Disney+ hat gerade ein episches Serienhighlight, gegen das selbst Game of Thrones alt aussieht

Ungeschönter habt ihr das historische Japan noch nie erlebt. Jesko erklärt zum Staffelfinale, warum Shogun genau deswegen großartig ist.

Daumen hoch für den Shogun: Die Historienserie über den Aufstieg des Tokugawa-Clans kann ich gar nicht genug loben. Bildquelle: FX Network. Daumen hoch für den Shogun: Die Historienserie über den Aufstieg des Tokugawa-Clans kann ich gar nicht genug loben. Bildquelle: FX Network.

Mit einem entschlossenen Grunzen stößt der greise Samurai die Klinge des Kurzschwerts in seinen Bauch. Die Kamera fokussiert kurz das schmerzerfüllte Gesicht. Dann rollt ein Kopf. Und ich sitze mit offenen Mund vor meinem Fernseher und frage mich: Ist das gerade wirklich passiert?

Ja, ist es. Shogun scheut sich nicht, auch die unschönen Seiten des alten Japan zu zeigen. Die Serie ist spannend, unvorhersehbar, sie ist brutal und gleichzeitig historisch genau bis ins letzte Detail. Und genau deshalb kann ich von Shogun einfach nicht die Finger lassen!

Am Dienstag erschien bei Disney+ die finale zehnte Folge der Historienserie. Zeit, dass ich euch spoilerfrei verrate, was diese Serie in meine Augen zu einem Meisterwerk macht und warum ihr jetzt unbedingt reinschauen solltet.

Jesko Buchs
Jesko Buchs

Jesko ist Japan-Fan, seit er in der siebten Klasse zum ersten Mal den Manga Elfen Lied in der Hand hatte. Erst vor wenigen Wochen aus einem sechsmonatigen Studienaufenthalt in Tokyo zurückgekehrt, ist er neben Kollegin Natalie Schermann wohl der Japan-Experte im GameStar-Team. In Japan hat er die wichtigsten Burgen der Sengoku-Zeit besucht und mit Kyudo eine echte Samurai-Kampfkunst gelernt.

Schon als ich vor knapp sechs Monaten den ersten Trailer zu Shogun gesehen habe, wusste ich: Da kommt was Großes! Denn die Story war mir wohlbekannt. Shogun basiert auf dem gleichnamigen Buch des britischen Autors James Clavell aus dem Jahr 1975.

Der Roman erzählt die Geschichte des englischen Navigators John Blackthorn, der vor über 400 Jahren in Japan strandet und in den Dienst des Feldherren Yoshii Toranaga gerät. Der hat große große Pläne: Er will ganz Japan unter seinem Banner vereinen und eine Zeit des Friedens einläuten - nötigenfalls auch mit Gewalt.

Doch Toranaga hat viele Neider. Allen voran Ishido Kazunari, der Fürst von Osaka, der in Toranaga eine wachsende Gefahr sieht und Pläne schmiedet, diesen kaltzustellen. Krieg scheint unausweichlich. Und in diesen Machtkampf stolpert der ahnungslose Europäer Blackthorn mitten hinein.

Shogun: Der Trailer zur neuen Serie bereitet auf einen bildgewaltigen Epos vor Video starten 2:27 Shogun: Der Trailer zur neuen Serie bereitet auf einen bildgewaltigen Epos vor

Ein echtes historisches Setting

Falls es hier bei einigen Geschichtskundigen klingeln sollte, hat euch eure Intuition nicht getäuscht: Das Setting von Shogun ist historisch.

Die Handlung basiert auf realen Ereignissen und Figuren, lediglich die Namen und ein paar Details wurden ausgetauscht! Aus dem historischen William Adams, in Japan Miura Anjin genannt, wird in Clavells Geschichte John Blackthorne und statt Ieyasu Tokugawa bekommen wir es mit Fürst Yoshii Toranaga zu tun.

Und hier liegt auch schon das Potenzial von Shogun verborgen. Denn Tokugawas Aufstieg zum Shogun war in echt viel blutiger und wendungsreicher, als es sich selbst Game of Thrones-Autoren jemals hätten ausdenken können!

Schon 1980 wurde Clavells Roman daher erstmals als Serie adaptiert, damals mit Richard Chamberlain in der Hauptrolle. Bereits damals war die Serie beliebt. Doch die Aussicht auf eine zeitgemäße Umsetzung des Stoffes mit modernem CGI und gigantischen Samurai-Schlachten ließen mir das Wasser im Mund zusammenlaufen.

Fürst Toranaga (Hiroyuki Sanada) inspiziert seine Truppen. Der listige Feldherr lässt sich nicht in die Karten schauen. Bildquelle: FX Network. Fürst Toranaga (Hiroyuki Sanada) inspiziert seine Truppen. Der listige Feldherr lässt sich nicht in die Karten schauen. Bildquelle: FX Network.

Eine bewegte Epoche

Shogun spielt in einer der spannendsten Epochen der japanischen Geschichte: Die Sengoku-Periode oder Zeit der streitenden Reiche. Das Land ist in damals in dutzende kleine Fürstentümer zersplittert, deren Feudalherren einander unablässig im Wettstreit um Macht und Einfluss bekämpfen.

Es ist die Blütezeit der Samurai-Kultur. Überall wird Krieg geführt, geköpft und im Dienste des eigenen Lehnsherren ehrenvoll gestorben. Doch die Krieger fördern auch die schönen Künste: Viele heute typisch japanische Dinge wie die Teezeremonie oder die Haiku-Dichtung finden hier ihren Ursprung.

Auch die Ankuft der ersten Europäer in Japan fällt in diese bewegte Zeit. 1543 stranden portugiesische Händler eher zufällig auf dem Archipel. Als John Blackthorn im Jahr 1600 eintrifft, haben sich bereits überall katholische Missionare breitgemacht, die versuchen die Einfluss der Kirche zu vergrößern.

Sie werden im Machtkampf um die Krone Japans ein wichtiger Akteur und Gegenspieler Toranagas sein.

Himeji Castle fungierte in der ersten Serienumsetzung von Shogun als Burg von Osaka. In der aktuellen Serie sind die Burgen komplett mit CGI erstellt. Foto: Jesko Buchs. Himeji Castle fungierte in der ersten Serienumsetzung von Shogun als Burg von Osaka. In der aktuellen Serie sind die Burgen komplett mit CGI erstellt. Foto: Jesko Buchs.

Entschuldigen Sie, ich spreche kein Japanisch

Eine weitere zentrale Stärke von Shogun ist der famose Umgang der Serie mit Sprache. Denn statt die Dialoge vollständig zu übersetzen, haben sich die Macher von Shogun entschieden, viele Dinge einfach ungesagt zu lassen. Zumindest auf anderen Sprachen.

Da Shogun in Japan spielt, findet der Großteil der Dialoge auf Japanisch statt. Eine Übersetzung gibt's nur per Untertitel oder in Form der Übersetzerin Mariko Toda, die Hauptfigur John Blackthorn zur Seite gestellt wird. Ist sie im Raum, gibt sie das Gesagte für Blackthorn auf Deutsch oder Englisch wieder. Ist sie es nicht, müssen wir lesen.

Doch bevor hier jemand gleich anfängt, über nervige Untertitel zu motzen, hört mich an! Denn die japanischen Dialoge sind eines der besten Features von Shogun. Sie machen die Serie noch immersiver.

Die fehlende westliche Übersetzung hilft mit als Zuschauer ungemein dabei, mich Navigator John Blackthorn einzufühlen, der als Fremder in einem ihm fremden Land gestrandet ist, in dem niemand seine Sprache spricht und dessen Sitten und Gebräuche er nicht versteht.

Navigator John Blackthorne (Cosmo Jarvis) versteht zunächst nur Bahnhof. Lady Mariko (Anna Sawai) übersetzt für ihn. Bildquelle: FX Network. Navigator John Blackthorne (Cosmo Jarvis) versteht zunächst nur Bahnhof. Lady Mariko (Anna Sawai) übersetzt für ihn. Bildquelle: FX Network.

Viel Liebe zum Detail

Worauf die Showrunner von Shogun ebenfalls großen Wert legten, ist die historischen Authentizität der Serie. Über elf Monate haben sie laut eigenen Angaben recherchiert und dabei ein dickes Handbuch geschrieben, um das Leben im spätmittelalterlichen Japan realistisch abbilden zu können.

Sei es die authentische Darstellung des Noh-Schauspiels, der japanischen Teezeremonie oder des korrekten Öffnens von Schiebetüren. Selbst das authentische Laufen wie in der Edo-Zeit mussten die Schauspieler vor Drehbeginn erst mühsam lernen. Und für all das ließen die Produzenten echte japanische Experten anheuern.

In Kurzvideos die auf dem YouTube-Kanal der Serie veröffentlicht werden, zeigen die Macher, wie viel Aufmerksamkeit selbst den unscheinbarsten Details gewidmet wurde. Das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen. Denn herausgekommen sind Szenen wie diese hier:

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Der Ton macht die Musik

Einen letzten Punkt, den ich in meinem Loblied auf Shogun noch kurz ansprechen will, ist der Soundtrack der Serie, der extrem minimalistisch anmutet. Aber genau mit diesem reduzierten Ansatz fährt Shogun goldrichtig. Es braucht nicht immer ein ganzes Orchester, um eine Szene stimmungsvoll zu untermalen.

Versuchte die alte Shogun-Serie aus den 80er-Jahren noch, das historische Japan mit landestypischen Instrumenten wie dem Shamisen oder Flötenklängen zum Leben zu erwecken, setzt die aktuelle Serie komplett auf schlichte, elektronische Klänge.

Und das funktioniert! Seit der berühmten langen Nacht in Game of Thrones' unrühmlicher achter Staffel ist mir der Soundtrack einer Folge nicht mehr so unter die Haut gegangen wie bei Shogun.

All das hat Shogun für mich schon jetzt zum unumstrittenen Serien-Highlight des Jahres gemacht. Und auch die Kritiker überhäufen die Serie seit ihrem Start mit Lob: Bei Rotten Tomatos steht die Serie momentan bei beinahe perfekten 99 Prozent.

Wann, wenn nicht jetzt?

Da nun alle zehn Folgen erschienen sind, gibt es aus meiner Sicht keinen triftigen Grund, noch mit dem Anschauen von Shogun zu warten. Nie war die Stunde günstiger. Oder um es mit den Worten von Lord Toranaga zu sagen: Auf in die Schlacht!

Eine zweite Staffel von Shogun soll es übrigens trotz all des Lobs nicht geben. Die Show war laut den Autoren von Anfang an als Limited Serie konzipiert. Da Staffel eins bereits das gesamte zugrundeliegende Buch von James Clavell abdeckt, ist die Handlung damit zu Ende erzählt.

Das ist allerdings kein Grund traurig zu werden. Denn wir haben auf GameStar.de noch eine ganze Menge anderen spannenden Content für Japan-Fans. Wusstet ihr zum Beispiel schon, dass das kommende Assassin's Creed euch ebenfalls ins Japan der Sengoku-Zeit versetzt? Nein - Dann schaut euch doch mal unsere oben verlinkten Artikel dazu an.

Habt ihr bereits alle Folgen von Shogun gesehen? Wie fandet ihr die Serie? Hat euch das Japan-Feeling auch gepackt oder lassen euch historische Serien kalt? Schreibt es uns gerne in die Kommentare?

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