone (im Bild) als auch der Dota-Ableger Heroes of the Storm erscheinen als Free2Play-Titel – ein Kulturwandel?

World of Warcraft hingegen soll in nächster Zeit nicht auf den Gratisbetrieb umgestellt werden, sondern nach dem nun enthüllten Warlords of Draenor noch mindestens zwei weitere Addons bekommen - und zwar jeweils im Abstand von einem Jahr. Blizzard will die Frequenz für neue Inhalte also verdoppeln, bislang gab's alle zwei Jahre ein Azeroth-Addon. Zugleich bringt Warlords of Draenor als erste Erweiterung keine frischen Klassen und Völker, sondern ausschließlich Endgame-Inhalte, was man durchaus als Indiz für eine spätere Free2Play-Umstellung deuten kann.

Warum? Erklären wir gleich, vorher stellen wir noch fest: Von Legacy of the Void, dem letzten Abschlusskapitel der Starcraft 2-Trilogie, gab's auf der Blizzcon nichts zu sehen, auch das hat seine Gründe. Was treibt Blizzard also um, was steckt hinter den Blizzcon-Nachrichten? Die Zahlenspiele sind eröffnet.

Heroes of the Storm - Vorschau-Video zum Blizzard-Dota Video starten 5:00 Heroes of the Storm - Vorschau-Video zum Blizzard-Dota

Elefantenhochzeit mit CoD

Seit der Fusion dem Blizzard-Eigentümer Vivendi Games und Activision im Juli 2008 gehört Blizzard zum weltgrößten Publisher Activision Blizzard, der sich dank seiner erfolgreichen Dauerbrenner Call of Duty und Skylanders regelmäßig neue goldene Wasserhähne anschaffen kann, falls die alten verkalken. Zum Zeitpunkt der Unternehmenshochzeit ist Skylanders jedoch noch Zukunftsmusik, und Call of Duty nimmt mit dem ersten Modern Warfare gerade erst Anlauf für die Verkaufsrekorde der Nachfolger.

So ist Activision, man mag es kaum glauben, der Juniorpartner der Fusion, mit mickrigen 272 Millionen Dollar Umsatz im Jahr 2007. Blizzard macht im selben Zeitraum 1,1 Milliarden - und womit? Mit World of Warcraft natürlich, die Online-Gelddruckmaschine hat damals gerade die Marke von zehn Millionen Abonnenten übersprungen, bis 2010 steigt die Zahl auf den Höchstwert von 12 Millionen.

In jenem Jahr verdankt Activision Blizzard dem MMO alleine 28 Prozent seines Gesamtumsatzes, satte 1,2 Milliarden Dollar wirft Azeroth binnen zwölf Monaten ab - und das bei jährlichen Entwicklungs- und Betriebskosten von 240 Millionen Dollar. WoW macht folglich eine knappe Milliarde Dollar Gewinn. Pro! Jahr!

Zwar muss Blizzard mit den MMO-Einnahmen noch andere Projekte finanzieren, dennoch hat das Studio keinen Grund, etwas zu überstürzen: An Starcraft 2 arbeitet man letztlich sieben, an Diablo 3 sogar elf Jahre. Und falls WoW mal nicht mehr läuft, werkelt man ja schon heimlich am nächsten MMO-Erfolg, Arbeitstitel Titan.

Die WoW-Trendwende

Nebenher tröpfeln auch Diablo 2 und das erste Starcraft weiterhin über die weltweiten Ladentheken. Letzteres vor allem in Südkorea, fast die Hälfte der 11 Millionen verkauften Exemplare entfallen auf die Heimat von Taekwondo und Kimchi.

Dank dem Starcraft 2-Auftakt Wings of Liberty, der sich bis zum Jahresende fast 4,5 Millionen Mal verkauft, und dem dritten WoW-Addon Cataclysm, das in nur einer Woche 4,7 Millionen Käufer findet, erlebt Blizzard anno 2010 überdies das profitabelste Jahr unter der Schirmherrschaft von Activision Blizzard, 850 Millionen Dollar überweist Irvine schließlich aufs gemeinsame Sparbuch.

Blizzards Quartalsgewinn: 2007-2010 2007 bis 2010 blieben die Quartalsergebnisse stabil.

2010-2013 Seit 2011 ist der Trend sinkend - mit Ausnahme des Quartals mit dem Release von Diablo 3.

Eitler kann der Sonnenschein kaum werden - und wird er auch nicht, das Folgejahr bringt die Trendwende. Die 12 Millionen WoW-Abonnenten hält Blizzard nur kurz, Ende 2011 sind's noch knapp über 10 Millionen. Der Blizzard-Jahresgewinn schrumpft auf 496 Millionen, das vierte Quartal und damit das wichtige Weihnachtsgeschäft tragen kümmerliche 70 Millionen dazu bei. Okay, 70 Millionen Dollar Gewinn (!) in drei Monaten (!) sind keineswegs schlecht, Nintendo hat so viel im ganzen Geschäftsjahr 2013 verdient.

Dennoch markiert die Summe das bis dahin schwächste Blizzard-Quartal seit der Activision-Fusion. Natürlich auch, weil das Studio im ganzen Jahr 2011 kein einziges Spiel veröffentlicht, das zweite Starcraft 2-Kapitel Heart of the Swarm lässt ebenso auf sich warten wie das nächste WoW-Addon und Diablo 3.

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