Baumeister in der Offensive
Die Singleplayerkampagne bildet das Herzstück des Spiels und umfasst 13 abwechslungsreiche Missionen, die uns aber nach dem Durchspielen (gut 15 Stunden) etwas unzufrieden zurücklassen. Meistens wird von uns erwartet, die eigene Dungeon-Infrastruktur rudimentär aufzubauen, bis wir mit genügend Einheiten den Dungeonkern des Gegners angreifen und vernichten können. Die Ausgestaltung und Perfektionierung des eigenen Kerkers wird dabei häufig vom Level- und/oder Missionsdesign unterbunden. Mal ist es ein Zeitlimit, das kein überlegtes und langsames Planen der Dungeons erlaubt, mal sind es bereits vordefinierte Räume, die genutzt werden müssen. Oder die Levelbegrenzung lässt schlicht zu wenig Platz, um die Gewölbe nach den eigenen Vorstellungen anlegen zu können.
Zwar sorgt diese Durchmischung im Missionsdesign für spielerische Abwechslung, im Gegensatz zur Erwartungshaltung (und zum Vorbild) schauen wir aber nur sehr selten dabei zu, wie eine Heldentruppe den Dungeon betritt und in unsere hinterhältigen Fallen tappt. Im Gegenteil: In den allermeisten Missionen dient die eigene Dungeon-Infrastruktur nur dazu, möglichst schnell möglichst viele Kreaturen anzuwerben und zu trainieren, um diese dann mit dem Aufstellen einer Angriffsflagge im »Masse statt Klasse«-Prinzip ins feindliche Territorium zu werfen und darauf zu hoffen, dass dieser Pulk aus dem Chaos irgendwie siegreich hervorgeht.
War for the Overworld hat keine direkte Einheitensteuerung. Wie auch im Original können wir lediglich Einheiten ohrfeigen, um sie zu »motivieren«. Oder sie direkt am Schopf packen und in einen Raum oder direkt vor feindliche Truppen werfen. Als Hommage an das Original ist es hier möglich, Kreaturen zu übernehmen und den Dungeon aus ihren Augen zu erleben.
Kann denn Skillen Sünde sein?
Eine der wenigen Veränderungen zur Spielmechanik des Vorbilds ist der Fertigkeitenbaum. In drei unterschiedlichen Bereichen können wir im Spiel von Kultisten erforschte »Sins«-Punkte in neue Fähigkeiten und Optionen investieren. Sie schalten dauerhaft neue Raumtypen, Zaubersprüche oder Fallen frei. Das Problem: Ein Großteil dieser freischaltbaren Fähigkeiten wird kaum gebraucht. Man merkt, dass das Spiel mit einem starken Fokus auf den Multiplayermodus entwickelt wurde. Dort gewinnt es durch die vielen unterschiedlichen Zaubersprüche und Fähigkeiten durchaus an taktischer Tiefe - reine Solospieler werden von der großen Auswahl jedoch eher erschlagen.
Zur schieren Menge an nicht eindeutig lesbaren Icons gesellt sich die sehr unübersichtliche Benutzerführung. Der Bildschirm ist voll von Fenstern mit Untermenüs, in denen sich Verteidigungsanlagen, Rituale, das Brauen von Tränken, magische Bauwerke, Zaubersprüche und die Auswahl der Standardräume verbergen - intuitiv geht anders.
Dungeon Keeper 2.5 HD Remix
Nein, War for the Overworld ist nicht Dungeon Keeper 3. Dafür fehlt es dem Indieprojekt an einer großen Portion Eigenständigkeit und neuen Ideen. Die Figuren im Spiel sind kaum mehr als austauschbare Abziehbildchen aus dem Standardrepertoire der Fantasywelt. Einzig der Schmied, dessen kompletter Kopf als Hammer fungiert, ist uns nach dem Beenden der Kampagne in Erinnerung geblieben. Immerhin: Die Entwickler haben ihr Versprechen gehalten und das Spiel in den Jahren nach dem misslungenen Release kontinuierlich verbessert und einen wirklich soliden, gut spielbaren und inzwischen fast bugfreien Dungeon-Keeper-2-Klon geschaffen, der für mehrere Stunden Spaß macht. Einen »richtigen« Nachfolger sollten sich Käufer jedoch nicht erhoffen.
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