Steigende Temperaturen sind nicht die einzige große Änderung, die den Ozeanen widerfährt - sie ändern auch ihre Farbe

Der Klimawandel hat zahlreiche Auswirkungen. Wie eine wissenschaftliche Studie nahelegt, betrifft das auch die Farbe der Ozeane.

Forscher haben über einen Zeitraum von 20 Jahren eine Veränderung der Farbe der Weltmeere von Blau hin zu Grün beobachtet. (Bild: stock.adobe.com - asri80, Leigh Prather) Forscher haben über einen Zeitraum von 20 Jahren eine Veränderung der Farbe der Weltmeere von Blau hin zu Grün beobachtet. (Bild: stock.adobe.com - asri80, Leigh Prather)

Die Weltmeere werden immer wärmer - Forscher können das im Vergleich zu früher klar nachweisen. Aber nicht nur bei der Temperatur sehen sie Veränderungen.

So verbinden wir mit dem Meer vor allem die Farbe Blau. Doch das Grün, das auf dem unten zu sehenden Bild des Tages vom 15. Januar des NASA-Programmes Earth Observatory erkennbar ist, könnte beim Blick auf die Ozeane von weit oben Stück für Stück zum gewohnteren Anblick werden.

Das besagt eine Nature-Studie von 2023. Sie basiert auf Satellitendaten eines einzelnen Systems über einen Zeitraum von 20 Jahren. Die Analyse dieser Daten zeigt klare Entwicklungen für die Farbgebung der Ozeane auf.

Durch organische Materie sieht das Meer an Australiens Bonney Küste teilweise grün aus. (Bild: NASA EO Explorer) Durch organische Materie sieht das Meer an Australiens Bonney Küste teilweise grün aus. (Bild: NASA EO Explorer)

Woher die Daten kommen

Die Daten stammen vom so genannten MODIS-System. Die Abkürzung steht für Moderate Resolution Imaging Spectroradiometer, das entsprechende Spektroradiometer befindet sich auf dem oben zu sehenden Aqua-Satelliten der NASA.

Warum es so wichtig ist, für solche Analysen keine unterschiedlichen Systeme zu verwenden, erklären die Macher der Studie folgendermaßen:

Zeitreihendaten sind der beste Weg, um langfristige Veränderungen in einem Ökosystem zu erkennen. Es ist bekannt, dass Ozean-Farbsensoren ganz unterschiedliche Leistungen erbringen - selbst Kopien desselben Sensors auf einer anderen Satellitenplattform. Daher stellt die 20-jährige MODIS-Aqua-Aufzeichnung als längste Zeitreihe mit einem Sensor einen einzigartigen Datensatz dar.

Doch was genau hat die Langzeitstudie nun herausgefunden?

Das sind die Forschungsergebnisse

Je dunkler die Farbe, desto mehr Veränderungen in der Farbe der Wasserobfläche gibt es laut der Nature-Studie. Die schwarzen Punkte zeigen Gebiete, die zusätzlich eine messbar höhere Konzentration von Chlorophyll aufweisen, was zwölf Prozent der Ozeanfläche betrifft. (Bild: Nature.com) Je dunkler die Farbe, desto mehr Veränderungen in der Farbe der Wasserobfläche gibt es laut der Nature-Studie. Die schwarzen Punkte zeigen Gebiete, die zusätzlich eine messbar höhere Konzentration von Chlorophyll aufweisen, was zwölf Prozent der Ozeanfläche betrifft. (Bild: Nature.com)

Über den analysierten Zeitraum von Juli 2002 bis Juni 2022 sind laut der Studie bedeutsame Trends festzustellen. Demnach wurde für 56 Prozent der Fläche der Ozeane eine klare Farbveränderung beobachtet, wie die Grafik oben zeigt.

Grundsätzlich gibt es dabei zwar im Laufe eines Jahres durch die wechselnden Temperaturen in vielen Bereichen der Ozeane gewisse Schwankungen. Die Trends gelten aber unabhängig davon.

Gerade in subtropischen und tropischen Regionen manifestieren sie sich am stärksten. Hier treten von Januar bis Dezember durch das weitgehende Fehlen von Jahreszeiten, wie wir sie kennen, generell weniger Veränderungen auf. Langzeittrends werden dadurch klarer deutlich.

Das Fazit der Forscher: Im Großen und Ganzen sind die Ozeane in den niedrigen Breiten in den letzten 20 Jahren grüner geworden. Die 56 Prozent der betroffenen Fläche übertreffen dabei sogar die gesamte Landmasse der Erde. Aber womit genau hängt die Veränderung der Farbgebung zusammen?

Warum die Ozeane grüner werden

Durchsichtiges Wasser in der Flasche, blaues Wasser im Meer: Wie wir Wasser wahrnehmen, hängt von verschiedenen Faktoren ab. (Bild: stock.adobe.com - Marina) Durchsichtiges Wasser in der Flasche, blaues Wasser im Meer: Wie wir Wasser wahrnehmen, hängt von verschiedenen Faktoren ab. (Bild: stock.adobe.com - Marina)

Dass wir mit dem Meer vor allem die Farbe Blau verbinden, liegt nicht etwa an einer Spiegelung des Himmels sondern daran, welche Wellenlängen des Sonnenlichts es absorbiert und welche davon abgestrahlt beziehungsweise gestreut werden.

Letzteres gilt primär für blaues Licht mit einer kürzeren Wellenlänge. Dabei muss genug Wasser für eine ausreichende Streuung vorhanden sein, während gleichzeitig auch die diffuse Streuung des verbleibenden Anteils des weißen Lichts dabei hilft, tiefes Wasser blau erscheinen zu lassen (via Spektrum.de).

Warum ist Wasser in einem Glas nicht auch blau? Dass uns Wasser in einem Glas im Vergleich zum Wasser im Meer nicht blau, sondern durchsichtig erscheint, liegt an der viel geringeren Menge. Sie führt dazu, dass es weniger Gelegenheit für das Licht gibt, in verschiedene Farben zerlegt zu werden. Oder anders gesagt: Die Lichtwellen treffen relativ unverändert auf unsere Augen, wenn wir auf Wasser in einem Glas schauen, was es transparent erscheinen lässt.

Befindet sich aber nahe der Wasseroberfläche zusätzlich organische Materie wie insbesondere das sogenannte Phytoplankton, kann sich die Farbgebung verändern. Es enthält viel des natürlichen Farbstoffs Chlorophyll, der auch als Blattgrün bekannt ist und hat auch für den Menschen große Bedeutung.

Phytoplankton ist nicht nur die Grundlage der marinen Nahrungskette, wie es in einem Artikel des Deutschen Wetterdienstes zu diesem Thema heißt, sondern auch sehr wichtig für den Menschen als Sauerstoffproduzent.

Mehr dazu erfahrt ihr in dem folgenden Video der NASA, das bereits vor etwa 14 Jahren die Auswirkungen des Klimawandels auf die Ozeane thematisiert hat.

NASA-Video aus dem Jahr 2009: Wie der Klimawandel die Ozeane beeinflusst Video starten 5:15 NASA-Video aus dem Jahr 2009: Wie der Klimawandel die Ozeane beeinflusst

Klimawandel als Ursache

Auf den ersten Blick könnte man nun meinen, dass es gut für uns ist, wenn es mehr Phytoplankton gibt. Doch das Gesamtbild gestaltet sich sehr komplex. So ist weder klar, wie die Veränderungen genau ablaufen noch, was das in Zukunft für das Ökosystem der Ozeane und für uns Menschen bedeutet.

Die im letzten Abschnitt genannte mögliche Hauptursache für die Veränderungen macht aber auch der Titel der offiziellen News auf Nature.com zu der Studie deutlich. Er lautet: Die Ozeane werden grüner durch den Klimawandel.

Basis dieser Annahme ist eine zusätzliche Analyse von MODIS-ähnlichen Daten, die laut der Forscher mit einem numerischen Modell eines komplexen globalen Ozean-Ökosystems und der damit verbundenen biogeochemischen Kreisläufe simuliert wurden. Weiter heißt es dazu:

Das Modell simuliert die Veränderungen des marinen Ökosystems und der Optik [der Ozeane] im Laufe des einundzwanzigsten Jahrhunderts unter einem Szenario mit hohen Treibhausgasemissionen. Indem wir auch eine Kontrollsimulation (also ohne Störung durch erhöhte Emissionen) berücksichtigen, können wir die Veränderungen auf den Klimawandel zurückführen.

Das Ergebnis des simulierten Modells ähnelt der Analyse der tatsächlichen Daten, wie die unten zu sehend Grafik für die Jahre 2000 bis 2105 zeigt:

Die Farbgebung steht für die Time of Emergence, also für die Zeit des Auftretens. Sie gibt in diesem Fall an, wie viele Jahre es laut der Simulation dauert, bis Farbveränderungen des Ozeans auftreten, die sich von der natürlichen Variabilität in der Kontrollsimulation abheben Bei weißen und roten Gebieten sind es für den analysierten Zeitraum (2000 bis 2105) 20 Jahre oder weniger, bei den blauen Flächen mehr als 20 Jahre. Die wenigen grauen Flächen kennzeichnen die Gebiete, in denen für das 21te Jahrhundert keine signifikanten Veränderungen berechnet wurden. Die Farbgebung steht für die "Time of Emergence", also für die "Zeit des Auftretens". Sie gibt in diesem Fall an, wie viele Jahre es laut der Simulation dauert, bis Farbveränderungen des Ozeans auftreten, die sich von der natürlichen Variabilität in der Kontrollsimulation abheben Bei weißen und roten Gebieten sind es für den analysierten Zeitraum (2000 bis 2105) 20 Jahre oder weniger, bei den blauen Flächen mehr als 20 Jahre. Die wenigen grauen Flächen kennzeichnen die Gebiete, in denen für das 21te Jahrhundert keine signifikanten Veränderungen berechnet wurden.

Durch die klaren Abweichungen von der Kontrollsimulation legen die Ergebnisse letztlich nahe, dass der anhand der tatsächlichen MODIS-Daten analysierte Farbwechsel der Ozeane von 2002 bis 2022 mit einem menschlich-bedingten Klimawandel zusammenhängt.

Auch steigende Temperaturen an Land werden oftmals darauf zurückgeführt. Wo im vergangenen Jahr die extremsten Werte gemessen wurden und warum ihre Erklärung die Forscher vor Rätsel stellt, erfahrt ihr im Artikel Forscher Rätseln: Hitzerekorde 2023 sind teilweise unerklärlich.

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