Ungewöhnlich und alarmierend: Zum Release kein Test der RX 6500 XT

AMDs neue RX 6500 XT erscheint heute, den zum Release wie gewohnt geplanten Test gibt es aber auf Gamestar.de nicht. Wir klären, was dahinter steckt und was es bedeutet.

Hardware-Tests gehören seit der Erstausgabe aus dem Jahr 1997 zur GameStar dazu. Normalerweise findet ihr also seit über zwei Jahrzehnten zum Release von neuen Grafikkarten passende Benchmarks und Analysen bei uns. Die heute erscheinende Radeon RX 6500 XT von AMD stellt eine ungewöhnliche Ausnahme dar.

Das ist vor allem aufgrund der genauen Hintergründe und der gewissen Schatten relevant, die die neue Grafikkarte seit ihrer Ankündigung auf der CES 2022 vorausgeworfen hat. Deshalb wollen wir in diesem Artikel etwas näher darauf eingehen.

Update, 15:13 Uhr: Die Kollegen von Computerbase haben ebenfalls kein Testmuster bekommen, bei PC Games Hardware lautet der Titel des Tests wenig viel versprechend Kompromissbehaftete Mainstream-Sparflamme, Golem schreibt Die Flaschenhals-Grafikkarte.

Noch weiter gehen Tech-Youtuber wie Linus Tech Tips (Eine Grafikkarte, die ihr vielleicht kaufen könnt - aber nicht kaufen solltet), Hardware Unboxed (Schlechteste Grafikkarte) und Hardware Canucks (Was zur Hölle AMD?!) Hauptkritikpunkte sind erwartungsgemäß die geringe Speichermenge von 4,0 GByte sowie die schmale PCI-Express-Anbindung von maximal vier Lanes. Wir werden uns sobald wie möglich selbst ein Bild von der Lage machen.

Hintergrund: Wie laufen Grafikkarten-Tests normalerweise ab?

Zum besseren Verständnis ein kurzer Überblick, wie das Test-Prozedere bei neuen Grafikkarten üblicherweise aussieht. Im Normalfall kommen AMD und Nvidia als Chip-Entwickler von selbst im Vorfeld des Release auf uns zu, teilweise bereits Wochen zuvor:

Im Falle der Geforce RTX 3080 hat Nvidia zwei Wochen vor dem Fall des damaligen Embargos am 14.09.2020 Kontakt mit uns aufgenommen und den Versand eines passenden Testsamples sowie die Bereitstellung des Treibers angekündigt. Im Falle der Geforce RTX 3080 hat Nvidia zwei Wochen vor dem Fall des damaligen Embargos am 14.09.2020 Kontakt mit uns aufgenommen und den Versand eines passenden Testsamples sowie die Bereitstellung des Treibers angekündigt.

Wir erhalten also in der Regel vor der offiziellen Veröffentlichung ein Testsample und den passenden Treiber. Die Berichterstattung über unsere Benchmarks unterliegt dann ohne weitere Vorgaben einem Embargo, das teilweise kurz vor dem Verkaufsstart liegt, manchmal aber auch damit zusammenfällt.

Oft bieten uns auch die Board-Partner wie Asus, Gigabyte und MSI Testmuster ihrer Custom-Designs an, spätestens nach dem Release. Da ihre Leistung den Referenz-Designs von AMD und Nvidia stark ähnelt und wir nur begrenzt Testkapazitäten haben, schauen wir uns derzeit aber meist nur jeweils ein Modell einer Reihe an.

Normalerweise ist es also so, dass wir zu viele mögliche Testmuster in Aussicht haben statt zu wenige. Nicht so im Falle der Radeon RX 6500 XT.

Was lief bei der RX 6500 XT anders?

Auffällig war schon, dass uns weder AMD noch die Board-Partner von sich aus ein Testmuster der RX 6500 XT angeboten haben. Eine Tendenz in diese Richtung gab es zuletzt allerdings bereits auch bei anderen Modellen wie der RTX 3080 mit 12,0 GByte VRAM.

Dabei ist auch der Hintergrund der Chip-Krise und der generell schlechten Verfügbarkeit von Grafikkarten zu bedenken. Diese Faktoren sorgen wiederum für eine gewisse Ermüdung und für ein zunehmendes Desinteresse in Teilen der Spielerschaft.

Auf der CES 2022 hat AMD eigene Benchmarks der RX 6500 XT gezeigt, die den Fokus auf die Full-HD-Auflösung unterstreichen. Auf der CES 2022 hat AMD eigene Benchmarks der RX 6500 XT gezeigt, die den Fokus auf die Full-HD-Auflösung unterstreichen.

Eine wichtige Rolle spielt in diesem Fall laut AMD außerdem die Positionierung der RX 6500 XT. Deutschland gilt demnach als High-End-Markt, wogegen die 6500 XT ein Einsteigermodell mit Fokus auf das Spielen in Full HD ist (siehe auch die Hersteller-Benchmarks im Bild oben). AMD Deutschland hat deshalb laut eigenen Angaben nur knapp ein Drittel der üblichen Review-Samples bekommen.

Erschwerend kommt hinzu, dass AMD GameStar innerhalb der Tech- und Gaming-Medien hierzulande als Webseite betrachtet, die eher den High-End-Bereich abdeckt. Deshalb habe man sich dazu entschieden, anderen Medien den Vortritt zu lassen, die relevanter für den Entry-Level Bereich sind.

Eine völlig legitime Betrachtungsweise, auch wenn wir das in der Hardware-Redaktion etwas anders sehen. High-End-Hardware ruft zwar bei uns das größere Interesse hervor, das dürfte aber genau so für die anderen Tech-Medien gelten. Außerdem haben wir bisher stets auch Einsteigergrafikkarten getestet und werden das in Zukunft weiter tun. Noch ungewöhnlicher wird es aber in Kombination mit unseren Anfragen an die Board-Partner.

Absagen, die stutzig machen

Da AMD uns kein Testgerät der RX 6500 XT schicken konnte, haben wir Anfragen an Hersteller von Custom-Designs wie ASRock, Asus, MSI, PowerColor, Sapphire und XFX verschickt. Mit Ausnahme von Asus lautet die Antwort stets entweder AMD übernimmt das Sampling und/oder Ich habe keine Testsamples bekommen. Die Testmuster von Asus waren zu dem Zeitpunkt zu guter Letzt schon anderweitig unterwegs.

Wenn man bedenkt, dass die technischen Eckdaten der Radeon RX 6500 XT schon im Vorfeld des Release für Fragezeichen gesorgt haben, drängt sich in Kombination der geringen Zahl an Testmustern der Eindruck auf, dass die Hersteller gar kein allzu großes Interesse an Tests der neuen Grafikkarte haben.

Im Fokus der genannten Fragezeichen stehen die vergleichsweise geringe Speichermenge von 4,0 GByte, die AMD auch als Maßnahme zur Senkung der Nachfrage durch Miner betrachtet, sowie die PCI-Express-Anbindung mit maximal vier Lanes. Messungen des Youtube-Kanals Hardware Unboxed unter dem Titel Disaster in der Mache? lassen erahnen, dass das für die Leistung teils zum Problem werden könnte. Mehr dazu lest ihr auch in diesem Artikel:

Vieles bleibt Spekulation

Um das deutlich zu betonen: Die genauen Hintergründe sind noch nicht in jedem Fall völlig klar und wir treten erneut mit den Grafikkartenherstellern in Kontakt, um sie zu klären (und um möglichst zu verhindern, dass sich dieser Fall wiederholt).

Es kann also beispielsweise genau so sein, dass allein eine insgesamt geringe Menge an Testsamples und ein starker Fokus auf die Versorgung der Händler statt der Reviewer dafür gesorgt haben, dass uns kein Hersteller rechtzeitig ein Testsample schicken konnte.

Eine sehr große Zahl machen die Tester zwar nicht aus, dennoch sollte der Handel im Mittelpunkt stehen, zumal die Versorgungslage ja lange genug bereits sehr schlecht ist. Unabhängig davon würde aber auch das als Grund mit Blick auf den heutigen Release sowie auf die Verfügbarkeit und die Preise der RX 6500 XT nicht positiv stimmen.

In diesem Fall raten wir euch deshalb noch mehr als sonst, vor einem möglichen Kauf passende Testberichte zu lesen - auch wenn wir aus den genannten Gründe (noch) nicht selbst mit eigenen Benchmark-Werten dienen können.

Bleibt zu guter Letzt noch die Frage, wie teuer die neue Grafikkarte sein soll? Als offizielle UVP nennt AMD 209 Euro, Asus hat für eigene Custom-Designs allerdings bereits deutlich höhere Preise über 300 Euro genannt. Wir rechnen am Ende sogar eher mit Kosten im Bereich von 400 Euro.

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