Seite 2: Star Citizen - Die CitizenCon 2016: Opfer selbst geschürter Erwartungen

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Wieder die Planetentechnik

Bei der Planetentechnik hat sich seit den auf der Gamescom gezeigten kahlen Gesteinsbrocken jede Menge getan. Eine schnelle Kamerafahrt vom All auf einen Planeten und über die deutlich detailliertere Oberfläche lässt erahnen, wohin die Reise gehen soll. Zwar handelt es sich um einen Wüstenplaneten, allerdings ist der sehr realistisch gestaltet. Bäume und andere Vegetation sind vorhanden, allerdings ploppen bei der schnellen Kamerafahrt noch viele Texturen einfach ins Bild. Dafür sind wir enorm beeindruckt von der schier unglaublichen Größe dieses einen Planeten. Sein Umfang würde locker für zwei komplette Open-World-Spiele reichen.

Die Kamera hält an einer Constellation, einem Multicrew-Raumschiff, das dieses Mal aber nur mit einem einzigen live gesteuerten Piloten besetzt ist. Er hat die Aufgabe, ein Notsignal zu untersuchen, allerdings ohne jede cineastische Aufbereitung durch animierte Auftraggeber. Wir bekommen kurz das etwas unruhige Flugverhalten in der Planetenatmosphäre zu sehen, dann landet das Raumschiff auf einer Plattform und der Pilot steigt in ein sechsrädriges Geländefahrzeug um. Diesen Ursa-Rover sahen wir auch schon in der Gamescom-Demo in Aktion. Über die anfangs karge, aber klasse texturierte Planetenoberfläche führt der Weg zum Notsignal in einer zerstörten Rettungskapsel.

In einer kurzen Scriptsequenz stößt der Roverfahrer auf eine Überraschung: Räuberische Nomaden lauern in einem Engpass zwischen zwei Bergen und eröffnen das Feuer. Einen zerstörten Rover und ein einseitig erfolgreiches Feuergefecht gegen recht unbedarfte NPCs später geht es zu Fuß zum nächsten Signal - erneut eine Rettungskapsel, die diesmal aber die Position der Blackbox eines abgestürzten Raumschiffs preisgibt. Im angrenzenden Nomadenlager wartet praktischerweise ein Dragonfly-Space-Motorrad auf den Spieler, und weiter geht's in Richtung Schiffswrack.

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Ein wohl schon sehr lange dort vergammelndes Großkampfschiff, eine Javelin, liegt dort im Sand. Monströse Triebwerke starren über einen größtenteils offenen Schiffsrumpf, in dem sich weitere Nomaden eingenistet haben. Auf deren Beseitigung folgt der nächste Aha-Moment: Ein Sandsturm zieht über das Schiff hinweg und reißt dabei einige rostige Stahlplatten vom Rest-Rumpf. Nachdem das Unwetter vorbeigezogen ist, klettert der Spieler noch durch eines der massiven Triebwerke. Oben angekommen rücken weitere Nomaden auf Dragonflys an - und als Höhepunkt wird eine davon samt Fahrer von einem vorher bereits angedeuteten, monströsen Sandwurm gefressen. No Man's Sky lässt schön grüßen.

Im All nicht viel Neues

So großartig die Details, so hochwertig die Umgebung und so cool das gezeigte Gameplay an sich auch war: Bis auf die besser ausgearbeitete Planetentechnik gab es schlicht nichts Neues zu sehen und das trägt zu dem unterm Strich enttäuschenden Gesamteindruck des Abends bei.

Da hilft auch die folgende Demonstration der Entwicklertools nur bedingt. Technical Director Sean Tracy und ein weiterer Entwickler zeigen live, wie schnell sie auf prozeduraler Oberfläche Strukturen und Terrain modellieren können. Kurz danach geht es mit einem Raumschiff innerhalb dieser Entwicklerumgebung auf einen anderen Planeten, der mit lebensfeindlicher Atmosphäre und dampfenden Schwefelseen die vorherige Demo beinahe schon in den Schatten stellt. Der kurze Flug durch eine große Mining-Anlage ist vielleicht sogar das Highlight der gesamten Präsentation.

Das sagt viel darüber aus, wie die enorme Erwartungshaltung an Star Citizen selbst beeindruckende Demos in den Hintergrund treten lässt und Enttäuschung auf hohem Niveau generiert. Wir erwarten mittlerweile zu Roberts' Präsentationen Wunderdinge - nicht weniger. Dass die Entwickler diesem Druck nicht immer standhalten können, die Erwartungshaltung längst nicht immer bedienen können, das ist eine der Lehren aus der gestrigen CitizenCon. Aber ist das nicht einmal zwei Monate nach der überzeugenden Gamescom-Präsentation nicht der Fehler der Unterstützer und Fans, die bereits jetzt schon viel zu viel erwarten?

Falsches Erwartungsmanagement

Nein, der Fehler liegt hier eindeutig bei Cloud Imperium Games und bei Chris Roberts selbst. Niemand, der ihn je über Star Citizen hat philosophieren hören, wird abstreiten, dass er mit vollem Herzblut an dem Projekt arbeitet, dass er mit extrem viel Leidenschaft und Engagement hinter dem Spiel steht und wirklich den Ehrgeiz hat, ein Meisterwerk zu erschaffen, das alle anderen Spiele nur noch wie Amateurarbeiten aussehen lässt. Doch er nimmt immer noch den Mund zu voll, auch wenn er keine Veröffentlichungsdaten mehr nennt. Er schürt die Erwartungshaltung in Interviews und auf Präsentationen auf ein Level, wie es für ihn selbst den jeweils aktuellen Stand der Dinge seiner Vision darstellt.

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Das ist per se nichts Verwerfliches, denn seine echte, ehrliche Begeisterung für das Spiel, für die revolutionäre Technik dahinter und für die Vision, hat maßgeblichen Anteil am gigantischen Erfolg des Crowdfunding-Projekts. Doch eines muss sowohl ihm als auch den Fans dabei klar sein: Ein solcher Erwartungshöhenflug wird zwangsläufig von diversen Abstürzen begleitet sein. Und einer davon war die CitizenCon 2016.

Viel wurde gestern geredet, viel erzählt über die Pläne für das nächste Jahr. Die Roadmap für 2016 und 2017 beinhaltet große Schritte für das Spiel-Universum. Update 2.6 mit Star Marine und dem überarbeiteten Flugverhalten von Raumschiffen soll als nächstes erscheinen. Alpha 3.0 soll immer noch Ende des Jahres mit dem kompletten Stanton-System live gehen. Bis zum Update 4.0 ging die Vorstellung der Ziele für das nächste Jahr. Und mit Spectrum wurde überdies ein eigenes soziales Medium angekündigt, das als Schnittstelle zwischen Spiel- und realer (Netz-)Welt fungieren soll. Diese Dinge fassen wir in einem weiteren Artikel in Kürze zusammen.

Star Citizen - Alpha 3.0 ist beeindruckend, faszinierend + erschreckend Video starten 18:32 Star Citizen - Alpha 3.0 ist beeindruckend, faszinierend & erschreckend

Doch es wird Zeit, von den Präsentationen und Videos hin zu Fortschritten im Spiel zu kommen. Die derzeitige Alpha-Version ist immer noch sehr instabil und es stellt sich die Frage, welche Zauberei nötig sein wird, um viele Planeten mit solch gigantischem Ausmaß so zu integrieren, dass es inhaltlich und auch in puncto Performance richtig Spaß macht. Die Vision des Chris Roberts für Star Citizen ist gestern nicht kleiner geworden, aber die Erwartungshaltung der Fans hat einen kleinen Dämpfer verpasst bekommen.

Am Schluss der Veranstaltung gab es Kuchen zum vierten Geburtstag der CitizenCon. Nur echte Feierstimmung kam dieses Mal keine auf.

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