Wär's nicht eine geniale Sache, Videospiele auch mal auf dem heimischen Bildschirm spielen zu können statt nur auf Universitäts-Supercomputern? Diese bahnbrechende Idee hatte der Ingenieur Ralph Baer vor 50 Jahren, im August 1966. Auf fruchtbaren Boden stieß sie zunächst allerdings so gar nicht. Damals arbeitete Baer nicht in der Unterhaltungsindustrie, sondern für den Militärhardware-Hersteller Sanders Associates. Und eine kommerzielle Computerspielindustrie gab es damals sowieso noch nicht.
Freilich, erste Spiele existierten bereits, sie wurden schon in den Fünfzigerjahren entwickelt. Aber nicht für den Massengebrauch, denn es hatte ja noch kaum jemand überhaupt einen Computer. Die Ur-Videospiele entstanden auf den Großrechnern von Universitäten und Forschungsinstituten. Sie dienten meist dazu, die Rechenkraft dieser Maschinen unter Beweis zu stellen. Nur die Mitarbeiter der entsprechenden Einrichtungen hatten überhaupt Zugriff auf die Geräte.
Nachruf auf Ralph Baer:Der Vater der Videospiele
Baers Geistesblitz sollte all das ändern. Er konzipierte eine »Spielebox«, die man in einen Fernseher einstecken konnte, um darauf Spiele anzuzeigen. Ein revolutionärer Gedanke! Ein Gerät, das nur auf Spiele ausgelegt war! Problem dabei: Baers Arbeitgeber waren ja auf Militärprodukte spezialisiert. Also schnappte sich Baer einfach hinter dem Rücken seiner Chefs den Techniker Bob Tremblay und schraubte einen ersten Prototypen zusammen.
Der konnte immerhin schon eine vertikale Line auf dem Bildschirm anzeigen und sie sogar bewegen. Jetzt hatte Baer etwas, das er seinen Vorgesetzten zeigen konnte und bekam - wenn auch widerwillig - 2500 Dollar für die weitere Entwicklung bewilligt.
Im Verlauf des nächsten Jahres vergrößerte Baer sein Team und trieb weitere Prototypen voran. Im November 1967 unterstützte das Gerät verschiedene Spiele mit eigenen Controllern, darunter ein Schießspiel mit eigener Lightgun und ein Ping-Pong-Spiel. Weil Sanders Associates keine Unterhaltungsgeräte vertrieb, entschied sich Baer, die Lizenz für das Gerät zu verkaufen.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten kaufte schließlich Magnavox die Maschinen und brachte sie im September 1972 als Magnavox Odyssey auf den Markt - die erste Spielekonsole der Welt. Sie konnte noch keinen Sound abspielen und verzichtete aus Kostengründen sogar auf Farbdarstellung, weil entsprechende Fernseher damals noch ein Luxus waren. Um die primitive Grafik aufzupeppen, lagen verschiedene Plastik-Overlays bei, die man direkt an den Fernsehbildschirm heften konnte. Dieser Werbespot zeigt die Konsole in Aktion:
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Großer Erfolg war der Odyssey nicht beschieden: Sie verkaufte sich insgesamt 350.000-mal, eroberte die Welt also nicht gerade im Sturm. Und doch legte sie den Grundstein für alles, was später kam. Ralph Baer erhielt 2006 die amerikanische National Medal of Technology für seinen unschätzbaren Beitrag zur Unterhaltungsindustrie. Am 6. Dezember 2014 verstarb der Videospiel-Pionier im Alter von 92 Jahren.
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