Kingdom Come 2: Ein "normaler" Nachfolger wird dem Rollenspiel nicht gerecht

Meinung: Kingdom Come: Deliverance ist ein ungewöhnliches Open-World-Rollenspiel. Eine Fortsetzung sollte daher auch ganz anders denken, als wir es normalerweise gewohnt sind.

Wie sollte es mit Kingdom Come weitergehen? Ein Nachfolger ist nicht bestätigt, scheint aber sehr wahrscheinlich. Wie sollte es mit Kingdom Come weitergehen? Ein Nachfolger ist nicht bestätigt, scheint aber sehr wahrscheinlich.

Schon seit über einem Jahr ranken sich Gerüchte um einen Nachfolger zum Mittelalter-Rollenspiel Kingdom Come: Deliverance. Das Entwicklerstudio Warhorse hat offiziell noch nichts angekündigt. Es gibt jedoch einige Indizien, die auf einen Nachfolger hinweisen. Nicht zuletzt auch deshalb, da der erste Teil ein eher offenes Ende statt eines endgültiges Abschlusses wählte.

Ich habe mir in den letzten Tage ein paar Gedanken dazu gemacht. Habe mal wieder ein wenig in Kingdom Come reingespielt und mich gefragt, was für Features einem Nachfolger eigentlich gut tun würden. Und dabei wurde mir nach und nach klar: Ein zweiter Teil zu Kingdom Come wird es gar nicht so einfach haben! Es könnte eine der kompliziertesten Rollenspiel-Fortsetzungen der nächsten Jahre werden.

Denn was ich mir für eine Fortsetzung von Kingdom Come eigentlich wünsche, wäre bei Nachfolgern zu anderen Open-World-Spielen eher ungewöhnlich und beißt sich vielleicht sogar mit dem offenen Ende. Doch die offensichtlichen neuen Features wären in diesem Fall schlichtweg fehl am Platz.

Der Autor
Fabiano Uslenghi wurde 2018 ursprünglich aufgrund seines Geschichtsstudium, dem Faible fürs Mittelalter und seiner großen Erfahrung mit Rollenspielen aller Art von GameStar als freier Autor für Kingdom Come: Deliverance angeheuert. Unter anderem kam dadurch eine umfangreiche historische Analyse zu dem Thema zustande. Was die Chefredaktion damals nicht wusste, war, dass sie Fabiano nie wieder loswerden. Jetzt gehört er seit 2019 zum internen Redaktionsteam und schreibt immer noch über Kingdom Come.

Der Hang zum Größenwahn

Wenn ein Open-World-Spiel fortgesetzt wird, dann ist eine Änderungen immer ganz offensichtlich: Die Spielwelt wird noch größer! Und so ehrlich muss man auch sein: Solch eine Neuerung lässt sich einfach wunderbar plakativ bewerben. Das reicht einfach oft schon aus, um Interesse bei den meisten Spiele-Fans zu wecken. Nachfolger werben zusätzlich gerne mit neuen, umfangreichen Features. Inhalte, die man sich leicht merken kann und die in jedem Trailer viel hermachen.

Und alle diese Dinge kamen mir als erstes auch bei Kingdom Come in den Kopf. »Genug von den kleinen Turnieren!« war mein erster Gedanke. Ein Kingdom Come 2 sollte echte Ritterturniere anbieten. Turniere, bei denen wir wie in Ritter aus Leidenschaft von Stadt zu Stadt ziehen und im ehrbaren Tjost antreten. Außerdem sollte Kingdom Come 2 riesige Schlachten der Marke Mount & Blade auffahren. Das, was auf sehr frühen Screenshots mal angeteasert wurde. Und dann natürlich noch mehr Waffen, Rüstungen und all solche Dinge. Ist ja klar!

Doch als ich dann innehielt und kurz über Kingdom Come nachdachte, wurde wir bewusst ... nichts davon würde zu einem zweiten Teil passen.

Schon im ersten Kingdom Come gab es Turniere. Das waren aber eher simple Duellkämpfe ohne Lanzengang. Schon im ersten Kingdom Come gab es Turniere. Das waren aber eher simple Duellkämpfe ohne Lanzengang.

Was Kingdom Come so besonders macht

Ein Nachfolger sollte nicht zwangsweise komplett umdenken. Große Umbrüche können etwas Reizvolles sein. Doch Kingdom Come ist meiner Meinung nicht an dem Punkt, an dem so ein Umbruch nötig wäre. Viel mehr besetzt es eine Open-World-Nische, die sonst keine Spielereihe bedient, und es sollte diesen Platz auch in Zukunft nicht leer lassen.

Nur passt diese Nische nicht so richtig zum Drang nach Größerem, wie man es von »normalen« Nachfolgern eigentlich kennt. Der besondere Charme von Kingdom Come entsteht aus seinem Umgang mit der Spielwelt und wie wir dort hineinpassen. Die Welt von Kingdom Come ist nicht die größte, aber sie simuliert auch keinen gewaltigen Maßstab. Das macht sie deutlich glaubwürdiger als beispielsweise bei einem Assassin's Creed Odyssee. Auch darüber habe ich schon sehr ausführlich philosophiert:

Die Welt von Kingdom Come bietet kaum landschaftliche Abwechslung und Laufwege können trotz seiner geringen Größe recht lang sein. Beides stärkt in diesem Fall aber die Immersion. Die Welt bleibt greifbar. Zeigt uns das, was wir erwarten, wenn wir mal vor die Tür gehen. Gestützt wird es dadurch, dass Heinrich als einfacher Schmied gut in diese mittelalterliche Welt passt und nicht als großer Held wahrgenommen wird. Im Gegenteil. Wer am helllichten Tag mit dunkler Kapuze oder in Dreckkleidung rumläuft, wird von Wachen schnell in die Mangel genommen.

Diese Nachvollziehbarkeit der Welt in vielen Bereichen ist es, was Kingdom Come auszeichnet. Und genau das würde man opfern, sollte Warhorse in einem zweiten Teil stumpf größer denken. Die Welt in Kingdom Come ist so groß, wie sie sein muss. Um bei einer noch größeren Welt keine Langeweile aufkommen zu lassen, wären mehr Aktivitäten notwendig. Das geht wiederum aber auf Kosten der Natürlichkeit.

Zumal Kingdom Come durchaus den Anspruch zur Historizität hat. Natürlich war auch der erste Teil schon keine makellose Darstellung einer mittelalterlichen Welt. Es leistete sich aber auch kaum grobe Schnitzer, die uns aus der Illusion rissen. Sich nun der etwas verklärten Vision eines reisenden Turnierritters mit klassischen Tjosts hinzugeben, würde mit diesem Anspruch brechen.

Das ist jetzt nur ein Beispiel für ein mögliches neues Feature. Doch es zeigt eben, dass bei Kingdom Come nicht jede auf dem Papier spannende Idee sich gleich umsetzen lässt.

Auch im Video reden Heiko, Dimi, Micha und ich darüber, was KCD zu einem grandiosen Open-World-Spiel macht.

Kingdom Come: Deliverance - Deshalb eines der besten Open-World-Spiele Video starten PLUS 10:10 Kingdom Come: Deliverance - Deshalb eines der besten Open-World-Spiele

Was ein Kingdom Come 2 wirklich braucht

Anstelle von größeren Welten, mehr Aktivtäten oder aufwändigen Features wie Schlachten und Ritterturnieren sollte sich Kingdom Come 2 im Detail verbessern. Und direkt danach den Umgang mit seiner Hauptfigur überdenken. Denn der erste Teil war nicht perfekt und an diesen beiden Stellen zeigten sich die meiner Meinung nach größten Schwächen (sehen wir von den technischen Problemen zu Release einmal ab).

Detailverbesserungen

Es klingt auf dem Papier nach nicht viel und macht sich in Trailern selten gut. Doch der Fokus einer Fortsetzung von Kingdom Come sollte mechanischer Natur sein. So nachvollziehbar die Welt auch ist, bei Steuerung und Gameplay sorgte die Umständlichkeit oft für Frust. Ich denke da insbesondere an die Nahkämpfe. Die hatten zwar ein klares Konzept, blieben trotzdem immer hakelig. So sehr, dass Spieler wie ich oder Kollege Dimi lieben dem Bogen den Vorzug gaben. Auch Schießen war schwer zu lernen, fühlte sich aber immerhin nicht wie ein Kampf mit der eigenen Maus an.

Warhorse sollte dabei aber durchaus ambitioniert denken. Was Kingdom Come nämlich fehlt, ist diese perfekte Mischung aus Zugänglichkeit und Härte. Denn dass KCD uns fordert, gehört zum Erlebnis dazu! Dass es aber fordert, weil man mit dem Kampfsystem nicht klar kommt, ist ein Problem. Dafür eine Lösung zu finden, wird alles andere als leicht und erfordert sicher mehr intelligente Ideen als jedes imposante, neue Feature.

Zumal es sehr wenige gute Beispiele gibt, wie es besser geht. Realistische Nahkämpfe aus der Ego-Perspektive sind verflucht kompliziert. Chivalry 2 scheint die Balance aus Anspruch und Zugänglichkeit noch am besten zu halten. Hier könnte KC2 Maßstäbe setzen.

Das Kampfsystem von Kingdom Come ist nicht schlecht, könnte aber noch deutlich mehr Feinschliff vertragen. Das Kampfsystem von Kingdom Come ist nicht schlecht, könnte aber noch deutlich mehr Feinschliff vertragen.

Die Hauptfigur

Das hier wird ein Streitpunkt, ich fühle es. Aber ein zweiter Teil von Kingdom Come sollte Heinrich als Spielfigur absetzen. Halt, bitte keine Mistgabeln holen! Ich weiß, dass Deliverance seine Geschichte nicht abgeschlossen hat. Aber meiner Meinung nach befindet sich Heinrich am Ende in einer Position, die mit dem rollenspielerischen Anspruch kollidiert. Heinrichs Weg vorwärts ist ab da nämlich ziemlich klar. Und ich würde mir auch für einen zweiten Teil erhoffen, wieder meinen eigenen Weg wählen zu dürfen.

Schon im ersten Teil vertrugen sich Heinrichs Charakterisierung und der offene RPG-Ansatz nicht immer perfekt. Das könnte sich ohne eine neue Spielfigur noch verschlimmern. Ich persönlich würde dann sogar einen Charaktereditor begrüßen. Selbst wenn es nur ums Aussehen geht und der Hintergrund vorbestimmt wird.

Die Geschichte könnte trotzdem fortgeführt werden. Nur weil wir Heinrich nicht mehr spielen, heißt das ja nicht, dass er aus der Welt ist. So hätten wir sogar direkt eine sehr spannende Beziehung zu einem möglichen Mentor, wie es einst Radzig Kobyla für uns als Heinrich war.

Doch ich wär auch nicht abgeneigt, sollte Warhorse noch eine spannendere Lösung finden. Das heißt, falls die Entwickle aktuell wirklich einen Nachfolger schmieden.

Aber was denkt ihr? Seht ihr das alles anders und hättet gern viele große neue Features, oder hat der erste Teil schon die richtige Gewichtung? Der Kommentarbereich wartet geduldig auf eure Meinung!

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