Macht endlich Zeitreisen möglich! - Ein Plädoyer für mehr Bildung in VR

Ein Bildungs-Modus in Assassin's Creed ist eine tolle Idee, aber nicht weit genug gedacht. Daniel fordert digitale Virtual-Reality-Museen in Spielen.

Assassin's Creeds Ägypten ohne Stress erkunden ist schön und gut, aber in VR wäre es noch viel besser. Assassin's Creeds Ägypten ohne Stress erkunden ist schön und gut, aber in VR wäre es noch viel besser.

Der erfolgreiche Start der Falcon Heavy, der derzeit stärksten Trägerrakete, beeindruckte Anfang 2018 die Welt. Verglichen mit der Saturn V, die 1969 drei Menschen zum Mond schoss, ist Elon Musks Flaggschiff aber vergleichsweise klein. Ich muss es wissen, schließlich konnte ich die Saturn V schon auf dem Startfeld in Cape Canaveral bewundern. Ich habe einen robusten Magen, aber an dem Monstrum aus 100 Meter Höhe hinunter zu schauen, sorgte auch bei mir für weiche Knie.

Bevor ihr euch fragt »Wie steinalt ist der denn bitte?«: Ich habe die Saturn V natürlich nicht in echt gesehen sondern in der Virtuellen Realität. In der VR-Experience Apollo 11 VR kann ich die erste Mondlandung miterleben, als wäre ich selbst dabeigewesen: vom Raketenstart in der klaustrophobisch engen Raumkapsel, dem Abdocken des »Eagles« bis zum Mondspaziergang mit den Kollegen Armstrong und Aldrin.

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Okay, technisch ist Apollo 11 VR nicht State-of-the-Art, das ist aber für die eindrucksvolle Erfahrung gar nicht so wichtig! Denn wer ein historisches Ereignis einmal selbst in VR miterlebt hat, der will danach nicht mehr zu den alten Was-ist-Was-Büchern zurück. Mein 10-jähriges Ich wäre jedenfalls durchgedreht, hätte es diese Erfahrung damals machen dürfen.

Warum nur dabei statt mittendrin?

Wohl keiner anderen erfolgreichen Spieleserie gelingt der Spagat zwischen erlebbarer Geschichte und technischer Brillanz so gut wie Ubisofts Assassin's-Creed-Reihe. Das ist den Machern inzwischen auch bewusst. Nicht umsonst integrieren sie in den jüngsten Teil Assassin's Creed Origins mit der Discovery Tour einen Educational-Modus, der uns als Spieler das wunderschön gestaltete ptolemäische Ägypten frei von Kämpfen und Gameplay-Elementen erleben lässt.

Der Bildungs-Modus Discovery Tour von Assassin's Creed: Origins ist ein Schritt in die richtige Richtung. Der Bildungs-Modus Discovery Tour von Assassin's Creed: Origins ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Ein begehbares Museum in einem Detailreichtum und mit einer Greifbarkeit, die bis vor kurzem noch undenkbar schien, nur… wo bitte ist der VR-Modus?! Wir bekommen eine komplette historische Spielwelt serviert, mit unzähligen Hotspots, an denen wir etwas über die Kultur, Geschichte und Kunst des vorchristlichen Ägypten lernen können. Aber erleben dürfen wir diese Welt nur auf dem Bildschirm. Nur dabei statt mittendrin.

So spielt sich die Discovery Tour in Assassin's Creed: Origins

Ist die technische Umsetzung auf VR denn wirklich so schwierig und aufwändig? Den Hobby-Entwicklern von VR-Treibern gelingt das doch auch? Gerade Ubisoft zeigte sich dem Thema VR doch in Spielen wie Eagle Flight so aufgeschlossen. Es muss ja kein wirkliches VR-Spiel sein, aber sich durch den Educational Mode teleportieren wie durch ein begehbares Musem, wie cool wäre das denn?

Stellen wir uns doch mal vor, alle Assassin's Creeds der jüngsten Zeit hätten einen Bildungsmodus in VR. Wir können durch das Paris der Französischen Revolution stromern, das viktorianische London, das Havanna der Piraten-Ära. Wir könnten antike Bauwerke besuchen, bevor sie Ruinen waren, Straßenszenen beobachten, einige Stunden am Leben vergangener Epochen teilnehmen.

Über den Autor
Daniel Feith glaubt, dass Bildung dann Spaß macht und wirkt, wenn sie anschaulich verkauft wird. Er geht gerne in Erlebnis-Museen, träumt von »Die Reise ins Ich« in VR und freut sich auf kommende Angebote in der virtuellen Realität. Es gibt doch noch so viel zu lernen.

Schocktherapie

Im Bayerischen Armeemuseum in meiner Heimatstadt gibt es eine Dauerausstellung zum Ersten Weltkrieg. Die ist sehr beeindruckend, aber mit Verlaub: Ein Pappmache-Schützengraben vermittelt einem nach 100 Jahren nicht gerade ein glaubwürdiges Gefühl von der Enge, dem Schmutz und dem Terror, dem unsere Urgroßväter an der Westfront ausgesetzt waren.

Podcast: Ist die VR bereits tot? - Das Streitgespräch

Warum gibt es in Battlefield 1 keinen Educational Mode in VR? Die detailliert nachgebildeten, beinahe fotorealistischen Gräben und Szenerien hat das Spiel doch ohnehin. Lasst einen unbedarften Menschen nur fünf Minuten das Trommelfeuer in einem VR-Frostbite-Graben miterleben und er wird einen deutlich genaueren Eindruck davon haben, was der Erste Weltkrieg für die daran Beteiligten wirklich bedeutet hat.

Eine VR-Experience auf den beinahe fotorealistischen Schlachtfeldern von Battlefield 1 könnte viel eindrucksvoller sein als staubige Vitrinen in Museen. Eine VR-Experience auf den beinahe fotorealistischen Schlachtfeldern von Battlefield 1 könnte viel eindrucksvoller sein als staubige Vitrinen in Museen.

Klar: Letztlich sind alle künstlichen historischen Welten nur Vorstellungen von einer vergangenen Zeit und können die Realität nur bedingt abbilden. Aber sind gezeichnete Illustrationen in Geschichtsbüchern das nicht auch?

Daher mein Appell an die Schöpfer hinter diesen digitalen Museen: Nutzt die von euch geschaffenen Welten nicht nur als Spielplatz für einen typischen Videospielhelden. Erzählt die Geschichte hinter den Welten und erzählt sie in VR. Mehr Spaß kann Bildung nicht machen.

Retro-Report: Woran VR in den 90ern scheiterte

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