Was für ein Jubel! »Das größte Entertainment- Ereignis des Jahres«, posaunte ein erstaunter Autor, andere sangen Arien: »Es dürfte schwer sein, dieses Jahr ein ambitionierteres Spiel zu finden.« - »Dieses Spiel bietet eine solche Tiefe, dass es alle Konkurrenten und Vorgänger in den Schatten stellt.« - »Wahrscheinlich wird man dies später einmal als den Moment bezeichnen, als Computerspiele endlich erwachsen geworden sind.« Oder schlicht: »Grand Theft Auto 4 wird Sie umhauen.«
Nun kommt solche Ekstase nicht unbedingt überraschend, immerhin wurde Grand Theft Auto 4 von Spielern seit Monaten enthusiastisch ersehnt. Aber die Quellen verblüffen. Denn die Zitate stammen nicht von Spielekritikern, sondern aus großen Publikumsmedien, die gemeinhin wenig mit Videospielen am Hut haben: den Nachrichtenagenturen Reuters und Associated Press, dem britischen Telegraph, der deutschen Welt und der US-amerikanischen MSNBC.com. Sie stehen repräsentativ für einen Chor aus Lobeshymnen, der seit der Veröffentlichung am 29. April 2008 Grand Theft Auto 4 preist - auch und gerade in den Feuilletons, zumindest den digitalen. Vorgelegt hatte die respektable New York Times, die GTA 4 bereits am 28. April als »durchgehend mitreißende Kultursatire« adelte. In der Folge staunte, schrieb und sendete sich die Medienwelt Anfang Mai auf einen Berichterstattungsgipfel, der GTA 4 zumindest einen Superlativ sichert: einen derartigen Medienrummel gab es um ein Spiel noch nie.
Rekorde werden gebrochen
Anhand des Action-Werks von Rockstar Games zeigt sich derzeit exemplarisch, welche Bewegungskräfte Videospiele freisetzen - gesellschaftlich, marktwirtschaftlich und medial, zeitgleich rund um den Globus. Dass sich zum Verkaufsstart populärer Spiele lange Schlangen vor den Geschäften bilden, kennt man inzwischen, große Warenhausketten schlachten das Phänomen mit publikumswirksamen Mitternachtsverkäufen aus.
Neu sind die Fernsehkameras, die neugierig an den Wartenden entlangäugen und Material für die Nachrichten sammeln. In Deutschland lief Grand Theft Auto 4 auf fast allen Kanälen, die Tagesthemen der ARD berichteten allein drei Minuten lang, das Team des ZDF kam für einen GTA 4-Beitrag in die GameStar-Redaktion. Im Vorfeld des Verkaufsstarts ängstigten sich Hollywood- Studiobosse, das Konsolenspiel könnte ihnen den Blockbuster Iron Man abschießen, der am 1. Mai anlief - die männliche Zielgruppe bliebe möglicherweise zu Hause hocken. Zwar war die Sorge unberechtigt, der Film spielte in der ersten Woche mehr als 200 Millionen Dollar ein. Damit ist Iron Man der bislang erfolgreichste Filmstart dieses Jahres.
Allerdings: GTA 4 schaffte aus dem Stand mehr als das Doppelte. Über 500 Millionen Dollar setzte das Spiel in der ersten Woche um, allein 310 Millionen entfielen auf den Erstverkaufstag; 3,6 Millionen Stück GTA 4 gingen weltweit am 29. April in Umlauf. Damit brach das Spiel den Rekord von 280 Millionen Dollar Umsatz am ersten Tag, den Halo 3 erst im September letzten Jahres aufgestellt hatte. Im Windschatten des Spiels vervielfachte sich der Hardware-Absatz, sowohl Xbox 360 als auch Playstation 3 verkauften mehr als das Doppelte der normalen Stückzahl.
Im Netz war Grand Theft Auto 4 in den Wochen um den Verkaufsstart laut Google Analytics einer der meistgesuchten Begriffe, der Eintrag im Internet-Lexikon Wikipedia wurde wegen »zu großer Debatte« vorübergehend gesperrt. »Eine solche Breitenwirkung im Netz erreichen heute nicht einmal mehr die Blockbuster des Kinos, geschweige denn die neuen Platten der Popstars«, staunte die Webseite der Süddeutschen Zeitung.
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