Acht Inselbegabte
Bitte die zuvor erwähnten »Meister«-Diebe schnell wieder vergessen, denn Meister sind die acht Gangster, aus denen wir für unsere Solo- beziehungsweise Koop-Raubzüge unseren Liebling auswählen, nur in jeweils einer Hinsicht. Vielmehr handelt es sich um acht Inselbegabte. Lediglich der »Cleaner« kann prügel- und schießwütige Wachen sowie nervige Kreisch-Zivilisten von hinten schlafen legen, nur der »Lookout« kann Feindbewegungen überall auf der Karte überschauen, und allein der Hacker kann über Steckdosen Stromkreise und somit Überwachungssysteme manipulieren (mehr zu den Charakteren im Kasten). Immerhin dürfen alle schießen, wenn man sich denn eine der wenigen in den Levels verteilten Waffen unter den Nagel gerissen hat, deren Munitionsvorräte immer wieder neu durch die erwähnten Goldmünzen aufgeladen werden.
Zum Beginn sind die Talent-Einschränkungen der acht noch kein Problem, aber sobald die Levels komplexer, um nicht zu sagen: unfair werden, stoßen Solisten schnell an ihre Grenzen beziehungsweise auf den Tod durch Wachpersonal. Immerhin zieht man als einsamer Wolf genauso los, mit nur einem Charakter, der eben nur über eine Fähigkeit verfügt und auch nur ein Extra-Utensil mitführen kann. Trotz der drei Extra-Leben in Form weiterer frei wählbarer Charaktere, trotz Verkleidungen (die blöderweise keinerlei Schutz vor Überwachungskameras bieten), trotz Gesundheitspäckchen und trotz eventueller Knarren oder Rauchbomben steigt für Solisten schnell die Frustgefahr.
Der Lookout beispielsweise kann zwar die in »Fog of War«-Manier zugedeckten Karten soweit durchschauen, dass Feindbewegungen sichtbar werden, aber an Kunstschätzen, vor denen mehrere Lichtschranken, Kameras, Sicherheitsschlösser und Aufpasser positioniert sind, beißt er sich allein die Zähne aus. Zumindest, wenn er nicht genug C4 im Rucksack hat, mit dem er auch die zuvor unsichtbaren Türfallen sprengen könnte, die zuschnappen, sobald er sich einen Schatz unter den Nagel gerissen hat. Bis unser Lookout die Türen aufgeschlossen hat, steht schon eine ganze Bande Gegner davor, die dem Dieb einen bleihaltigen Empfang bereiten. Angesichts derart unvorhersehbarer Tücken muss man die Missionen entweder in althergebrachter »Trial & Error«-Manier auswendig lernen - oder Freunde finden, mit denen sich die Aufgaben eleganter meistern lassen.
Programmiertes Chaos
Und mit »Freunden« meinen wir nicht irgendwelche Online-Zufallsgefährten, mit denen man Monaco auch spielen kann. Was allerdings in etwa so koordiniert abläuft wie ein Ausflugstag mit einer Gruppe verhaltensauffälliger Erstklässler: Alle rennen durcheinander, jeder will der erste am Zielobjekt sein, auf dem Weg dorthin gehen alle drauf, und vorbei ist die Runde.
Denn im Koop gibt's keine Extra-Leben, nur die Fähigkeit, die Mitspieler wiederzubeleben. Aber wenn die schon sonstwo ins Gras gebissen haben … tja. Wie gesagt, echte Freunde müssen her. Freunde, die nicht egoistisch vorpreschen und sich alle Goldmünzen unter die Nägel reißen, weil die nur dem aufsammelnden Spieler Munitions-Nachschub spendieren, nicht dem ganzen Team. Freunde, denen man es zumuten kann, sich durch die gesamte Karte zu wurschteln, um einem wieder auf die Füße zu helfen. Freunde, die vor allem die Füße auch mal stillhalten und Vorschlägen zuhören können. Und Freunde, die's einem nicht übel nehmen, wenn man trotz aller Bemühungen den Coup am Ende dann doch versaut.
Und wo findet man diese Freunde? In der Steam-Freundesliste oder gleich daheim in der Nachbarschaft, denn Monaco lässt sich auch an einem Rechner im Koop spielen.
Aber Monaco ist selbst für eingeschworene Trupps, die sich absprechen und darauf achten, was die anderen treiben, kein leichtes Spiel. Viele (zu viele) Wachen, viele Kameras, unzureichend erkennbare Abgrenzungen (Ist das nun eine massive Wand oder nur eine hüfthohe Balustrade?) und die Faktoren Pech sowie Missgeschick sorgen stets dafür, dass die anfänglich gemeinsame Schleicherei mal mehr, mal weniger schnell zu einem wilden Durcheinander verkommt, bei dem jeder dem nächsten verstecktauglichen Blumenkübel, dem nächsten Lüftungsschacht oder der nächsten Abschnittsgrenze entgegen sprintet - ohne Rücksicht auf Verluste, dafür mit entsprechendem Gekreische.
Und dieser Hühnerhaufen-Endspurt macht tatsächlich einen nicht geringen Teil des Spaßes von Monaco aus. Allerdings nicht dauerhaft. Monaco ist ein Spiel, mit dem man sich ein paar Wochenenden lang ganz gut beschäftigen kann. Danach ist die Luft aber erst mal raus. Naja, für einen 14-Euro-Indie-Titel ist das dennoch ein ziemlich guter Wert.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Dein Kommentar wurde nicht gespeichert. Dies kann folgende Ursachen haben:
1. Der Kommentar ist länger als 4000 Zeichen.
2. Du hast versucht, einen Kommentar innerhalb der 10-Sekunden-Schreibsperre zu senden.
3. Dein Kommentar wurde als Spam identifiziert. Bitte beachte unsere Richtlinien zum Erstellen von Kommentaren.
4. Du verfügst nicht über die nötigen Schreibrechte bzw. wurdest gebannt.
Bei Fragen oder Problemen nutze bitte das Kontakt-Formular.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Nur angemeldete Plus-Mitglieder können Plus-Inhalte kommentieren und bewerten.