Braid im Test - Kreativer Independent-Knobler

Lassen Sie sich nicht von den Bildern aus Braid im Test abschrecken! Sonst entgeht ihnen ein raffinierter, liebevoll gemachter Independent-Knobler.

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Zwei Worte werden Ihnen bei Braid garantiert häufiger über die Lippen kommen: »Ach so!« Denn in dem Jump&Run vom bislang unbekannten Entwickler Number None müssen Sie scheinbar unmögliche Rätsel lösen. Rätsel, die Sie an Ihrer Intelligenz zweifeln lassen. Rätsel aber, deren Lösung stets so verblüffend plausibel ist, dass Sie sich mehrfach auf die Stirn klatschen werden.

Seitdem Braid im August 2008 für die Xbox 360 erschienen ist, wurde der Erfinder Jonathan Blow mit Preisen geradezu überschüttet. Zu Recht, wie wir finden. Denn mit seinem außergewöhnlichen Spielprinzip reiht sich Braid mühelos in die Riege innovativer Knobel-Hits wie Portal und World of Goo ein.

Rückwärts

In Tims Haus wechseln Sie zwischen den Welten und lösen Puzzles. In Tims Haus wechseln Sie zwischen den Welten und lösen Puzzles.

Auf den ersten Blick mutet Braid wie ein zwar hübsch gezeichneter, aber schnöder Super Mario-Klon an. Und tatsächlich meistern Sie in der ersten von sechs stimmungsvollen 2D-Welten hauptsächlich Geschicklichkeitseinlagen, hüpfen über Abgründe und auf niedliche Feinde (miauende Hasen!), sammeln Puzzleteile und bekommen am Levelende zu hören, dass sich die gesuchte Prinzessin in einem anderen Schloss befinde.

Kurz darauf stellt Braid das Genre auf den Kopf. Ähnlich wie der Prince of Persia darf Tim, der Held des Spiels, die Zeit zurückspulen, und zwar beliebig lang. So lassen Sie zum Beispiel Feinde erst in für Tim unerreichbare Gruben hüpfen, den Schlüssel für eine Tür aufklauben und dann durch die Rückspul-Funktion zurück in seine Hände tragen. Grün schimmernde Objekte, Plattformen und Gegner zeigen sich von der Zeitmanipulation jedoch unbeeindruckt, bewegen sich also auch dann normal weiter, wenn Sie die Retour-Taste drücken. Aus diesem Prinzip hat Number None reihenweise kniffliger Rätsel gestrickt, eines kreativer als das vorangegangene. Der Schwierigkeitsgrad nimmt im Verlauf angenehm zu, und obwohl Sie häufig so manch schwere Nuss zu knacken haben, bleibt Braid stets nachvollziehbar und fair. Einsteiger und Ungeduldige sollten Tims Abenteuer dennoch mit Vorsicht genießen.

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Vorwärts

Braid sieht wie ein Jump&Run aus, setzt aber selten auf Geschicklichkeit. Wichtiger sind gutes Timing und Kombinationsgabe, um unerreichbar scheinende Puzzle-Teile (oben) einzusammeln. Braid sieht wie ein Jump&Run aus, setzt aber selten auf Geschicklichkeit. Wichtiger sind gutes Timing und Kombinationsgabe, um unerreichbar scheinende Puzzle-Teile (oben) einzusammeln.

Bloßes Zurückspulen wäre auf Dauer langweilig, weshalb Number None seinem Helden in jeder Welt eine neue Fertigkeit spendiert. Beispielsweise trennt sich Tim auf Kommando von seinem Schatten, der - während wir die Zeit zurückdrehen - alle zuvor ausgeführten Aktionen vorwärts, also richtig herum erneut durchläuft.

In Welt 6 darf Tim einen Ring auf den Boden legen, der nicht nur die perfekt zum grafischen Stil des Spiels passende Geigenmusik verlangsamt, sondern auch alle beweglichen Objekte in der Umgebung. Das gelungene, wenn auch etwas detailarme Leveldesign stellt Sie dabei regelmäßig vor Herausforderungen, die sowohl Hirnschmalz als auch Fingerfertigkeit verlangen. Beispielsweise bremsen Sie mit Tims Ring schnelle Kanonenkugeln ab, klettern zwischen ihnen eine Leiter hoch, schnappen sich einen Schlüssel, spulen die Zeit zurück und missbrauchen zuvor erledigte Gegner als Trampolin für ansonsten unerreichbare Plattformen.

Was kompliziert klingt, geht dank der eingängigen Steuerung sehr gut von der Hand. Jedoch nur mit einem Gamepad; auf der Tastatur sind die (nicht konfigurierbaren) Tasten etwas unglücklich verteilt. Ebenfalls ein Bedienungs-Manko: Sie benötigen zwingend ein Xbox-360-Gamepad. Geräte anderer Hersteller werden nicht unterstützt. Auch dass Braid nur die von der Konsole bekannte HD-Auflösung (1280x720 Pixel) beherrscht, zeugt von einer unsauberen Portierung.

Nochmal

Gefährliche Aufgaben überlässt Tim lieber seinem Schatten. Gefährliche Aufgaben überlässt Tim lieber seinem Schatten.

Die Präsentation gibt ebenfalls Anlass zur Kritik. Zwar erzählt Braid eine nette Parabel auf die Vergänglichkeit von Zeit und endet in einem tiefphilosophischen Finale (über dessen Interpretation die Fans sogar in Foren und Blogs diskutieren), all das bekommen Sie aber nur in Texttafeln zu lesen. Zwischensequenzen lässt das Programm ebenso vermissen wie sprechende Charaktere.

Das sind jedoch Kleinigkeiten, die den Spielspaß nur in geringem Maße stören. Denn seine Kerndisziplin, die kreativen und fordernden Rätsel, meistert Braid mit Bravour, zumal das Spiel immer wieder mit netten Ideen zu begeistern weiß. So bekommen Sie es beispielsweise mit dickwanstigen Bossgegnern zu tun, denen Sie nur durch den geschickten Einsatz der Rückspulfunktion schaden.

Rohre und heldenfressende Pflanzen -- nicht die einzigen Parallelen zu Super Mario. Rohre und heldenfressende Pflanzen -- nicht die einzigen Parallelen zu Super Mario.

Und der letzte Abschnitt (Welt 1 genannt, aber wie sollte es bei einem Spiel, das es mit der richtigen Reihenfolge nicht ganz ernst nimmt, anders sein?) schickt Sie gar in eine rasante Flucht vor einer Feuerwalze, der Sie nur entkommen, wenn Sie Tims Fähigkeiten klug und im richtigen Moment einsetzen.

Schade nur, dass Sie all das bereits in wenigen Stunden gesehen haben, denn Braid ist (trotz seines günstigen Preises) sehr kurz ausgefallen. Immerhin dürfen sich ehrgeizige Spieler an Mirror’s Edge-ähnlichen Speed-Runs probieren, die durch knappe Zeitlimits eine zusätzliche Herausforderung darstellen. Oder Sie spielen Braid einfach noch mal. Immerhin hat es schon lange nicht mehr so viel Spaß gemacht, »Ach so!« zu rufen.

Online-Vertrieb

Braid wird nicht im Handel, sondern ausschließlich über diverse Download-Plattformen vertrieben. Zur Auswahl stehen die US-Webseiten PlayGreenhouse.com und ImpulseDriven.com sowie Gamersgate.com und Steam. Die Preise unterscheiden sich teils stark. Mit 12,99 Euro war Valves Steam bei Redaktionsschluss der günstigste Anbieter. Bei Gamersgate müssen Sie 14,95 Euro berappen. Das 156 MByte kleine Jump&Run ist an Ihr Benutzerkonto gekoppelt und kann deshalb auf beliebig vielen Rechnern installiert werden. Eine Mac- oder Linux-Variante gibt es (noch) nicht.

» Test-Video zu Braid ansehen

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» Erklärung des Wertungssystems

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