Company of Heroes 2 im Test - Zufällig, unfair, schicksalhaft

Große Überraschung im Test: Relics Weltkriegs-Epos Company of Heroes 2 ist noch packender und brachialer als sein Vorgänger – weil es den Krieg aus einer ungewohnten Perspektive inszeniert. Frostbeulen inklusive.

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Der russische Bauer, frisch an der Front eingetroffen, ist panisch: »Genosse Leutnant, ich habe keine Waffe!« Die Antwort des Offiziers kommt so zynisch wie resigniert: »Dann such dir eine! Vorwärts! Für das Vaterland!«

Diese Zwischensequenz aus der ersten Kampagnenmission von Company of Heroes 2 zeigt, auf was wir uns die nächsten Einsätzen und Stunden einstellen müssen. Improvisieren, verzweifeln, uns trotzdem irgendwie durchbeißen. Unsere Infanteristen bestehen größtenteils aus Zwangsrekrutierten, die gerade erst gelernt haben, wo die gute und wo die böse Seite eines Gewehrs ist. Falls sie überhaupt eins besitzen.

Letztes Update: 28. Mai 2021
Company of Heroes 2 ist bis zum 3. Juni 2021 kostenlos bei Steam, einschließlich des Addons "Ardennes Assault". Aus diesem Anlass haben wir unseren Original-Test von 2013 samt Video aus dem Archiv geholt und für euch ein wenig aufgehübscht.

Doch mit den ersten Deutschen fallen auch deren Waffen: Flammenwerfer, MGs, Mörser. Dramatische Szenen spielen sich ab - wir schicken einen Sechsertrupp unerfahrener Soldaten aus der Deckung, um ein deutsches MG aufzuklauben, doch nur zwei kommen zurück. Immerhin mit MG! Es sind solche kleinen Erfolge, die uns Mut machen.

Denn in den ersten Kampagnenmissionen kriegen wir dauernd auf die Fellmütze: Wir sollen die Wehrmacht auf dem Weg nach Moskau aufhalten, mit Flammenwerfern sprichwörtlich verbrannte Erde hinterlassen, den Rückzug sichern, unsere eigenen Geschütze nicht einsetzen, sondern sprengen, damit sie den Deutschen nicht in die Hände fallen. Es sind beklemmende Aufträge, denn wer »gewinnt« schon gern eine Mission, indem er Männer verheizt, mit Gewehren gegen Panzer anrennt - und schließlich abhaut?

Mit einem 76mm-Feldgeschütz beharken wir einen angeschlagenen Panzer IV. Mit einem 76mm-Feldgeschütz beharken wir einen angeschlagenen Panzer IV.

Die russische Taktik

Obwohl Company of Heroes 2 die gleiche Spielmechanik einsetzt wie sein Vorgänger Company of Heroes von 2006, ist das Spielgefühl vor allem zu Beginn anders. Damals, in der alliierten Kampagne, rollten wir mit gut ausgerüsteten Amerikanern die Westfront in Hollywood-Manier auf, mit viel Pathos und flockigen GI Sprüchen. Jetzt, an der Ostfront, ist alles beklemmender. Anfangs wollen wir uns noch um jeden verzweifelten Trupp kümmern und auch die Zwangsrekrutierten irgendwie heil durch den Einsatz bringen. Doch je länger wir spielen, desto zynischer werden wir.

Das liegt zum einen an dem verführerischen Button, mit dem wir die schwachen Rekruten schneller und billiger in den Einsatz schicken als reguläre Infanterie wie Sturmsoldaten oder MG-Schützen. Wir ertappen uns, wie wir selber die russische »Taktik« verinnerlichen: »Da steht ein herrenloses Panzerabwehrgeschütz, mitten im Artilleriefeuer? Schicken wir halt die Rekruten hin, vielleicht kommt ja einer durch.« Zum anderen »erzieht« uns das Spiel dazu, dass auf russischer Seite der einzelne Mann nicht zählt. Einerseits in Zwischensequenzen, andererseits auf dem Schlachtfeld selbst.

Infanterie im Schnee Infanterie ohne Deckung erfriert langsam. Erst warnen blaue Thermometer-Icons davor, dann Totenköpfe. Bis es zu spät ist.

Rettende Feuer An solchen Feuern wärmen sich unsere Jungs wieder auf, das Thermometer wird rot und füllt sich. Fies: Die Feuer kann man auch löschen (zerstören), um Feinde erfrieren zu lassen.

Warme Buden Noch besser: Bauwerke und Fahrzeuge, etwa Truppentransporter. Da kann man beim Aufwärmen gleich weiterkämpfen.

Erfrorene Fahrzeuge Panzer und Sturmgeschütze kriegen schnell Probleme mit den Motoren, angezeigt durch ein oranges Icon.

Taktisches Auftauen Geschickt eingesetzte Artilleriebombardements, Handgranaten und Flammenwerfer tauen zugefrorene Gewässer schlagartig wieder auf: Dann macht’s Blubb!

Wenn wir zum Beispiel oft Rekruten einsetzen (oder später die bärbeißigeren Infanteristen aus Strafkompanien), taucht im Hauptquartier kurzzeitig ein Politoffizier auf. Der soll unsere Jungs nicht etwa motivieren, sondern diejenigen erschießen, die vor den Deutschen fliehen. Auch eine Art der Motivation. Verstärkt wird die düstere Atmosphäre immer wieder durch gesprochene Rückmeldungen: »Wir haben jetzt ein Feldlazarett - aber nur für die schwer Verwundeten« oder »Ein neuer Infanterietrupp ist eingetroffen, um für das Vaterland zu sterben!«

Nicht nur Depri-Einsätze

Natürlich besteht nicht die ganze Kampagne mit ihren 15 (diesmal erfreulich langen) Missionen aus Depri-Einsätzen und Selbstmord-Kommandos. Sondern aus erstklassigen abwechslungsreichen Szenarios.

Wir jagen Scharfschützen in Stalingrad, retten einen verschütteten Offizier, wehren deutsche Großangriffe ab, statt uns zurückzuziehen. Und ergreifen die Initiative: Wir befreien mit heftigen Artillerieduellen Leningrad, das seit einem Jahr belagert wird. Wir schießen mit hastig zusammengeklaubten Infanteriewaffen einen Tiger bewegungsunfähig, sodass seine Besatzung ausbordet und wir uns das Metall-Monstrum schnappen. Genau für diese Spannung wird Company of Heroes von seinen Fans seit Jahren verehrt:

Während unsere Pioniere den Panzer flicken, müssen wir mit dem Turm-MG die Deutschen niederhalten, die ihren Tiger vehement zurückfordern. Und dann, endlich, kippt der Krieg zu unseren Gunsten, es herrscht Aufbruchsstimmung: »Berlin! Berlin! Wir fahren nach Berlin!« Schon die tolle Kampagne allein ist wegen ihrer vielen verschachtelten Missionsziele und Nebenaufträge deutlich länger als die von 2006. Trotzdem bildet sie nur ein Drittel des Gesamtpakets, denn Company of Heroes 2 ist vorbildlich umfangreich.

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