Europa Universalis 4 im Test - Vom Kriege

Europa Universalis 4 ist ein toller Sandkasten für Hardcore-Strategen. Bloß die Schaufeln wurden uns im Test ein bisschen zu unfair verteilt.

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Nachtest
Sieben Jahre nach Release haben wir Europa Universalis 4 einem Nachtest unterzogen und die Wertung deutlich erhöht, weil es inzwischen zu den besten Strategiespielen gehört. Dieser Testartikel ist daher so veraltet wie die damalige Ursprungsversion von EU4.

Zum Nachtest von Europa Universalis 4

Europa Universalis ist für die schwedischen Macher von Paradox eine Herzensangelegenheit. Zum einen, weil ihnen der erste Teil des Strategie-Epos - eigentlich eine Umsetzung des gleichnamigen Brettspiels - vor 13 Jahren als fast völlig Unbekannten den Durchbruch beschert. Zum anderen, weil ihnen die zugrundeliegende Engine als Basis für zahlreiche, mitunter noch erfolgreichere Ableger dient: Crusader Kings, Victoria, Hearts of Iron. Nun kommt abermals das Original zum Zug. Europa Universalis 4, die jüngste Auflage renoviert die Reihe von Grund auf, angefangen bei der Grafik über die Steuerung bis hin zu Feinheiten wie Handel oder Forschung.

Das Spielprinzip aber ist geblieben: Wir sollen als Herrscher über eines von über 250 historischen Reichen unser Volk durch die komplette Neuzeit zum Ruhm führen und über fast 400 Jahre Geschichte schreiben. Ein echtes Ziel haben wir bis auf eine abstrakte Punkteanzeige nicht vor Augen. Wir müssen uns nur mit den verfügbaren Mitteln so gut schlagen, wie es geht. Als kleine Motivationshilfe gibt es aber automatisch generierte Minimissionen, die uns mit kleinen Belohnungen locken. Etwa unsere Beziehungen mit dem Papst zu vertiefen oder eine abtrünnige Provinz einzunehmen.

Steam-Pflicht
Europa Universalis 4 muss via Steam einmalig online aktiviert werden. Danach lässt sich das Spiel auch offline starten, aber nicht weiterverkaufen.

Europa Universalis 4 - Screenshots ansehen

Anders als der Titel vermuten lässt, steht uns nicht nur Europa offen, sondern auch Arabien und Indien, Teile Asiens und Afrikas sowie der Neuen Welt. Wir dürfen uns zum König von Schottland krönen lassen, als Sultan das Osmanische Reich führen, über die chinesische Ming-Dynastie herrschen oder zum Häuptling der Azteken oder Irokesen aufsteigen. Wir können sogar den Lauf der Geschichte ändern und etwa mit den Swahili Australien besiedeln.

Allerdings erfordert das nicht nur Geschick, sondern auch sehr viel Glück: Die anderen Kulturen hinken den Europäern bei der technischen und gesellschaftlichen Entwicklung permanent hinterher; auch konzentrieren sich die meisten historischen Ereignisse im Spiel auf das Gebiet zwischen Portugal und Russland. Schade, in diesem Punkt hätten wir uns größere Freiheiten gewünscht.

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Ist das noch Spiel oder schon Arbeit?

Anders als etwa die Civilization-Serie und andere Strategiespiele mit globalem Anspruch läuft Europa Universalis nicht rundenweise, sondern in Echtzeit ab. Je nach Spielgeschwindigkeit vergeht ein Monat in einer Minute oder wenigen Sekunden. Wir dürfen den Zeitfluss aber jederzeit manuell unterbrechen, um Befehle zu erteilen, oder eine Reihe von Ereignissen festlegen, bei denen automatisch pausiert wird. Das ist bitter nötig, weil wir sonst unter Umständen übersehen, dass unsere Flotte gerade irgendwo zu Klump geschossen wird oder uns ein Nachbar mit einem Handelsembargo belegt. Diese Regeln aufzustellen, ist zwar nicht weiter schwierig, aber ziemlich zeitraubend. Die Arbeit hätten uns die Entwickler nun wirklich zumindest teilweise abnehmen können - das nervt schon seit dem ersten Teil.

Zahlreiche Kartenmodi erleichtern die Übersicht. Im Bild: Das in Protestanten und Katholiken geteilte Europa, kurz vor dem Dreißigjährigen Krieg. Zahlreiche Kartenmodi erleichtern die Übersicht. Im Bild: Das in Protestanten und Katholiken geteilte Europa, kurz vor dem Dreißigjährigen Krieg.

Als zweites großes Einstiegshindernis erweist sich einmal mehr die Bedienung, was angesichts des Funktionsumfangs und Anspruchs des Spiels freilich nicht weiter verwundert. Wer die Vorgänger nicht kennt, dürfte gut und gerne zehn Stunden oder mehr benötigen, bis er sich in jedem Menü zurecht findet - noch länger, um die komplexen Zusammenhänge zu durchschauen. Die zehn Tutorials decken zwar die wichtigsten Spielbereiche ab, sind mit ihren vielen Textfenstern allerdings reichlich dröge aufbereitet.

Als hilfreicher erweisen sich die unzähligen Tooltips: Praktisch jede Schaltfläche, jedes Ereignis und jeder Zahlenwert wird ausführlich erklärt, wenn man den Mauszeiger darüber bewegt. Obendrein bietet ein Hilfsfenster auf Wunsch Unterstützung bei Schwierigkeiten. Plagen etwa Aufständische das Land, werden nicht nur gefährdete Regionen hervorgehoben, sondern auch die Ursachen erläutert und Problemlösungen aufgezeigt. Eine sinnvolle Verbesserung! Schließlich stehen noch jede Menge Statistiken und Markierungen zur Verfügung, die etwa besonders produktive Gebiete, die Verteilung der Glaubensrichtungen oder die Handelsrouten auf der Weltkarte anzeigen.

Jedes Rädchen im Getriebe

Rebellen, Religion, Warentausch - der vorangehende Absatz deutet an, wie viele Elemente in Europa Universalis 4 stecken. Zwar liegt das Hauptaugenmerk eindeutig auf Militär und Kriegsführung, aber auch abseits des Schlachtfelds gibt es jede Menge zu tun. Wir müssen uns um die Staatsfinanzen und den Handel kümmern, um Diplomatie und Religion, Forschung, Produktion sowie Missionen. Nicht alle Spielbestandteile sind gleich umfangreich.

Während uns beispielsweise in der Beziehungspflege zu unseren Nachbarn zahlreiche Möglichkeiten offenstehen - angefangen bei Koalitionen und Allianzen über Geschenke oder Kredite bis hin zu Staatsehen und Geheimoperationen - schreitet beispielsweise die Wissenschaft weitgehend von selbst voran. Dort geben wir nur die grobe Richtung vor: Wollen wir lieber die Marine stärken oder die Kirche? Die öffentliche Verwaltung oder die Aristokratie? Die Einflussmöglichkeiten beschränken sich meist auf einen simplen Mausklick. Unser Staatsgebilde wird instabil? Dann drücken wir eben den Button »Stärken«, und weiter geht's.

Ganz so einfach, wie sich das anhört, ist es dann aber doch nicht. Denn wir benötigen für jede Aktion Ressourcen. Neben Geld sind das vor allem Diplomatie-, Verwaltungs- sowie Militärpunkte, die wir vor allem über unser Staatsoberhaupt und seine Berater bekommen (sofern wir uns welche leisten können, die Minister sind ganz schön gierig). Um, wie oben beschrieben, den nationalen Zusammenhalt zu festigen, müssen wir beispielsweise Verwaltungspunkte investieren. Die brauchen wir allerdings auch für die Forschung im Bereich Soziales. Und für Gerichtsgebäude, die die Zufriedenheit unserer Bürger erhöhen. Und um eventuelle Kriegsmüdigkeit zu senken. Das alles auszubalancieren, ist die wahre Herausforderung bei Europa Universalis. Wir haben praktisch immer zu viel vor und zu wenige Mittel zur Verfügung.

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