Wie gelangt das Geld nach Deutschland?
Kickstarter selbst kehrt das gesammelte Geld ausdrücklich an den Frontmann aus. Dieses Geld muss daher noch nach Deutschland gelangen. Dafür braucht es wiederum eine rechtliche Grundlage. Geht man davon aus, dass der Frontmann Vertragspartner der Backer geworden ist, so ist dies durchaus kompliziert, denn dann muss erst eine eigene rechtliche Beziehung zwischen Studio und Frontmann für die Weiterleitung der Zahlung geschaffen werden. Bei der Ausgestaltung einer solchen Grundlage muss berücksichtigt werden, dass wenn man es als Leistungsaustausch gestaltet, der Betrag einer sogenannten Quellensteuer unterliegen kann. Das bedeutet, dass der US-Fiskus den Betrag als Einnahmen aus einer Geschäftstätigkeit des Studios in den USA betrachten kann.
In diesem Fall muss ein Teil des Gesamtbetrages vorab an den US-Fiskus ausgezahlt werden, bevor er nach Deutschland überwiesen wird. Eine solche Quellsteuer lässt sich jedoch vermeiden, wenn man frühzeitig eine entsprechende Steuerbefreiung in den USA beantragt, bei dem die ordnungsgemäße Versteuerung in Deutschland gegebenenfalls nachgewiesen werden muss. Wird der Antrag nicht rechtzeitig gestellt, kann der US-Fiskus die Steuer auf den Gesamtbetrag berechnen und auch nach vollständiger Überweisung noch beim Frontmann einfordern. Wird keine Gegenleistung zwischen Frontmann und Studio vereinbart, so wäre zu prüfen, ob nicht ein Äquivalent der deutschen Schenkungssteuer in den USA anfällt.
Der Backer als Vorbesteller?
Wenn man davon ausgeht, dass das Studio direkt Vertragspartner der Backer geworden ist, so stellt sich die Frage nach der Vertragsart. Unterstellt man deutsches Recht, so wird es auf den Einzelfall des Projekts ankommen. Klassische Games-Projekte, bei denen man mit dem geringsten Pledge zumindest eine Kopie des Spiel erwirbt und mit höheren Pledges zusätzliche Waren erhält, dürften als klassischer Kaufvertrag im Sinne einer Vorbestellung anzusehen sein.
Soweit aber - wie oft zum Beispiel bei Filmprojekten - außer einer Nennung im Abspann keine oder nur im Verhältnis zur Zahlung sehr geringwertige Leistungen erfolgen, dürfte eine Schenkung mit Auflage vorliegen. Die Auflage besteht in der Nutzung für das entsprechende Projekt. Im Falle einer Schenkung dürfte die Zahlung zumindest in Deutschland unter dem Gesichtspunkt der Schenkungssteuer nicht relevant werden, weil dort nur die Schenkung von inländischem Vermögen besteuert wird und auch dann die Freibeträge von 20.000 Euro bei nicht verwandten Personen selten ausgereizt werden dürften.
Liegt allerdings der Fall eines Kaufvertrages vor, so besteht das Risiko, dass der deutsche Fiskus wie bei jeder Kaufpreiszahlung die Abführung der Umsatzsteuer verlangt. Das Ausweisen einer Mehrwertsteuer ist bei Kickstarter gar nicht vorgesehen, weil es eine solche Steuer in den USA fast nirgendwo gibt. Innerhalb der EU, vor allem auch im Falle von Projekten, bei denen der Verantwortliche seinen Sitz in Großbritannien hat, dürfte das aber ein erhebliches Problem werden. Zumindest soweit der Backer seinen Sitz innerhalb der EU hat, wird dann vom Pledge nachträglich die Umsatzsteuer abzuziehen sein.
Sitzt der Backer außerhalb der EU, so ist grundsätzlich auch die Umsatzsteuer abzuführen, soweit kein Ausnahmetatbestand greift. Dies ist wiederum eine komplizierte Einzelfrage, gerade dann, wenn eben nicht nur das Spiel geliefert wird, sondern wenn weitere Goodies versprochen werden.
Das alles ist nur ein kleiner Ausschnitt aus den vielen Rechtsfragen, die derzeit bei Kickstarter relevant sind. Und den Fall, dass das Spiel gar nicht fertig oder vielleicht ganz anders wird als angekündigt, haben wir an dieser Stelle mal bewusst aus Komplexitätsgründen ausgeblendet. Es dürfte aber kein Geheimnis sein, dass dann auch Rückforderungen von Backern drohen.
Kickstarter ist eine große Chance für viele Studios, jedoch sollte man die Augen nicht davor verschließen, dass es zwar einfach ist, an das Geld zu kommen, aber damit genauso wie bei klassischen Investitionen viele rechtliche und steuerliche Probleme verbunden sind, die man auf den ersten Blick oft übersieht.
Für die freundliche Mitarbeit bei den Recherchen möchte ich mich bei Elena Kirchberg (Brehm & v. Moers München) und Jochen Dinter (Steuerberater in Berlin) bedanken.
Kai Bodensiek
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