Transistor im Test - Zu schlau für Spaß

Die Bastion-Macher machen mit Transistor ein neues Bastion und schießen damit etwas übers Ziel hinaus. Warum ein Indie-Spiel zu clever sein kann, erklärt unser Test.

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Wer Transistor spielt, darf kein Problem mit Fragezeichen haben. Deshalb kommt jetzt das erste und letzte Ausrufezeichen dieses Tests: Jawoll, genauso haben uns wir das Nachfolgerwerk zum großartigen Bastion vorgestellt! Transistor ist wieder wunderhübsch handgezeichnet, hat wieder einen unverschämt großartigen Soundtrack, denselben englischen Sprecher, wieder eine experimentelle Erzählweise und wieder ein interessantes Kampfsystem.

Fans der Indie-Perle von 2011 wird Transistor deshalb garantiert gefallen. Transistor hat aber ein tiefgreifendes Problem, das sich wie ein roter Faden durchs ganze Spiel zieht: Es will noch künstlerischer, noch cleverer sein als sein Vorgänger und sich ein wenig zu penetrant als ach so schlauer »Indie«-Titel präsentieren. So sehr, dass es dabei den »primitiven« Spaß am Spielen gern mal aus den Augen verliert und uns stattdessen mit unzähligen offenen Fragen bombardiert. Zum Beispiel…

Was zum Henker machen wir hier eigentlich?

Ohne viel Federlesens (sprich Hauptmenü) haut uns Transistor direkt ins Spiel. Eine Dame kniet vor einem Mann, in dessen Brust ein Breitschwert - der titelgebende Transistor - steckt. Die Waffe beginnt zu sprechen, mit der bekannten Stimme von Bastion-Erzähler Logan Cunningham. Der macht diesmal einen auf melancholisch-heiser: »Hey Red, damit kommen wir wohl nicht davon, oder? Zieh.« Also ziehen wir mit Red - so heißt die Dame offensichtlich - die riesige Waffe aus der Leiche.

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Was folgt, ist eine durchweg geradlinige Suche nach Antworten. Für Red und ihr mysteriöses Schwert, aber vor allem auch für uns. Denn Transistor serviert uns seine Hintergrundgeschichte nicht auf dem Silbertablett. Nur häppchenweise lernen wir mehr über unsere Umgebung. Anscheinend sind wir in der futuristischen Stadt Cloudbank unterwegs, deren Bewohner von einem mysteriösen, so genannten »Prozess« dahingerafft wurden.

Der frisst wie eine Art Krankheit die bunte Stadt auf und lässt Killerroboter ausschwärmen, die wie der feuchte Traum eines Apple-Entwicklers aussehen. Außerdem hat wohl eine ebenso mysteriöse Organisation namens Camerata Schuld an Reds momentaner Situation und natürlich spielt unser plapperndes Schwert auch eine zentrale Rolle. Darin ist nämlich das Bewusstsein des mysteriösen Toten von vorhin gefangen.

Mysteriös! Aber das klärt sich doch auf oder?

Ja schon, aber bis dahin dauert's eine ganze Weile. Transistor wirft leidenschaftlich gern mit kontextlosen Begriffen und Storyfetzen um sich und zerstückelt seine Hintergrundgeschichte für unseren Geschmack damit einen Tick zu sehr. Ein bezeichnendes Beispiel: Mit unserem Schwert absorbieren wir neue Skills von verstorbenen Nebencharakteren. Statt uns nun einfach zu erzählen, um wen es sich bei den Toten handelt, müssen wir die Infos häppchenwiese freischalten, indem wir die Fähigkeit der jeweiligen Person benutzen. Das können wir zwar auch links liegen lassen, haben dann aber wiederum noch weniger Ahnung, von wem zum Teufel unser Schwert mal wieder faselt.

Steam-Pflicht
Transistor ist über Steam oder die offizielle Entwicklerseite erhältlich und muss an einen Steam-Account gebunden werden. Danach dürfen Sie das Spiel auf beliebig vielen Rechnern installieren. Ein Weiterverkauf ist dann aber nicht mehr möglich.

Dezent animierte Bilder treiben als Zwischensequenzen die Handlung voran… Dezent animierte Bilder treiben als Zwischensequenzen die Handlung voran…

Akribische Sammler, die sich gern aus vielen kleinen Puzzlestücken ein Gesamtbild bauen, finden sich in diesem Story-Dickicht noch am besten zurecht. Meist kommen aber immer neue Fragen dazu. Motivierende »Ach, so ist das also.«-Momente sind wiederum zu rar gesät. Oder anders gesagt: Transistor will seine Story unheimlich clever und verwinkelt erzählen - macht den einfachen Genuss einer zugegeben guten Geschichte aber unnötig kompliziert.

Einfach ist hingegen der audiovisuelle Genuss: Transistor ist wunderschön handgezeichnet, sauber animiert und musikalisch ein kleines Kunstwerk. Neben dem großartigen Schwert-Sprecher ist vor allem die Musik eine Wucht: Der unfassbar stimmigen Mischung aus Post-Rock, Pop und elektronischen Klängen würden wir sofort den GamePro-Award »Bester Soundtrack 2014« verleihen - hätten wir den nicht gerade einfach erfunden.

Geht's hier auch mal zur Sache?

Klar. In Transistor fetzen wir uns mit den Robotern des Prozess in einer Mischung aus Echtzeit-Action und Rundentaktik. Entweder dreschen wir einfach auf die Feinde ein, was aber meist wenig bringt und nur zum Aufräumen unter schwächeren Feinden taugt. Besser ist's, wir aktivieren den »Turn()«-Modus (die Klammer ist kein Tippfehler - Transistor klatscht »()« tatsächlich oft ans Wortende). Damit pausieren wir das Geschehen und wählen bequem Aktionen aus, die Red anschließend blitzschnell in der zuvor festgelegten Reihenfolge ausführt. Außerdem müssen wir nur noch die Zellen besiegter Gegner einsammeln, sonst stehen die Feinde nach kurzer Zeit wieder auf den Beinen.

Kampfsystem: Taktieren... Per Tastendruck planen wir in dieser Ansicht unsere Aktionen…

...und zuschlagen … die Red im Anschluss blitzschnell ausführt.

So reihen wir Kettenangriffe aneinander, flitzen dem Feind in den Rücken oder preschen schnell außer Reichweite. Jedoch lässt dieser Planungs-Modus immer nur eine bestimmte Anzahl an Aktionen zu und muss sich nach jeder Nutzung in Echtzeit wieder aufladen. Weil dann auch unsere Fähigkeiten kurzzeitig blockiert sind, ist ein taktisch geschickter Einsatz gefragt. Das klappt meist recht befriedigend, ist aber etwas schwammig gelöst.

Es ist auf den ersten Blick nämlich oft unklar, warum wir nicht so viel Schaden verursacht haben, wie vorab angezeigt wurde. Wir können nur selber raten, ob der Gegner nun aus der Reichweite unseres Angriffes geschleudert wurde oder ob er sich noch im Bruchteil einer Sekunde umgedreht hat und wir deshalb keinen Hinterrücks-Bonusschaden mehr austeilen. Auch die Kollisionsabfrage und Treffergenauigkeit sind nicht immer auf den Punkt und für die perfekte Kettenreaktion müssen wir Red fummelig präzise positionieren. Das bremst die Kämpfe oft unnötig aus.

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