Habt ihr schon mal Werbung für etwas bekommen, über das ihr gerade gesprochen habt? Das hat nichts mit Abhören zu tun, auch wenn Firmen das wohl versuchen

Ein Journalisten-Netzwerk hat das Handeln einer Firma aufgedeckt, die Menschen für gezielte Werbung abhören wollten.

Eine Firma wollte unsere Endgeräte anzapfen, um gezielt Werbung schalten zu können. (Bild: Bussarin - adobe.stock.com) Eine Firma wollte unsere Endgeräte anzapfen, um gezielt Werbung schalten zu können. (Bild: Bussarin - adobe.stock.com)

Wir haben das alle schon erlebt: Wir sprechen auf der Arbeit darüber, uns einen neuen Staubsauger kaufen zu wollen – und prompt bekommen wir dafür Werbung im Browser angezeigt.

Die gute Nachricht: Die Wahrscheinlichkeit, dass wir abgehört werden, ist gering.

Die schlechte Nachricht: Es gibt Firmen, die das gerne tun würden, um damit Geld zu verdienen.

Dem Journalisten-Netzwerk 404 Media ist die Präsentation einer großen Firma in die Hände gelangt, die fürs Abhören Werbung macht, um die Daten ihrerseits für Werbung zu nutzen.

Warum das wichtig ist: Wir sind ständig von Geräten umgeben, die Mikrofone besitzen – vom Handy bis zum TV. Von diesen abgehört zu werden, wäre ein datenschutzrechtlicher Albtraum. Dieses Beispiel zeigt auch, wie schamlos manche Firmen mit Privatsphäre umgehen.

Im Detail: Das US-amerikanische Medienkonglomerat Cox Media Group (CMG) hat eine Präsentation an mindestens einen Kunden geschickt, in der das Unternehmen aufführt, wie es Menschen mittels ihrer Endgeräte abhört und diese Daten nutzt. CMG nennt das »Active Listening Service«.

CMG würde »Die Macht der Stimme« nutzen, um gezielt Werbung zu schalten. (Bild: CMG) CMG würde »Die Macht der Stimme« nutzen, um gezielt Werbung zu schalten. (Bild: CMG)

Das steht unter anderem in der Präsentation:

Smarte Geräte erfassen Echtzeit-Intent-Daten, indem sie unseren Gesprächen zuhören. Werbetreibende können diese Sprachdaten mit Verhaltensdaten verknüpfen, um Verbraucher im Markt anzusprechen. Wir nutzen KI, um diese Daten aus mehr als 470 Quellen zu sammeln, um Kampagneneinsatz, Targeting und Leistung zu verbessern.

Woher die Sprachdaten kommen, ist nicht klar. Es wird weder ein bestimmter Hersteller noch eine dedizierte Gerätekategorie wie smarte Lautsprecher oder Handys genannt.

Sobald das Ziel bereit zum Kaufen sei, würde die Werbung geschaltet werden, heißt es. CMG erstellt dann eine Liste dieser Zielgruppenmitglieder und lädt sie auf Werbeplattformen hoch, um gezielt Werbung zu schalten. 

Für 100 Dollar pro Tag kann CMG Personen in einem 10-Meilen-Radius ansprechen, für 200 Dollar pro Tag in einem 20-Meilen-Radius. (Bild: CMG) Für 100 Dollar pro Tag kann CMG Personen in einem 10-Meilen-Radius ansprechen, für 200 Dollar pro Tag in einem 20-Meilen-Radius. (Bild: CMG)

CMG brüstet sich damit, Partner von Google, Amazon und Facebook zu sein. Angeblich gehören sie sogar zu den besten drei Prozent an Werbetreibenden in den USA.

404 Media hat die Werbepartner um ein Statement gebeten.

  • Google sagte, dass sich Werbepartner an Gesetze und Regularien zu halten haben, und habe CMG aus seinem Partnerprogramm entfernt.
  • Amazon gibt an, nie mit CMG zusammengearbeitet zu haben und das auch nicht plant. 
  • Meta kommentiert keine spezifischen Werbepartner, sagte aber, dass diese sich an die gängigen Rechte zu halten haben.

404 Media berichtete bereits über Active Listening im Dezember 2023. So stand auf der Webseite von CMG folgendes Zitat:

Was würde es für Ihr Unternehmen bedeuten, wenn Sie potenzielle Kunden ansprechen könnten, die in ihren täglichen Gesprächen aktiv über ihren Bedarf an Ihren Dienstleistungen sprechen? Nein, das ist keine Black Mirror-Folge – es ist Voice Data, und CMG hat die Möglichkeiten, es zu Ihrem geschäftlichen Vorteil zu nutzen.

Im Zuge dessen hatte CMG diese Passage von seiner Webseite gelöscht.

Warum bekommen wir Anzeigen, sobald wir über etwas reden?

Tatsächlich hat das mit Abgehörtwerden nichts zu tun, auch wenn der Fall von CMG etwas anderes suggeriert. Wieso wir das manchmal doch glauben, schreibt eine Marketingagentur.

  • Heimlich abhören ist illegal (was an sich natürlich niemanden aufhalten muss)
  • Die Logistik des aktiven Abhörens, Aufzeichnens und Speicherns von Gesprächen ist hoch.

In Wirklichkeit werden unsere Spuren gelesen, die wir im Netz hinterlassen. Kommentare, Social Media, Cookies und so weiter. Diese werden mit Interessen, demografischen Daten und Orten, an denen wir uns befinden, verglichen. 

Wenn ihr also auf der Arbeit mit einem Kollegen über einen neuen Staubsauger sprecht und das Gerät daraufhin als digitale Werbeanzeige auf Webseiten auftaucht, kann es gut sein, dass der Kollege auf dem Handy danach gegoogelt hat. Da ihr euch am selben Ort (oder im selben Netzwerk) befindet, reicht das schon aus, um euch Werbeanzeigen zu schalten.

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Warum glauben wir trotzdem, abgehört zu werden?

  • Voreingenommenheit: Wir nehmen Anzeigen wahr, die mit Gesprächen in Verbindung zu stehen scheinen, ignorieren aber die vielen nicht verwandten Anzeigen.
  • Erhöhte Anzeigenhäufigkeit: Neue Produkteinführungen oder saisonale Kampagnen können dazu führen, dass bestimmte Anzeigen häufiger geschaltet werden.
  • Unbewusstes Surfen: Wir vergessen möglicherweise verwandte Online-Suchen oder Interaktionen, die eine Anzeige ausgelöst haben.

Ist es euch auch schon passiert, dass ihr Werbung für etwas bekommt, über das ihr gerade erst gesprochen habt?

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