ESL streamt nur noch via Facebook - Shitstorm in der Dota-2-Community, Zuschauerzahlen brechen ein

Der Exklusivdeal zwischen ESL und Facebook kommt in der Gaming-Community nicht gut an: Das Dota-2-Reddit versinkt im Shitstorm, die Zuschauerzahlen sind mies.

Die ESL streamt exklusiv über Facebook - und die Fans reagieren mit Wut und Boykott. (Im Bild: ESL One Cologne 2017) Die ESL streamt exklusiv über Facebook - und die Fans reagieren mit Wut und Boykott. (Im Bild: ESL One Cologne 2017)

Wir haben berichtet: Facebook und der E-Sport-Veranstalter ESL haben einen Exklusivvertrag unterschrieben, um Turniere (ESL One) und die CS:GO Pro League nur noch via Facebook zu streamen. Plattformen wie Twitch und YouTube werden nicht mehr unterstützt.

Und während die neuen Partner sich sicherlich auf erste Kritik und eine kleine Delle bei den Zuschauerzahlen eingestellt haben, dürfte dieses Ergebnis dann doch überraschen: Zur Premiere der Partnerschaft im Rahmen des Dota-2-Turniers ESL One Genting versinkt die Community von Dota 2 in einem Shitstorm, das offizielle Subreddit dreht sich allein um den Ärger mit dem Facebook-Stream.

Ärger um Genting

Das ESL One Genting ist ein Minor-Turnier, also nach den Majors und dem WM-Turnier The International drittklassig. Trotzdem haben sich Dota-2-Fans auf das Event gefreut, da es das erste große Profi-Turnier des Jahres ist, an dem die internationale Elite aus Evil Geniuses, Newbee und die derzeitigen Meister Team Liquid teilnimmt. Außerdem gibt es neben dem Preisgeld von 400.000 Dollar auch Punkte für die WM-Qualifikation.

Oder kurz: Es gab gute Gründe für Dota-Fans, beim Turnier in Genting einzuschalten. Genau das haben sie aber offensichtlich nicht gemacht, der offizielle Facebook-Stream konnte zu Spitzenzeiten nicht einmal über 10.000 gleichzeitige Zuschauer erreichen. Das ist eine lächerlich geringe Summe für ein Spiel, das bei Turnieren oft genug hunderttausende Zuschauer anlockt.

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Die ESL und Facebook hatten bereits mit zurückgehenden Zuschauerzahlen um 10 bis 15 Prozent gerechnet. Derzeit kann man aber froh sein, wenn Genting 10 bis 15 Prozent der üblichen Zuschauer erreicht. Die Hoffnung, mit Facebook völlig neue Zuschauergruppen anlocken zu können, geht zumindest zum Auftakt noch nicht auf.

Noch schlimmer: Da die Spiele auch im Ingame-Client gesehen werden können, streamen einige Twitch-User als Facebook-Alternative die Ingame-Spielszenen via Twitch für jene, die die beliebte Streaming-Plattform nicht verlassen wollen. Streams der ehemaligen Dota-2-Weltmeister Henrik »AdmiralBulldog« Ahnberg und Peter »ppd« Dager konnten auf Twitch deutlich mehr Zuschauer erreichen, als der offizielle Facebook-Stream.

Wieso läuft die Community Sturm?

Die Probleme der (potentiellen) Zuschauer mit Facebook sind mannigfaltig. Viele haben grundsätzlich kein Interesse an Facebook als Social-Media-Plattform und wollen diese nicht betreten müssen, nur um ihren E-Sport schauen zu können. Wer auf iOS-Geräten schaut, benötigt zwingend ein Facebook-Konto.

Auch technische Probleme sorgen für Frust: Trotz 1080p/60fps-Unterstützung ist die Bildqualität nicht herausragend, es kommt bei vielen Nutzern immer mal wieder zu Verbindungsabbrüchen. Der Facebook-Stream wird außerdem per Flash und nicht über HTML5 ausgeliefert, was für weiteren Ärger sorgt.

Die Werbewirkung via Facebook kann zumindest niemand nachvollziehen: Während auf Twitch ein Blick auf die Zuschauerzahlen und die Auswahl an Highlight-Streams deutlich macht, in welchem Spiel derzeit ein bedeutendes Turnier stattfindet, entdeckt man auf Facebook praktisch keine Werbung für das Dota-2-Event in Genting. ESL hofft vielleicht, über Facebook neue Zuschauergruppen erschließen zu können. Derzeit wissen die potentiellen Zuschauer aber gar nicht, dass sie auf Facebook Dota 2 anschauen könnten.

Dota 2 - Render-Trailer »Join the Battle« Video starten 0:42 Dota 2 - Render-Trailer »Join the Battle«

Die Argumentation von ESL

ESL hat auf den Shitstorm bereits über verschiedene Kanäle reagiert. ESL Senior Vice President of Product, Ulrich Schulze, erklärt via Twitter, dass es für den Verkauf von Übertragungsrechten einen guten Grund gibt: Ohne Exklusivdeals könnten solche Turniere nicht mehr finanziert werden, bis auf die Dota-2-Weltmeisterschaft würde es dann einfach keine Turniere mehr geben.

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Auch Alan »Nahaz« Bester, der in Genting als Dota-2-Analyst vor der Kamera steht, verteidigt den Deal mit Facebook. Die Haupteinnahmequelle bei jeder Sportveranstaltung weltweit seien nun einmal die Übertragungsrechte. Das müssten auch die E-Sport-Fans lernen.

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Mit dieser Begründung haben beide natürlich Recht, es bleibt aber abzuwarten, ob der Deal am Ende nicht mehr kostet, als er einspielt. Schließlich werden sich Sponsoren irgendwann ebenfalls zurückziehen, wenn ihre Werbebotschaften und Produkte von niemandem mehr gesehen werden. Und Sponsoring und Übertragungsrechte hin oder her: Am Ende wird niemand für eine E-Sport-Veranstaltung der ESL zahlen wollen, wenn die Zuschauer ausbleiben.

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Wie sieht die Zukunft aus?

Die ESL wird Genting wohl abschreiben müssen, zum Finale hin werden sich die Fans wohl nicht mehr beruhigen. Interessant wird, was danach passiert. Im Februar findet die Dota 2 ESL One Katowice 2018 statt, ein Major-Turnier und damit deutlich bedeutender als Genting. Die Reaktionen der Community darf man mit Spannung erwarten.

Während dessen ist die CS:GO Pro League als Liga ein deutlich kleineres Kaliber und könnte mit einem Zuschauereinbruch wie bei Genting in die völlige Bedeutungslosigkeit abdriften. Anders ist da der Ausblick auf die ESL One Cologne, das international bis 2017 als wichtigstes CS:GO-Turnier des Jahres galt. Im vergangenen Jahr verlor das Prestigeturnier erstmals den Major-Status, ob Valve die Meisterschaft dieses Jahr wieder nach Köln bringt, ist offen.

Egal was passiert, E-Sport-Fans werden sich vorerst an Facebook gewöhnen müssen: ESL-One-Turniere sind bis Ende 2018 Facebook-exklusiv, die CS:GO Pro League wird gar bis Ende 2019 nur auf Facebook übertragen.

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