The Witcher 3: Wild Hunt - Genie mit Größenwahn

Als weltweit erste Website haben wir ohne Einschränkungen The Witcher 3 gespielt – am Ende mussten wir weinen. Klingt nach billigem Boulevard-Journalismus, ist aber die nackte Wahrheit. Denn es gab gute Gründe dafür.

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Anfangs sind wir nur neugierig. Kurz darauf erst amüsiert, dann empört. Wenig später lachen wir laut auf, bevor es uns vor Entsetzen und Ekel die Sprache verschlägt. Als unsere Aufgabe für den »Blutigen Baron« schließlich erfüllt ist, bleibt eine diffuse Mischung aus Mitleid, Wut und vor allem Erstaunen zurück. Erstaunen, weil The Witcher 3 in nur einer Quest und weniger als 30 Minuten so virtuos mit unseren Gefühlen spielt wie Mozart auf dem Klavier. So etwas haben wir schlichtweg noch nie in einem Rollenspiel erlebt.

Eigentlich sind wir nach Warschau geflogen, um mit journalistischer Distanz der fast fertigen Version von The Witcher 3 auf den Zahn zu fühlen und die letzten offenen Fragen zu klären, um abschließend einschätzen zu können, ob das wohl meisterwartete Rollenspiel der letzten Jahre dem gewaltigen Erwartungsdruck standhalten kann. Und ja, all dies werden wir mit den kommenden Zeilen klären. Aber Distanz können Sie vergessen! Denn The Witcher 3 erlaubt keine Distanz.

Gamepad für den Kampf, Maus für die Menüs

Der Blutige Baron muss aber erstmal warten. Denn schon im optionalen Tutorial nimmt uns die Welt von The Witcher 3 förmlich gefangen. Natürlich könnten wir die Hinweise und Übungen zur Bewegungs- und Kampfsteuerung einfach überspringen, dann würde uns aber das ansteckende Lachen von Geralts Pflegetochter Ciri entgehen, wenn wir gemeinsam mit ihr über die Mauern der Hexerburg Kaer Morhen toben. Klar können wir den Sparrings-Kampf mit unserem Mentor Vesemir jederzeit abbrechen. Trotzdem verbringen wir freiwillig mehrere Minuten mit Schlägen, Parieren, Ausweichen und Zaubern. Zum einen, weil die beiden alten Freunde das Kampfgeschehen mit ebenso passenden wie witzigen Sprüchen kommentieren.

Bei CD Projekt: Die Lobby Geralt begrüßt Heiko in der Empfangshalle auf klassische Hexerart.

Unser Spielzimmer Unser Spielzimmer samt Gastgeber, dem deutschen Level Designer Miles Tost.

Beim Leveldesigner Miles nimmt uns mit in sein Büro und überfliegt im Editor die Spielwelt.

Zum anderen, weil wir kaum glauben können, wie flüssig, präzise und nachvollziehbar sich die Gamepad-Steuerung mittlerweile anfühlt. Hier hat CD Projekt seit unserem letzten Anspieltermin gehörig nachgebessert. So wird das (angemessen kurze) Zeitfenster für einen Konter jetzt durch ein Aufflackern des gegnerischen Energiebalkens visualisiert. Die Kamera zoomt automatisch raus, sodass wir fast immer alle Bedrohungen rechtzeitig kommen sehen. Probeweise legen wir noch während des Kampfes das Gamepad beiseite und greifen zur Maus, woraufhin sich alle Bildschirmanzeigen ebenso automatisch wie blitzschnell ändern.
Praktisch, so können wir die Vorteile beider Eingabemethoden optimal nutzen - in den umfangreichen Menüs die Flexibilität und Schnelligkeit von Maus und Tastatur, in der Spielwelt die Direktheit und Präzision des Gamepads. Wer ausschließlich mit Maus und Tastatur spielen möchte, kann das natürlich tun, darf dann aber »nur« das leicht schwammige Bedienungsniveau des Vorgängers erwarten. CD Projekt will hier allerdings noch nachbessern.

Aus wunderschön wird ultraschön

Wir sind schon jetzt von Kaer Morhens detailreicher Optik beeindruckt, doch unser Abenteuerbegleiter von CD Projekt - der deutsche Leveldesigner Miles Tost - runzelt die Stirn: »Das ist ja noch eine alte Version. Lass mich mal schauen, ob wir nicht die aktuelle spielen dürfen. Wir haben nämlich in den vergangenen Wochen vor allem an der Performance gearbeitet.« Kurze Rückfrage, wir dürfen. Also vorgezogene Mittagspause für uns, während die IT-Abteilung die neueste Version installiert.

So wird The Witcher 3 mit maximalen Grafikdetails ausschauen. Moderne PCs sollten dies stemmen können, zumindest in 1080p. So wird The Witcher 3 mit maximalen Grafikdetails ausschauen. Moderne PCs sollten dies stemmen können, zumindest in 1080p.

Nach unserer Rückkehr wollen wir gleich weiterspielen, doch Miles schickt uns erstmal in die Grafikoptionen: »Jetzt können wir nämlich erstmals die maximalen Grafikdetails zeigen!« Also drehen wir Grasdichte sowie Textur-, Wasser- und Geländedetails allesamt auf »Ultra«-Anschlag. Weil in unserem Anspiel-PC (Intel i7-4790, 16 GB RAM) zudem eine Geforce GTX 980 schuftet, aktivieren wir außerdem die Option »Nvidia Hairworks«. Das Ergebnis haut uns aus den Schuhen!

In Geralts gezeichnetem Gesicht erkennen wir jede einzelne Hautpore, sein langer Schatten breitet sich in der Abendsonne wie ein Bettlaken auf eine dichte bunte Blumenwiese, die leichte Brise lässt das weiße Haar realistisch im Wind flattern. Aber noch wichtiger als die ganze Grafikpracht: Selbst mit Ultra-Details läuft das aktualisierte Spiel fast durchgehend mit 60 Frames und damit sogar flüssiger als die vorherige Version, in der wir lediglich mit hohen Details unterwegs waren.

Lesenswert:Die offiziellen Systemanforderungen von The Witcher 3

Ein Hexer braucht keine Bildschirmhilfen!

Beim Durchschalten der zahllosen Grafikoptionen stolpern wir auch über den Punkt »Anzeige« und erwarten weitere technische Konfigurationsmöglichkeiten. Doch wir entdecken etwas noch Spannenderes, nämlich wie detailliert wir The Witcher 3 auch spielerisch an unsere Vorlieben anpassen dürfen. Wer es hart und realistisch mag, kann nicht nur die Markierungen für Quests und interessante Orte auf der Minimap deaktivieren, sondern Geralts Abenteuer sogar komplett ohne Bildschirmanzeigen erleben. Wer dagegen einfach nur stressfrei die Geschichte erleben möchte, darf sich sogar per gestrichelter Routenplaner-Linie komfortabel zur nächsten Aufgabe führen lassen.

Die Karte ist deutlich funktionsgewaltiger als in den Vorgängern und eine unschätzbare Hilfe. Sammelbare Pflanzen bekommen wir nur im direkten Umfeld von Geralt angezeigt, einmal entdeckte Höhlen und Monsterhorte bleiben aber verzeichnet. Fragezeichen markieren untersuchenswerte Orte, so wir sie denn am Anschlagbrett des nächsten Ortes die dazugehörige Info gelesen haben. Selbstverständlich können wir uns aber auch eigene Markierungen setzen oder uns klassisch zum nächsten Auftragsziel lotsen lassen. Die Karte ist deutlich funktionsgewaltiger als in den Vorgängern und eine unschätzbare Hilfe. Sammelbare Pflanzen bekommen wir nur im direkten Umfeld von Geralt angezeigt, einmal entdeckte Höhlen und Monsterhorte bleiben aber verzeichnet. Fragezeichen markieren untersuchenswerte Orte, so wir sie denn am Anschlagbrett des nächsten Ortes die dazugehörige Info gelesen haben. Selbstverständlich können wir uns aber auch eigene Markierungen setzen oder uns klassisch zum nächsten Auftragsziel lotsen lassen.

Wie bei einem Rennspiel werden diese Spielhilfen durch den gewählten und anders als im Vorgänger jederzeit änderbaren Schwierigkeitsgrad (Leicht, Normal, Hart und Dark) vordefiniert, lassen sich danach aber beliebig zu- und wegschalten. Miles ist es außerdem wichtig, dass der gewählte Anspruch zwar das Regelwerk und auch die Gegnerintelligenz verändert (Monster weichen etwa häufiger aus), jedoch anders als bei Dragon Age: Inquisition keinen Einfluss auf die Lebenspunkte von Geralt und Gegner hat. »Kämpfe dauern so ja lediglich länger und werden nicht spannender! Aber jeder Treffer tut doppelt weh, wenn du auf Hart oder Dark deine Lebenspunkte nicht mehr durch Meditation regenerieren kannst.« Auf den niedrigen Anspruchsstufen geht das problemlos: Eine kurze Pause - gerne auch zwischen zwei Phasen eines Bosskampfs - schon ist der zuvor geschundene Hexer wieder topfit.

Mit diesen Optionen gelingt CD Projekt ein erstaunlicher Spagat: The Witcher 3 wird zugänglicher und spielt sich flüssiger als die doch recht sperrigen ersten beiden Teile, lässt sich aber gleichzeitig auch in ein knüppelhartes Core-Gamer-Rollenspiel verwandeln. Einzige Einschränkung: Die Kämpfe sind und bleiben sehr actionlastig, wie in Dark Souls lassen sich selbst deutlich stärkere Feinde mit Gamepad-Geschick besiegen - zumindest, wenn wir stets fleißig aus der Schlagbahn hechten und unsere Attacken gut timen. Wer von einem anspruchsvollen Rollenspiel auch geruhsame Rundengefechte erwartet, der wird mit The Witcher 3 nur eingeschränkt glücklich werden.

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