Seite 6: Kingdom Come: Deliverance - Die Reaktion auf die Rassismus-Vorwürfe

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Das komplette Statement von Martin Klima

Aufgrund der aktuellen Diskussionen, die sich um die Annahme einer bestimmten Weltsicht meines Kollegen Daniel Vavra und um historische Aspekte unseres Spiels Kingdom Come: Deliverance drehen, an dem wir gemeinsam seit über sechs Jahren arbeiten, möchte ich dazu Stellung nehmen.

Ich möchte beim Spiel beginnen. Uns wird vorgeworfen, wir hätten mit böswilligem Vorsatz und unter dem Einfluss von uns - im Übrigen abgelehnter - Ideologien alle nicht weißen Menschen, die es im mittelalterlichen Böhmen eventuell gegeben hat, aus unserer Darstellung entfernt und durch blonde Super-Arier ersetzt. Hier gilt es verschiedene Ebenen zu betrachten. Um es zunächst einmal einfach zu machen und klar zu sagen: Das ist nicht wahr. Im Spiel gibt es sehr wohl Personen verschiedener ethnischer Hintergründe, so treten neben Menschen aus der heutigen Tschechischen Republik, Deutschlands, Ungarns und jüdischer Abstammung auch die Kumanen, ein nomadisch lebendes Volk aus den Steppen Asiens innerhalb der Handlung auf.

Jetzt kommt das Argument der Kritiker, aber was sei mit Menschen schwarzer Hautfarbe? Nach über vier Jahren intensiver Recherche lässt sich festhalten, dass es keinen Beweis gibt, dass es keine Menschen dunkler Hautfarbe in Böhmen gegeben hat und umgekehrt. Es gibt viele Dinge, die wir nicht beweisen können, sonst müssten wir beispielsweise annehmen, dass in den Wäldern Böhmens Löwen gelebt hätten - immerhin ziert das Wappen des Herrscherhauses ein Löwe. Woher sonst hätten die Menschen dieses Bildnis haben können?

Diese Feststellung verfehlt meiner Meinung nach jedoch den Kern der angesprochenen Vorwürfe. Wir machen kein Spiel über das mittelalterliche Europa, sondern erzählen eine Geschichte, die in einem sehr kleinen Teil des mittelalterlichen Europas angesiedelt ist. Unser Spiel legt den Schwerpunkt nicht auf die "große Geschichte", nicht auf Kriege, Könige oder Päpste sondern auf die Geschichte einfacher Leute. Unser Hauptcharakter ist kein Erwählter, Drachenblut oder Retter, am Ende des Spiels wird er nicht zum König oder Herrscher. Die Spieler werden nicht von weltverändernden Ereignissen mitgerissen, sie bereisen noch nicht einmal Prag oder gar Rom - die Machtzentren der Zeit, deren Bevölkerungszusammensetzung sich sicherlich massiv von der des ländlichen Böhmens unterschied. Daher spielte die Frage über die Möglichkeit der Existenz ethnischer Minderheiten in der Spielwelt für uns keine Rolle.

Ich möchte mich auch über die Person Daniel Vavra äußern. Da dies eine sehr persönliche Stellungnahme werden wird, denke ich, es ist angebracht, zunächst ein paar Worte zu meiner Person zu verlieren. Mein Vater, Jan Klima, verbrachte seine Kindheit im Konzentrationslager Theresienstadt, gemeinsam mit seinen Eltern und seinem Bruder Ivan Klima, der später ein bekannter Autor wurde. Der Rest ihrer Familie wurde in den Gaskammern getötet. Teile meiner Familie (Viktor und Otto Synek) wurden als Widerstandskämpfer hingerichtet, nach ihnen ist heute ein Platz in Prag benannt. Ich entschuldige mich, falls ich mit diesem Hintergrund zu meiner Person langweile, aber ich möchte damit unterstreichen, wie beleidigend ich es für meine Person erachte, beschuldigt zu werden, die letzten sechs Jahre meines Lebens mit einem Mann gearbeitet und verbracht zu haben, dem man eine Nähe zu rassistischem oder Neo-Nazi-Gedankengut unterstellt.

Ich kenne Daniel seit vielen Jahren und stimme nicht zwingend mit all seinen Ansichten überein. Ich widerspreche seiner strikten liberalen Weltsicht, dass Wettkampf der Motor der Gesellschaft sei, ich glaube im Gegenteil, dass die Gesellschaft mehr ist und sein sollte als nur die Summe der Individuen. Und ganz ehrlich, Heavy Metal interessiert mich überhaupt nicht. Aber starke Standpunkte zum Thema Freiheit, eine Leidenschaft für Outdoor-Aktivitäten, Paintball oder das Hören bestimmter Musik machen jemanden nicht zum Nazi.

Daniel ist immer schnell mit Worten, manchmal zu schnell und ich weiß, manchmal wünscht er sich selbst, er würde über Dinge mehr nachdenken, bevor er sie ausspricht. Er scheut nie davor zurück, seine Ansichten zu kommunizieren, egal, wie unpopulär diese sein mögen. Genau diese Charaktereigenschaften machen ihn aber auch zu der wichtigen Person, die er für unser Projekt ist. Jemand der keiner Konfrontation aus dem Weg geht, jemand, der sich nicht mit dem Mittelmaß oder Konsens auf das Mittelmaß zufrieden gibt. Daniel ist ein Mann, der jeden daran erinnert, an welcher Vision wir arbeiten und der die Leute motiviert, ihr Bestes zu geben - genau so jemanden braucht man in der Entwicklung eines solch gigantischen Projektes, wie Kingdom Come: Deliverance.

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