Goat Simulator - So dumm, dass es wieder clever ist

Als Amok-Ziege eine Kleinstadt verwüsten: Das klingt völlig idiotisch, ist es auch, macht aber viel mehr Spaß, als es machen dürfte. Braucht die Welt mehr Ziegen-Simulationen?

Wie fühlt man sich wohl als Ziege? Eine Frage, die bisher selten außerhalb des VHS-Lehrgangs »Frauen verstehen« zu hören war. Bis heute, bis zum Erscheinen des Goat Simulator. Die Antwort, die das Spiel gibt, wirft ein völlig neues Licht auf die scheinbar so sympathischen Paarhufer. Von außen betrachtet, so stellen wir fest, ist die Ziege ein argloses Wesen, das gleichmütig vor sich hin sabbernd auf der Wiese steht. Doch in ihrem Innern ist sie eine tickende Zeitbombe mit Stummelschwänzchen, jederzeit bereit durch das Fenster eines Wohnhauses zu springen und eine tödliche Schneise der Verwüstung zu hinterlassen!

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Goat Simulator - Angespielt-Video: Wir machen die Ziege Video starten 17:42 Goat Simulator - Angespielt-Video: Wir machen die Ziege

Unter dieser vielleicht wissenschaftlich nicht ganz haltbaren Prämisse, lässt Sie das Spiel als Terrorziege auf eine Kleinstadt los. Sie dürfen springen, Dinge mit Ihrer klebrigen Zunge anlecken und vor allem alles aus dem Weg rammen, was Ihnen vor die Hörner kommt. Egal ob Menschen oder Mobiliar, nichts ist vor Ihrem gehörnten Zorn sicher. Je mehr Tod und Zerstörung Sie anrichten, desto mehr Punkte rasseln auf Ihr Konto. Sie dürfen als Ziege auf Baukräne klettern, Häuser verwüsten, Tankstellen sprengen, sich zum teuflischen Ziegenfürsten krönen lassen und, und, und.

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Raketen-Ziege

Überall in der Welt warten kleine und große Geheimnisse darauf entdeckt zu werden. Im Schwimmbad kann unsere Ziege im geschraubten Vorwärtssalto vom 10-Meter-Brett hüpfen um mit dem Aufschlag auf den Betonboden ordentlich Punkte einzusacken. Noch mehr Zeit für Kunststücke bleibt, wenn wir sie mit einer Feuerwerksrakete hoch in die Luft schießen, oder gutes Timing beim Hüpfen auf den über die Welt verteilten Trampolinen beweisen.

Das für all diese Aktionen Punkte vergeben werden, ist aber beinahe egal. Der Charme des Goat Simulator besteht nicht in der Jagd nach Highscores, sondern im Ausprobieren. Wo kann ich mich mit der Zunge noch alles dranhängen? Was findet sich auf dem Fabrikgelände dort hinten? Was steckt in dem Frachtcontainer, der unter dem Baukran baumelt? Hinter dem Spiel, das eigentlich ein blöder Scherz sein sollte, steckt ironischer Weise mehr »Spielen« im ursprünglichen Sinne als hinter vielen aktuellen Top-Titeln.

Denjenigen, die unbedingt ein enger umrissenes Ziel brauchen, reicht das Spiel eher halbherzig einen Huf. So gibt es einen Time-Trial-Modus, der uns vor die Herausforderung stellt, binnen 60 Sekunden möglichst viele Punkte zu sammeln. Wer gerne sammeln möchte, geht auf die Suche nach im Level versteckten Statuen. Auch die Jagd nach den Steam-Achievements bietet sich an, wenn die Frage nach dem Sinn der Ziege allzu drängend wird. Es darf aber angemerkt werden: Wer keine Freude an Unsinn hat und trotzdem einen Ziegensimulator kauft, muss sich selbst vermutlich einige viel wichtigere Fragen beantworten.

Amoklauf mit Ziege Amoklauf mit Ziege

Mecker, mecker, mecker!

Die Physikeffekte drehen gern mal durch, sehen dabei aber oft ebenfalls ulkig aus. Die Physikeffekte drehen gern mal durch, sehen dabei aber oft ebenfalls ulkig aus.

Was dem Goat Simulator abgeht, ist natürlich der Feinschliff. Die Grafik ist gerade noch annehmbar, die Animationen ein Fiasko, der Sound mittelmäßig. Dass das Spiel trotzdem so viele Lacher und sogar einige kleine Wow!-Momente hervorrufen kann, verdankt es allein den integrierten PhysX-Effekten. Die lassen Teller, Tische und Sofas bei jedem bockigen Ausraster aufs Neue beeindruckend durch die Gegend fliegen und sorgen oft für unfreiwillige Komik, wenn unser Zicklein durch eine Fehlberechnung zur Giraffe verzerrt wird.

Überhaupt ist es bemerkenswert, wie es dem Goat Simulator gelingt, seinen eigentlich desolaten technischen Zustand beinahe zum Vorteil zu verkehren. Immer wieder bleibt man in Gegenständen hängen, fällt durch Wände hindurch und beim Erklettern von Leitern schwebt unsere Ziege einfach gen Himmel, während ihr Kopf jede Sprosse einzeln mitnimmt. In jedem anderen Spiel fühlte man sich betrogen, wegen solch offensichtlichem technischen Unvermögen. In einem Spiel, in dem wir uns als Ziege an einem Auto festsaugen dürfen, dass uns anschließend an der Zunge durch den Level schleift, erscheinen technische Aussetzer jedoch plötzlich wie ein Teil des Show-Programms.

All das entschuldigt die holprige Anmutung des Spiels natürlich nur zum Teil. Mitten im schönsten Anfall von Zickigkeit in einer Wand stecken zu bleiben, kann nerven. Die Anzahl der Überraschungen und Entdeckungen nimmt auch bereits nach zwei Stunden Spielzeit deutlich ab, was für manche die Investition von zehn Dollar in das Spiel vielleicht in Frage stellt. PS3-Besitzer wiederum werden vielleicht daran erinnert, dass sie mit Pain (siehe unten) schon vor Jahren einen ganz ähnlichen Titel bekommen haben - nur nicht im Bauzustand eines Berliner Flughafens.

Aber der Goat Simulator ist dennoch bemerkenswert. Denn wo viele Indie-Spiele einen Einblick in das gewähren, was Spiele heutzutage sein können, geht das Spiel den umgekehrten Weg und zeigt, was die meisten Spiele im Kern sind: Ein alberner, sinnloser Zeitvertreib - und daran ist nichts schlechtes.

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