Stronghold Crusader 2 im Test - Einstürzende Altbauten

In letzter Minute beseitigt Firefly die schlimmsten Bugs von Stronghold Crusader 2. Im Test zeigt sich aber, wo das Strategiespiel immer noch nicht richtig rund läuft.

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Ein bisschen hat uns die Testphase von Stronghold Crusader 2 an den Testartikel des indirekten Vorgängers Stronghold 3 vor gut drei Jahren erinnert. Damals schrieben unsere Leser unter den Text Kommentare wie »Wenigstens patchen die ihr Spiel noch, nicht wie andere Entwickler...«, »Die meisten Entwickler schaffen es aber auch, ein Spiel zu releasen, was spielbar ist...« oder »Ja, vorbildlich. Pre-Beta-Versionen veröffentlichen und dann noch Patches nachschieben, damit es irgendwann Beta-Status erreicht, so wollen wir Spieler das.«

Offenbar hat der Entwickler Firefly trotz jahrelanger Stronghold-Erfahrung nicht allzu viel dazu gelernt. Denn auch Stronghold Crusader 2 hat zunächst noch arge Probleme, vor allem bei der KI. Ganz so schlimm wie damals Stronghold 3 ist die Verkaufsfassung zum Glück nicht geworden - obwohl unsere offizielle Testversion noch einen Tag vor Erscheinen in einem dermaßen üblen Balancing-Zustand ist, dass wir vor dem Sofortkauf warnen.

Denn schon in den ersten Kampagnen-Missionen bekommen wir wahre Tobsuchtsanfälle: Der Computergegner schaufelt dermaßen viele Feindtruppen als Verstärkung aufs Schlachtfeld, dass zum Beispiel die zweite Kampagnen-Mission (Antiochia) auch nach zig Versuchen zweier Tester und mit unterschiedlichsten Taktiken schlicht nicht lösbar ist. Der Witz dabei: Die Mission davor lässt sich in fünf Minuten gewinnen.

Steam-Pflicht: Stronghold Crusader 2 ist über Steam erhältlich und an ein kostenloses Steam-Konto gebunden. Danach kann das Spiel zwar offline gespielt, aber nicht mehr weiterverkauft werden.

Kaufwarnung aufgehoben

Jetzt, nach den Last-Minute-Updates, ist Antiochia mit den exakt gleichen Taktiken gut schaffbar. Warum der Entwickler kurz vor Release eine dermaßen unfertige Testversion herausgibt und damit das Risiko eines Verrisses fährt, ist uns schleierhaft - daher unsere Kaufwarnung zum Release-Tag, die wir hiermit aufheben.

Stronghold Crusader 2 - Screenshots ansehen

Viel zu tun hat Firefly trotzdem noch. Richtig gelungen sind die beiden viel zu kurzen, abwechslungsarmen Kampagnen mit je vier Missionen für Löwenherz und Saladin nämlich nach wie vor nicht. Es fehlt an Abwechslung, die Wirtschaft kommt zu kurz, die Aufträge wirken insgesamt aufgesetzt. Allerdings sieht Entwickler Firefly die beiden Feldzügchen sowieso eher als »Übungskampagnen« für die 60 Skirmish-Karten für zwei bis acht Spieler, die sich alle auch durch die KI ersetzen lassen.

Erst hier fährt Stronghold Crusader 2 seine Stärken aus: schnelle Echtzeit-Strategie mit Köpfchen, das ständige Auf- der-Hut-sein vor Angriffen, das Hin-und-Her zwischen Kämpfen, Wirtschaft ausbauen und Burg hochziehen. Ein vergleichbares Spiel gibt es bis heute nicht! Allerdings müssen Sie auch verdammt frustresistent sein, denn Crusader 2 verzeiht keine Fehler.

Fummelfaktor: Commandos mal hundert

Kennen Sie noch Commandos, das Weltkriegs-Strategiespiel der Pyro Studios? Damals, 1998, mussten wir unsere sechs Spezialeinheiten millimetergenau über die Karte schieben - ein Schritt zu weit, und schon war Game Over. Aber: Damals waren es eben nur einzelne Einheiten, um die wir uns kümmern mussten. Jetzt, bei Stronghold Crusader 2, entscheidet erneut ein Millimeter über Sieg und Niederlage: Ein Schritt zu nah an die feindlichen Bogenschützen, und unsere eigenen fallen in zwei Sekunden wie die Fliegen. Das Katapult einen Millimeter zu dicht an die Turmballiste, und es bricht auseinander.

Dieser eigentlich spannende Wettkampf zwischen Schützen und Belagerungsmaschinen, das Ausknobeln der perfekten Angriffsposition, das taktische Kombinieren unserer Truppen, all das artet aus in Pixelschieberei. Denn die Waffenreichweiten lassen sich nicht anzeigen. Aber auch schlecht abschätzen, weil die Wachtürme teils sehr hoch stehen und selbst bei hoher Auflösung nicht mehr auf dem Schirm sind, sobald wir etwas näher auf unsere Angreifer zoomen. Was machen wir also? Wir schicken eine arme, billige Einheit als Testkaninchen vor - wo sie umfällt, beginnt die Todeszone...

KI: War das was?

Zum »Glück« ist aber die KI so doof, dass sie sich ungerührt zusammenschießen lässt, sobald wir in Feuerposition sind. Seelenruhig harren Schützen auf den Mauern aus, während die Felsbrocken um sie herum niedergehen. Mal einen Schritt vor, um zurück zu feuern, oder einen zurück, um auszuweichen? Ne, Befehl ist Befehl! Besonders krass fällt das auf, wenn wir per Trebuchet einen Tierkadaver in die Feindburg feuern: Selbst da bleiben die Männer seelenruhig in der Giftwolke stehen, während ihre Hitpoints purzeln.

Trebuchets verschießen auch Tierkadaver, die eine giftige Wolke hinterlassen. Die KI-Gegner bleiben darin stehen, bis sie umkippen. Weil das Stinketier hier direkt vor der Kaserne gelandet ist, fallen auch frisch rekrutierte Einheiten gleich um. Nur der Burgherr ist immun. Trebuchets verschießen auch Tierkadaver, die eine giftige Wolke hinterlassen. Die KI-Gegner bleiben darin stehen, bis sie umkippen. Weil das Stinketier hier direkt vor der Kaserne gelandet ist, fallen auch frisch rekrutierte Einheiten gleich um. Nur der Burgherr ist immun.

Auch die anderen KI-Macken kennen wir zur Genüge aus den Vorgängern: Da folgen Arbeiter stur ihrem Weg zum Steinbruch, zur Holzfällerhütte oder Eisenmine und werden kurz vor dem Ziel zusammengeschossen - nur damit der nächste Kollege sich auf den genau gleichen Weg macht.

Anderes Beispiel: KI-Angreifer entdecken zwar Breschen in einer Festungsmauer, rennen aber nicht möglichst direkt darauf zu, sondern lieber erst um die halbe Burg herum, natürlich unter Abwehrfeuer. Andere wiederum ignorieren wie erwähnt unseren Beschuss, stürmen aber sofort auf unseren Lockvogel-Schwertkämpfer zu - mitten in die aufgestellte Schützenreihe.

Die KI setzt auch gerne mal rollende Schutzschilde ein, vergisst aber, dass dahinter auch Truppen mitlaufen sollten. Ihre Öltopfwerfer (quasi ein Soldat mit Brandgranate) setzen ganze Flächen in Flammen - nur damit ihre eigenen (!) Kameraden reinlaufen (!) und verbrennen, statt außen herum zu marschieren. Stellenweise erinnert uns die KI an ein typisches Tower-Defense-Spiel, in dem der Gegner stur den immer gleichen Weg durchs Abwehrfeuer nimmt, bis er irgendwann durch schiere Masse gewinnt.

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