Der einstige Traumjob Spieleentwickler hat zuletzt stark an Ansehen verloren. Sexismus-Klagen gegen weltweit führende Spieleschmieden, toxische Arbeitskulturen und eine Industrie, in der Crunch-Arbeiten mittlerweile mehr Regel als Ausnahme ist. Junge Talente werden in zahllosen Überstunden verheizt, Menschen als bloße Ressource ausgebrannt.
Dass es auch anders geht, das beweisen ein paar mutige Vorkämpfer. Sie nehmen Abstand vom starren 9-to-5-Bürogesitze, öffnen sich für Vier-Tage-Woche, Home-Office, Vertrauensarbeitszeit. Die Pandemie hat den Wandel beschleunigt.
Wenn Lea Schönfelder morgens zur Arbeit geht, muss sie kein langes Pendeln in stickigen Vorstadtbahnen hinter sich bringen. Kein Hetzen ins Büro in letzter Minute, weil mal wieder Stau war. Sie steht einfach auf, geht die paar Schritte zu ihrem Laptop, und schaltet ihn ein.
Es ist 9 Uhr Ortszeit in London, da, wo sie derzeit wohnt. Und 10 Uhr in Berlin. Da, wo der Großteil ihres Spielestudios sitzt. Man trifft sich zum täglichen Guten-Morgen-Meeting. Es wird besprochen, was ansteht, wer was bis wann macht. Komplett Remote, also digital. Für Lea bringt das klare Vorteile: »Man kann frei entscheiden, wo man leben will«, erzählt sie uns am Telefon aus London.
Bei Dennis Quaisser ist der Weg zur Arbeit ähnlich kurz. Auch er kann von daheim aus arbeiten. Sein zusammen mit Studienkollegen erst 2021 – mitten in der Pandemie – gegründetes Studio Suspicious Games kennt gar keinen anderen Modus. Aber: »Manchmal brauche ich einen Tapetenwechsel.« Dafür hat er sich in einem Coworking-Space in der Nachbarstadt eingemietet. So kann er frei entscheiden, wann er unter Leute gehen will und wann nicht.
»Die Wahl zu haben, das ist das, was das Remote-Arbeiten so vorteilhaft macht.«
Der Spielebranche gehen die Mitarbeiter aus
Fein und Suspicious Games sind dabei längst keine Einzelfälle mehr. Humane(re)s Arbeiten ist Thema auch bei großen Studios. Zuletzt führte etwa das zu Square Enix gehörende Eidos Montreal die Vier-Tage-Woche ein. Ein Versuch, qualifizierte Mitarbeiter anzulocken – und zu halten. Denn die Fluktuation ist hoch: Für eine Umfrage der International Game Developers Association gab ein Großteil der befragten Entwickler an, dass sie nicht erwarten, länger als drei Jahre bei demselben Arbeitgeber beschäftigt zu sein.
Das Spielegeschäft ist eine Branche auf dem Sprung, die für Familie und Freizeit wenig Raum lässt. Ein Problem, dass vor allem die in der Branche beschäftigten Frauen trifft, die die sich oft noch zwischen Kind und Karriere entscheiden müssen und ohnehin in der Minderheit sind. Laut IGDA sieht das typische Arbeiterprofil in der Spielebranche immer noch folgendermaßen aus: männlich, Mitte 30, Universitätsabschluss, keine Kinder.
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