Netflix-Hit 3 Body Problem: Wir verraten euch, was hinter dem physikalischen Phänomen wirklich steckt, an dem sogar Isaac Newton scheiterte

Wissenschaftlich fundiert und doch im Detail ungenau: Wir beleuchten das namensgebende Physik-Problem und verraten euch, ob es dafür eine Lösung gibt.

Die Netflix-Serie »3 Body Problem« wirft einige physikalische Fragen auf. (Bildquelle: Netflix) Die Netflix-Serie »3 Body Problem« wirft einige physikalische Fragen auf. (Bildquelle: Netflix)

Spoiler-Warnung!

In diesem Artikel wird ein zentraler Aspekt der Handlung der Romanreihe (Die drei Sonnen) des chinesischen Schriftstellers Liu Cixin, beziehungsweise der Netflix-Serie 3 Body Problem gespoilert. Lest nur weiter, wenn das für euch in Ordnung ist.

Unser Sonnensystem ist aus vielerlei Gründen ein Wunder. Wir leben im stabilen Idyll eines einzelnen geradezu perfekten Sterns, behütet vom riesenhaften Jupiter weit draußen und begleitet von einem vergleichsweise riesigen Mond. Der Großteil aller Planeten findet weit weniger heimelige Bedingungen vor - zum Beispiel die Heimat der Aliens der Trisolaris-Trilogie.

Sie leben in einem Sonnensystem mit drei Sternen, wissenschaftlich bezeichnet als Trapezium. Die Tragödie: Sie sind damit Opfer des namensgebenden Physikphänomens Drei-Körper-Problem.

Wir erklären die Hintergründe der Ausgangsbedingung für die Serien- und Buchgeschichte und beantworten folgende Fragen:

Mit Zweien entspannt, bei Dreien Chaos

Isaac Newton löste vor bald mehr als 300 Jahren Gleichungen, die noch heute die Rotation zweier Körper wie Erde und Mond beschreiben. Beide drehen sich um das sogenannte Baryzentrum. Im Fall von uns und unserem Trabanten liegt dieses rund 1.000 Kilometer unterhalb der Kruste im Inneren der Erde. Die Erde wabbelt also minimal und der Mond zieht die uns vertrauten Bahn. So weit, so einfach - ein Zwei-Körper-System.

Sterne in Paaren oder als Trio: Zahlreiche Sternsysteme führen in ihrem Zentrum derweil ein Ballett zweier Sterne auf, sie kreisen durch die Gravitation aneinander zerrend um ein Baryzentrum - friedlich und berechenbar. Bei drei Sternen bricht indes Chaos aus.

Denn mathematisch sind solche Dreier-Systeme von Körpern sehr schwer zu fassen. Die Kräfte bei jeder Annäherung wirken anders, je nachdem wann, wo und mit welcher Geschwindigkeit zwei oder alle drei des Gespanns aufeinandertreffen - unterschiedliche Massen vertiefen den Physiksalat weiter.

Zur Illustration setzen wir an dieser Stelle Universe Sandbox ein. Wer sich für Astronomie interessiert und zudem gerne physikbasiert herumexperimentiert, der oder die sollte sich das mächtige Simulationswerkzeug mit großer Steam-Workshop-Community unbedingt mal anschauen.

Das Drei-Körper-Problem: Des Rätsels Lösung aus der Netflix-Serie Video starten 5:21 Das Drei-Körper-Problem: Des Rätsels Lösung aus der Netflix-Serie

Simulationen, wie die oben gezeigten und weit komplexere mit Supercomputern belegen aber eines: Der astronomische Dreier dauert nicht lange - nach galaktischen Maßstäben. Wie Studien darlegen, lösen sich die zum Untergang verdammten Konstellationen innerhalb von maximal rund 50 Millionen Jahren auf, da sich keine auf Dauer stabilen Umlaufbahnen ergeben.

Das Ergebnis ist in vielen Fällen dramatisch: Einer der drei Körper wird fortschleudert, die verbliebenen ordnen sich als Doppelsysteme. Alternativ kollidieren zwei der Sterne und formen einen größeren, der dann gemeinsam mit einem zumeist kleineren Partner übrigbleibt.

Im Fall von Systemen mit Planeten erleiden diese im Vergleich winzigen Himmelskörper lange zuvor ein schlimmes Schicksal. Sie haben keine Chance bei dem Chaos im Zentrum stabile Umlaufbahnen zu erreichen, werden fort katapultiert und reisen fortan als sonnenlose Einzelgänger-Planeten.

Ist die Grundannahme der Serie wissenschaftlich haltbar?

Nein, denn zum einen passt das auch im obigen Video dargestellte System nicht. Denn Alpha-Centauri ist strenggenommen kein Trapezium-System. Und beherbergt in seinem Inneren deshalb auch kein Drei-Körper-Problem, da der dritte Stern weit außerhalb seine Bahnen zieht.

Zudem sind Serie und Buch überoptimistisch. Denn intelligentes Leben kann sich nach heutigem Kenntnisstand so rasch nicht entwickeln, da braucht es eher Jahrmilliarden.

Gibt es solche Systeme in der Wirklichkeit?

Ja, wie die weiter oben verlinkte Studie zeigt, gibt es sie, aber sie werden nicht alt. Allerdings existieren wahrscheinlich eine gewaltige Menge an ehemaligen Trapezium-Systemen überall in der Milchstraße und darüber hinaus. Heutzutage sind sie aber Doppelsternsysteme.

Existieren Lösungen für das Drei-Körper-Problem?

Doch stimmt es, wenn in der Serie behauptet wird, Drei-Körper-Probleme sind unlösbar? Praktisch betrachtet - auf Sonnensysteme bezogen - liegt sie damit wahrscheinlich nicht falsch, aber mathematisch gesehen stimmt das nicht. Es braucht jedoch sehr spezifische Bedingungen, wie gleiche Massen, um Lösungen zu finden.

Die hinterlegte Grafik zeigt euch beispielhaft eine Handvoll von Wissenschaftlern berechneten Anordnungen, in denen Trapezium-Systeme stabil wären. Es gibt also Lösungen für das Drei-Körper-Problem.

Werden wir jemals ein sehr junges, instabiles oder gar ein stabiles, mitunter uraltes Exemplar finden? Ungewiss, theoretisch ist es möglich, aber wohl sehr unwahrscheinlich. Denn damit solch ein Zufall eintritt und dann noch für uns sichtbar ist, müssten wir extrem viel Glück haben. Allerdings ist bereits unsere Heimat ein Glücksfall galaktischen Ausmaßes.

Also: Warten wir es ab und genießen unser Idyll - auf das sicher das ein oder andere Alien neidisch wäre.

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