The Lion's Song im Test - Wiener Geniestreich

Im Test zum episodischen Indie-Adventure The Lion’s Song begeben wir uns auf eine Reise in die Köpfe von drei Genies, auf der Suche nach ihrer Inspiration.

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The Lion's Song erzählt die Geschichte von vier sehr unterschiedlichen Menschen. Jede Episode stellt eine Person in den Mittelpunkt. The Lion's Song erzählt die Geschichte von vier sehr unterschiedlichen Menschen. Jede Episode stellt eine Person in den Mittelpunkt.

Update, 13. Mai 2021: The Lion's Song ist bis zum 20. Mai als Gratis-Titel im Epic Store verfügbar. Wie gut das Spiel ist, erfahrt ihr in diesem Test.

Meine romantische Vorstellung will, dass Texte zu schreiben ein bisschen wie Bildhauerei ist. Das unbeschriebene Blatt ist der Granitblock und die Tastatur der Meißel, mit dem Wörter aus dem Felsen geschlagen werden.

Wort für Wort formt sich das Werk, und immer wieder geht der unzufriedene, korrigierende Blick über die Zeilen, um Sätze mit der Feile zu bearbeiten, bis das Gesagte einigermaßen dem entspricht, was in der Vorstellung bereits existierte.

Und während sich Stunde um Stunde der Korpus bildet und sich die finale Form immer weiter abbildet, stelle ich mir die Frage, wie ich den Einstieg in diesen Text aufbaue, damit ihr als Leser direkt gefesselt seid und dranbleibt? Versuche ich, das Spiel, um das es gehen soll, möglichst bildlich zu beschreiben?

Ich könnte mit der Nacherzählung einer packenden Situation beginnen, die mir das Spiel bot, die euch direkt ins Geschehen reinzieht. Oder steige ich auf einer reflektierenden Ebene ein, weil mich das Spiel zum Nachdenken über Schaffensprozesse und Kreativität gebracht hat?

Das ganze Spiel ist in einem reduzierten Pixel-Sepia-Look gehalten und schafft es trotz oder gerade durch diese Limitierung, viele sehr stimmungsvolle Situationen zu erzeugen. Das ganze Spiel ist in einem reduzierten Pixel-Sepia-Look gehalten und schafft es trotz oder gerade durch diese Limitierung, viele sehr stimmungsvolle Situationen zu erzeugen.

Diesen Kampf kennen alle künstlerisch schaffenden Menschen. Nicht nur als Autor stellt sich oft die Frage nach der Inspiration für die eigene, kreative Arbeit. Dieses Ringen mit sich selbst, die Suche nach Ideen und das Streben nach Anerkennung stehen im Mittelpunkt der vier Episoden des narrativen Adventures The Lion's Song des Wiener Entwicklerstudios Mi'pu'mi Games.

Die Geschichten des Spiels sind ebenfalls in der österreichischen Metropole angesiedelt, am Vorabend des ersten Weltkriegs. In einer Zeit, in der Kutschen das Stadtbild prägten und Männer Hüte und mächtige Schnauzbärte trugen.

The Lion's Song - Screenshots ansehen

Drei brillante Köpfe

In jeder der vier rund einstündigen Episoden erleben wir die Selbstfindungsgeschichte eines Menschen vor der Kulisse dieser kulturellen Hochburg, die Wien damals darstellte. Die unterschiedlichen Erzählungen sind clever, aber ungezwungen miteinander verwoben.

Als erstes begleiten wir Emma, eine hochtalentierte Komponistin, die von ihrem Professor und Mentor unter enormen Druck gesetzt wird. Beim Schreiben ihrer nächsten Komposition muss sie nicht nur ihre innere Ruhe finden, sondern wird auch mit Fragen über eine enttäuschte Liebe, Freundschaft und ihre Herkunft konfrontiert.

In der zweiten Episode begleiten wir einen aufstrebenden jungen Maler, der die Gabe besitzt, die verschiedenen Facetten von Menschen bildlich sehen zu können, während sich Episode 3 darum dreht, wie eine brillante Mathematikerin sich in einer von Männern dominierten Welt und Zeitepoche behaupten muss, um gehört zu werden.

Auch berühmte Persönlichkeiten wie hier Siegmund Freud sind im Spiel als Cameos anzutreffen. Die Geschichten und Biographien der Protagonisten sind allerdings fiktiv. Auch berühmte Persönlichkeiten wie hier Siegmund Freud sind im Spiel als Cameos anzutreffen. Die Geschichten und Biographien der Protagonisten sind allerdings fiktiv.

Hinter den Augen der Genies

The Lion's Song schenkt seinen Charakteren sehr viel Respekt, Zeit und Aufmerksamkeit, um Gefühle, Ängste und Innenleben darzulegen. Das geschieht primär durch die Ausformulierung von inneren Monologen oder in Gesprächen mit anderen Charakteren.

Besonders gelungen ist dabei die Visualisierung der kreativen Schaffens- und Denkprozesse. Wenn wir als der Maler mit Menschen reden, sehen wir die Welt aus seinen Augen und die schemenhaft aufflackernden Charakterzüge seiner Gesprächspartner.

Oder wir interagieren mit der komplexen und völlig anders ausgestalteten Gedankenwelt der Mathematikerin, die eine neuartige Theorie ausformulieren will. Kurvendiagramme und Parabeln sind in der Luft dargestellt.

Während die Spielfigur grübelt, können wir mit der Maus die Kurve manipulieren, um auf die Lösung zu kommen. Auf Klick formuliert die Figur die daraus resultierende Schlussfolgerung laut aus und kommentiert, ob diese sinnvoll erscheint oder einer gedanklichen Sackgasse entspricht.

An manchen Stellen spielt sich The Lion’s Song wie ein klassisches Point&Click-Adventure, allerdings ohne Inventar oder Rätsel. Lediglich ein paar Dialogoptionen stehen zur Auswahl. An manchen Stellen spielt sich The Lion’s Song wie ein klassisches Point&Click-Adventure, allerdings ohne Inventar oder Rätsel. Lediglich ein paar Dialogoptionen stehen zur Auswahl.

Diese Interaktionen gehen nicht als Rätsel durch, aber bringen trotzdem eine große Immersion mit sich, da wir aktiv am Schaffensprozess beteiligt sind. Als Musikerin finden wir durch das Betrachten der Umgebung Inspiration für Melodien oder versuchen den gleichmäßigen Rhythmus des trommelnden Regens zu isolieren, um den inneren Ruhepol zu finden.

So formen sich Emmas Kompositionen, die Bilder des Malers und die mathematische Formel Stück für Stück bis zum jeweiligen Finale, während parallel dazu Themen wie Familie, Freundschaft und soziale Ungerechtigkeit einfühlsam verarbeitet werden.

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